HWK ent­wickel­te Ver­fah­ren zur Kom­pe­tenz­fest­stel­lung für Migran­ten: Mit Indi­Qual zur Berufsanerkennung

Symbolbild Bildung

Wie der Bra­si­lia­ner Arao Nesci­men­to Pin­to in drei Tagen zu sei­nem deut­schen Gesel­len­brief kam

Arao bei der Arbeit. Der 34-jährige Friseur aus Brasilien hat jetzt dank IndiQual auch einen deutschen Gesellenbrief.

Arao bei der Arbeit. Der 34-jäh­ri­ge Fri­seur aus Bra­si­li­en hat jetzt dank Indi­Qual auch einen deut­schen Gesellenbrief.

„Fri­seur war immer mein Traumberuf…wenn jemand den Salon ver­lässt und strahlt, bin ich glücklich…meine Visi­on ist ein eige­ner Salon“. Arao Nesci­men­to Pin­to. 34 Jah­re alt, gebo­ren in Bra­si­li­en. Sein Lebens­ziel: Men­schen glück­lich machen. Sein Weg dahin: Men­schen fri­sie­ren, schmin­ken, unter sei­nen Hän­den ent­span­nen las­sen. Arao hat auf die­sem Weg ein Etap­pen­ziel erreicht. Er ist jetzt auch nach deut­scher Hand­werks­ord­nung ordent­lich gelern­ter Fri­seur­ge­sel­le und kann somit sei­nen Traum­be­ruf in sei­ner Wahl­hei­mat Deutsch­land ausüben.

Den Beruf beherrscht hat er zwar schon längst zuvor – er konn­te es nur nicht nach­wei­sen. Zumal die Berufs­aus­bil­dung in Bra­si­li­en grund­sätz­lich mit der deut­schen dua­len Berufs­aus­bil­dung über­haupt nicht zu ver­glei­chen ist. „In Bra­si­li­en arbei­tet jeder Fri­seur so ein biss­chen nach Gefühl und jeder, der neu ist im Geschäft, ver­sucht sich so viel wie mög­lich abzu­schau­en, aber wirk­lich tech­ni­sches know how wird nicht ver­mit­telt. Berufs­schu­le gibt es, aber bei wei­tem nicht in dem Umfang, wie hier. Ich habe mir selbst sehr viel bei­gebracht, immer viel Fach­li­te­ra­tur gele­sen, immer nach­ge­fragt, immer gelernt. Aber ich konn­te das hier natür­lich nicht nach­wei­sen, mir fehl­ten die Dokumente.“

Somit konn­te Nesci­men­to Pin­to hier auch nur als Hilfs­ar­bei­ter für ein­fa­che Tätig­kei­ten ein­ge­setzt wer­den. Der Bra­si­lia­ner ist damit natür­lich kein Ein­zel­fall. Vie­le Hand­werks­be­trie­be haben an- oder unge­lern­te Mit­ar­bei­ter im Betrieb und lei­den gleich­zei­tig an Fach­kräf­te­man­gel. War­um also nicht die­se Mit­ar­bei­ter zu Fach­kräf­ten aus­bil­den, egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund?

Dafür hat nun die HWK Ober­fran­ken das rich­ti­ge Pro­jekt­an­ge­bot mit sehr guten För­der­kon­di­tio­nen: Indi­Qual. Indi­qual rich­tet sich an erwach­se­ne Migran­ten, die im Aus­land einen Hand­werks­be­ruf erlernt und mit einer Prü­fung abge­schlos­sen haben. Im Rah­men von Indi­Qual wer­den mit einem stan­dar­di­sier­ten Kom­pe­tenz­fest­stel­lungs­ver­fah­ren im Aus­land erwor­be­ne Kom­pe­ten­zen und Abschlüs­se erwach­se­ner Migran­ten genau ermit­telt. Wird ein Nach­qua­li­fi­zie­rungs­be­darf ermit­telt, so kann die­ser in einem zwei­ten Pro­jekt Qua­li-ADAPT (Anpas­sungs­qua­li­fi­zie­rung) besei­tigt werden.

Das Kom­pe­tenz­fest­stel­lungs­ver­fah­ren wur­de unter Feder­füh­rung der Hand­werks­kam­mer für Ober­fran­ken in Zusam­men­ar­beit mit den Baye­ri­schen Hand­werks­kam­mern und den Hand­werks­kam­mern Mann­heim, Süd­thü­rin­gen und Ham­burg ent­wickelt und aus Mit­teln des Euro­päi­schen Sozi­al­fonds und des Frei­staats Bay­ern gefördert.

Die Kosten der Kom­pe­tenz­fest­stel­lung kön­nen zu 100% geför­dert wer­den. Fahrt­ko­sten und Kosten für die Unter­brin­gung kön­nen ggf. über die Agen­tur für Arbeit oder den Job­cen­tern bezu­schusst wer­den. Dies ist abhän­gig von den Vor­aus­set­zun­gen der ein­zel­nen Per­so­nen. Die HWK unter­stützt ger­ne bei der Mittelbeantragung.

Im Fall Arao Nesci­men­to Pin­to war kei­ne Nach­schu­lung nötig. Er hat das Kom­pe­tenz­fest­stel­lungs­ver­fah­ren bei der HWK für Ober­fran­ken in Bay­reuth vom 18. – 20. Juni mit Bra­vour gemei­stert. Die Ergeb­nis­se konn­te er sei­nem Antrag auf Gleich­stel­lung (bei der HWK Mit­tel­fran­ken) bei­le­gen und die­ser wur­de sofort posi­tiv beschie­den. Er hat jetzt sei­nen Gesel­len­brief und dar­auf­hin sofort eine ordent­li­che Anstel­lung in einem Nürn­ber­ger Fri­seur­sa­lon gefun­den. Jetzt nicht mehr zum Auf­räu­men und Haa­re waschen – jetzt kann er sei­ne Fähig­kei­ten als Fri­seur und Visa­gist voll zum Ein­satz brin­gen. Ein Etap­pen­sieg für Arao – denn der Gesel­len­brief langt ihm nicht. Sei­ne Visi­on ist der Mei­ster­brief und dann sein eige­ner Salon.