Dis­kus­si­ons­abend in Kirch­eh­ren­bach: „Ger­ne katho­lisch sein?“

Symbolbild Religion
Dr. Alfons Motschenbacher

Dr. Alfons Motschenbacher

Erwach­se­nen­bil­dung zur Fra­ge nach dem heu­ti­gen Katho­lisch-sein und die zukünf­ti­ge Ausrichtung

„Wie kannst du heu­te noch katho­lisch sein? Die­se Fra­ge müs­sen sich in den letz­ten Jah­ren vie­le Katho­li­ken stel­len las­sen ange­sichts von Vor­wür­fen der Geld­ver­schwen­dung, wie im Bis­tum Lim­burg gesche­hen. Ange­sichts der sexu­el­len Miss­brauchs­vor­wür­fe mit denen die Kir­chen seit Jah­ren kon­fron­tiert wer­den. Und ange­sichts eines zuneh­men­den und schlei­chen­den Tra­di­ti­ons- und Wer­te­ver­fal­les der viel­fach unter der jün­ge­ren Gene­ra­ti­on zu beob­ach­ten ist.

Mit die­ser Pro­vo­kan­ten Fra­ge beschäf­tig­te sich der Pfarr­ge­mein­de­rat von Kirch­eh­ren­bach im Rah­men der Erwach­se­nen­bil­dung. Deren Beauf­trag­te Bir­git Knör­lein hat­te hier­zu Dr. Alfons Mot­schen­ba­cher, Pasto­ral­re­fe­rent und Lei­ter der Katho­li­schen Hoch­schul­seel­sor­ge Bam­berg, ins Pfarr­heim eingeladen.

Im Lau­fe des höchst leben­di­gen Dis­kus­si­ons­abends mit zahl­rei­chen Teil­neh­mern schäl­te sich die Mei­nung her­aus, dass es kei­nen Grund gebe, Welt­un­ter­gangs­stim­mung zu ver­brei­ten, da die­ser Glau­be eine Fül­le von Bot­schaf­ten, Ele­men­ten und tief­sit­zen­den Emp­fin­dun­gen beinhal­tet, die den Men­schen, bewusst oder unbe­wusst , in sei­nem Inne­ren anspricht. Gera­de auch in einer Zeit, in der sich die christ­li­chen Kir­chen erfreu­li­cher Wei­se in rela­tiv gro­ßen Schrit­ten offen auf­ein­an­der zu bewe­gen, dür­fe und sol­le man den wich­ti­gen Blick auf sich und sein Glau­bens­le­ben rich­ten, so der Refe­rent. Wer Öku­me­ne betrei­ben will, der dür­fe nicht nur auf den ande­ren schau­en, son­dern sei­nen eige­nen Stand­punkt erfragen.

Was macht die­ses Katho­lisch-sein aus? Was braucht es, dass man auch mor­gen noch katho­lisch sein kann?

Mot­schen­ba­cher stell­te erfreut fest, dass sich die Kir­chen rela­tiv schnell und kon­se­quent den schwer­wie­gen­den Vor­wür­fen und bela­sten­den Tat­sa­chen gestellt hät­ten. Die Auf­ar­bei­tung und die Dis­kus­si­on wer­de offen und frei geführt. Die Pro­ble­me sei­en zwar auch in unse­rer Gesell­schaft exi­stent, wür­den bei den Kir­chen selbst aber mit einem höhe­ren Maß­stab angelegt.

Am mei­sten berüh­re die Chri­sten heu­te, so der Refe­rent, der all­täg­lich fest­zu­stel­len­de Traditionsabbruch.
Tau­fe, Erst­kom­mu­ni­on, Fir­mung, und dann? Evtl. noch Hoch­zeit und Beerdigung.

Es ist oft nicht leicht, den Glau­ben, der einem selbst wich­tig ist, an die näch­ste Gene­ra­ti­on wei­ter­zu­ge­ben. Heut­zu­ta­ge gestal­tet sich vie­les frei­er und das kon­fes­si­ons­über­grei­fen­de , kirch­li­che und gesell­schaft­li­che Leben ist Selbst­ver­ständ­lich­keit gewor­den. Nicht zuletzt wegen die­ser Frei­heit dür­fen wir uns wie­der die Fra­ge stel­len, wel­chen Schatz die­ses Katho­lisch-sein beinhaltet.

Katho­li­zis­mus, so wur­de in der Dis­kus­si­on zum Aus­druck gebracht, spricht in sei­ner Viel­fäl­tig­keit von Lit­ur­gie und Brauch­tum “alle Sin­ne“ des Men­schen an. Die Fei­er der Got­tes­dien­ste sind im Gegen­satz zu den refor­ma­to­ri­schen Kir­chen geprägt von vie­len Ele­men­ten, die für den Gläu­bi­gen anspre­chend sind und damit auch erlebnisintensiv.

Als Katho­li­ken erle­ben wir eine Got­tes­dienst­viel­falt, in der z.B. durch einen fei­er­li­chen Ein­zug mit Fah­nen, Ker­zen, Weih­rauch sowie lit­ur­gi­schen Gewän­dern in unter­schied­li­chen Far­ben und For­men, mit einer gro­ßen Aus­wahl im lit­ur­gi­schen Gesang, Auge, Ohr Geruch, etc. das emo­tio­na­le Gefühl des Got­tes­dienst­be­su­chers in der Gemein­schaft berührt wird.

