Kreis Kulm­bach: IG BAU kri­ti­siert aus­ufern­den Niedriglohnsektor

3.500 Voll­zeit-Beschäf­tig­ten im Kreis könn­te im Alter Hartz IV drohen

Gefan­gen im Nied­rig­lohn: 3.500 Voll­zeit-Beschäf­tig­te im Land­kreis Kulm­bach ver­die­nen weni­ger als 2.200 Euro brut­to im Monat. Das sind 20 Pro­zent aller Men­schen, die hier sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­tig die vol­le Stun­den­zahl arbei­ten. Dar­auf hat die IG Bau­en-Agrar- Umwelt hin­ge­wie­sen. Die IG BAU Ober­fran­ken beruft sich dabei auf eine aktu­el­le Sta­ti­stik der Arbeitsagentur.

Gewerk­schaf­ter Gerald Nick­las warnt: „Wer heu­te in Voll­zeit weni­ger als 2.200 Euro ver­dient, der ist mit hoher Wahr­schein­lich­keit im Alter auf staat­li­che Stüt­ze ange­wie­sen.“ Das erge­be sich aus Berech­nun­gen der Bun­des­re­gie­rung. Danach muss ein Voll­zeit-Arbeit­neh­mer im Schnitt min­de­stens 12,63 Euro pro Stun­de ver­die­nen, um nach 45 Bei­trags­jah­ren bei der Ren­te ober­halb der staat­li­chen Grund­si­che­rung zu lan­den. „Eini­ge wer­den zwar das Glück haben, dass der Ehe­part­ner bes­ser ver­dient und so die Ren­ten-Haus­halts­kas­se spä­ter auf­bes­sert. Doch für vie­le ist die Ren­te selbst dann extrem knapp“, sagt Nick­las. Für den IG BAU-Bezirks­vor­sit­zen­den ist das ein unhalt­ba­rer Zustand: „Alters­ar­mut trotz Voll­zeit – das kann nicht sein. Wer jeden Tag acht Stun­den malocht, der muss von sei­ner Arbeit auch leben kön­nen.“ Nick­las spricht von einem Aus­ufern des Nied­rig­lohn­sek­tors, dem die Poli­tik zu lan­ge zuge­schaut habe: „Bei vie­len Beschäf­tig­ten ist die Angst groß, in Hartz IV abzu­rut­schen. Des­halb akzep­tie­ren sie auch Nied­rig­löh­ne. Etli­che Unter­neh­men nut­zen das scham­los aus. Sie zah­len kaum mehr als den gesetz­li­chen Min­dest­lohn.“ Dabei hät­ten die mei­sten Betrie­be durch­aus Spiel­räu­me, mehr zu bezah­len. „Wer sich als Dum­ping- Unter­neh­mer nur mit dem gesetz­li­chen Min­dest­lohn am Markt behaup­tet, der soll­te sein Geschäfts­mo­dell ohne­hin über­den­ken“, so Nicklas.

Eine wich­ti­ge Absi­che­rung gegen Armuts­ren­ten sind Tarif­ver­trä­ge, sagt die IG BAU. So lag der durch­schnitt­li­che Tarif­lohn nach der letz­ten bun­des­wei­ten Berech­nung bei 17,90 Euro pro Stun­de – und damit deut­lich über dem Armuts­ri­si­ko. Ein gelern­ter Bau­ar­bei­ter ver­dient nach Tarif sogar 20,63 Euro in der Stun­de. Nick­las: „Wer jedoch für die glei­che Arbeit nur den spe­zi­el­len Bau-Min­dest­lohn bekommt, der hat Monat für Monat 980 Euro weni­ger auf dem Lohn­zet­tel. Ihm gehen damit wich­ti­ge Ren­ten­punk­te ver­lo­ren.“ Anspruch auf eine tarif­li­che Bezah­lung haben Beschäf­tig­te, die Gewerk­schafts­mit­glied sind und deren Betrieb einem Arbeit­ge­ber­ver­band angehört.

In Zei­ten eines mas­si­ven Fach­kräf­te­man­gels im Hand­werk soll­ten Arbeit­neh­mer auf dem Tarif­lohn bestehen, rät die IG BAU. „Von der Gebäu­de­rei­ni­gung über das Dach­decker­hand­werk bis hin zur Land­wirt­schaft – für Beschäf­tig­te geht es hier um viel Geld“, so Nicklas.

Zudem sei­en in Tarif­ver­trä­gen oft auch Betriebs­ren­ten ver­ein­bart – eine zusätz­li­che Absi­che­rung gegen Alters­ar­mut. Nick­las ver­weist auf das Modell vom Bau. Dort wer­den Bei­trä­ge von der Sozi­al­kas­se der Bau­wirt­schaft (Soka-Bau) ein­ge­zo­gen und spä­ter als monat­li­che Tarif­ren­te aus­ge­zahlt. Je nach Höhe und Dau­er der Bei­trä­ge kann die monat­li­che Extra-Ren­te mehr als 200 Euro ausmachen.