Das Rosen­kranz­ge­bet der Katho­li­ken rich­tig gebe­tet, ver­hilft über das oft­ma­li­ge Wie­der­ho­len in eine medi­ta­ti­ve Ver­sen­kung zu gelan­gen und nicht nur Kopf und Ver­stand anzusprechen.

Die Mari­en­ver­eh­rung ist bei den Katho­li­ken aus­ge­präg­ter und wirkt durch den Mut­ter­ge­dan­ken sehr anspre­chend. Über­haupt wird der Katho­li­zis­mus in unter­schied­li­chen Regio­nen auch unter­schied­lich gefei­ert. Dies trägt dazu bei, dass Got­tes­dien­ste und auch sinn­haf­ter emp­fun­den werden.
Soll­ten jedoch so man­che Zere­mo­nien oder Ange­bo­te nicht mehr gefragt sein, so soll­te die Kir­che, bzw. die Gemein­de den Mut haben, alte Zöp­fe abzu­schnei­den und sich Zeit neh­men für Neues.

Der neue Pasto­ral­plan, so Pfar­rer Oli­ver Schütz, wird sicher­lich auch so eini­ges in Bewe­gung brin­gen. Er bie­tet Chan­cen und Aufbruch.
Als eines der schön­sten Ele­men­te des Katho­lisch-seins bezeich­ne­te Dr. Mot­schen­ba­cher die Wall­fahr­ten. Sie sei­en uralt und ent­fach­ten immer wie­der neue Begei­ste­rung. Sich aus dem All­tag her­aus auf den Weg machen, dabei evtl. Gott oder sich selbst begeg­nen, etwas spü­ren, wenn man am Ziel ankommt. Dies ver­mitt­le ein Gefühl, das weit über den All­tag hin­aus­reicht. Den Glau­ben mit allen Sin­nen erleben.

Dazu gehö­ren auch die vie­len Sakra­men­te, die nicht nur mit dem Zuspruch der Gna­de Got­tes, son­dern auch mit sinn­haf­ten Zei­chen ver­bun­den sind, also mit Leib und See­le. Katho­lisch ist nicht nur Glau­be, ist nicht nur die Hl.Schrift son­dern schließt auch die jewei­li­ge Kul­tur mit ein. Und dies welt­weit, denn Katho­li­zis­mus konn­te sich immer mit den ver­schie­de­nen Kul­tur­krei­sen verbinden.

Heu­te stellt sich das Pro­blem, wie wir es schaf­fen kön­nen unse­ren Glau­ben leben­dig zu hal­ten und ihn in einer neu­en, moder­nen Kul­tur zur Gel­tung zu brin­gen. Für resi­gna­ti­ve Stim­mung bestehe, so Mot­schen­ba­cher, trotz man­cher nega­ti­ver Zei­chen, kein Anlass.

Es ver­än­de­re sich zwar gegen­wär­tig auch auf­grund des Prie­ster­man­gels vie­les aber gera­de des­we­gen dür­fe man nicht ste­hen blei­ben. Der gehetz­te Prie­ster oder Pasto­ral­re­fe­rent der von einem Ter­min zum ande­ren getrie­ben wird, wäre schlimm. Es braucht künf­tig Teams, die gegen­sei­tig zusam­men­ar­bei­ten und sich tra­gen. Das Ehren­amt ist und bleibt wich­tig und unver­zicht­bar. Es muss jedoch dar­auf geach­tet wer­den, dass die­ses Ehren­amt nicht „ver­heizt“ wird.

U.U. wird auch bei den Katho­li­ken ein Per­spek­tiv­wech­sel nötig wer­den unter dem Gesichts­punkt ob man wei­ter­hin alles braucht. Wenn man sich von etwas trennt, das nicht mehr ange­nom­men wird, schafft man Platz für etwas Neu­es. Kir­che der Zukunft muss nicht mehr davon abhän­gig sein ob die Leu­te kom­men. Sie muss viel­mehr alles dafür tun, dass sie ein­la­dend ist, braucht aber nicht ent­täuscht sein, wenn ihr die Men­schen nicht stän­dig die Türe einrennen.

Was uns heut­zu­ta­ge wei­ter­hel­fen könn­te, wenn jeder danach schaut, was einem Freu­de berei­tet am Katho­lisch-sein, was einem hilft sei­nen Glau­ben zu leben. Des­halb dür­fe man sich ruhig von der Vor­stel­lung lösen, dass alles so wie bis­her lau­fen müs­se. Wich­tig sei jedoch die Erkennt­nis, dass bei katho­lisch immer auch die Gemein­schaft dazu gehöre.

Die Gemein­de der Zukunft wird in ihren Struk­tu­ren von Bam­berg in grö­ße­ren Ein­hei­ten sein. Damit der Glau­be in Zukunft wei­ter­hin leben­dig gelebt wer­den kann, braucht es aber auch immer klei­ne­re Netzwerke.

Der Pfar­rer der Zukunft ermun­tert die Gemein­de­glie­der sich mit ihren Talen­ten ein­zu­brin­gen, er beglei­tet die Zel­len der Gemein­de als Seel­sor­ger und fei­ert die Messe.

Katho­lisch hat Zukunft, so das Resü­mee, denn wir haben Gott sei Dank einen Papst der sei­ne Bischö­fe und die Lai­en ermun­tert, sich etwas zuzu­trau­en. Macht doch mal sagt die­ser und ver­traut auf den Hei­li­gen Geist, der sei­ne Kir­che bis­her geführt hat und sie auch in Zukunft füh­ren wird.

Wal­de­mar Hofmann