Geburts­tag hoch drei: Mathematikerkonferenz

(UBT) Ein Geschenk der ganz beson­de­ren Art für drei ganz beson­de­re Mathe­ma­ti­ker: Anläss­lich des 60. Geburts­tags von Pro­fes­sor Dr. Fabri­zio Cata­ne­se, Inha­ber des Lehr­stuhls Mathe­ma­tik VIII/​Algebraische Geo­me­trie an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, und zwei­er enger Kol­le­gen fin­det in der ita­lie­ni­schen Stadt Levico Ter­me eine mit hoch­ka­rä­ti­gen Mathe­ma­ti­kern besetz­te Fach­kon­fe­renz statt. Pro­fes­sor Dr. Cata­ne­se ver­an­stal­tet die­ses Tref­fen, das vom 6. bis 11. Sep­tem­ber statt­fin­det und zu dem mehr als 200 Teil­neh­mer erwar­tet wer­den, zusam­men mit Ciro Cili­ber­to und Ales­san­dro Ver­ra (Uni­ver­si­tät Rom II – Rom III).

Lan­ge Zeit war die Domi­nanz der Geo­me­trie in Ita­li­en, eben­so wie die Domi­nanz der Alge­bra in Deutschland,eindeutig. Die Mathem­ar­ti­ker Castel­nuo­vo und Enri­ques hat­ten es dann geschafft, im Zeit­raum 1895 bis 1914 eine grobe
Klas­si­fi­ka­ti­on alge­bra­ischer Flä­chen mit­tels der Plu­ri­ge­schlech­ter durch­zu­füh­ren. Damit dehn­ten sie die Klas­si­fi­ka­ti­on der Kurven
mit­tels ihres Geschlechts aus. Nach dem ersten Welt­krieg hat­te Castel­nuo­vo jedoch fest­ge­stellt, dass die Beschäf­ti­gung mit der alge­bra­ischen Geometrie
nicht wei­ter auf einer ernst­haf­ten Basis fort­ge­führt wer­den konnte,
ohne in ver­wand­te Fel­der wie Alge­bra oder Topo­lo­gie einzugreifen.

„Oscar Zari­ski war der­je­ni­ge, der abstrak­te Alge­bra, wie sie von Emmy
Noe­ther und Emil Artin ein­ge­führt wur­de, in den Kern der alge­bra­ischen Geo­me­trie ein­be­zog“, so Pro­fes­sor Dr. Cata­ne­se im Vor­feld der Tagung. Sei­ne Schu­le, vor allem in Har­vard, hat­te die Geburts­stun­de der moder­nen alge­bra­ischen Geo­me­trie ein­ge­läu­tet. Doch die alge­bra­ische Geo­me­trie in Ita­li­en wur­de durch die faschi­sti­schen Geset­ze schwer geschä­digt. Und obwohl Francesco
Seve­ri neue Rich­tun­gen geöff­net hat, die im Aus­land vor allem durch Weil und ande­re voll­endet wur­den, hat­te sei­ne Domi­nanz einen nega­ti­ven Ein­fluss auf die ita­lie­ni­sche Geo­me­trie. Geo­me­trie-Stu­di­en blie­ben nach dem Zwei­ten Welt­krieg, vor allem nach dem Tod von Castel­nuo­vo und Enri­ques, eher ver­nach­läs­sigt. Abstrak­te Topo­lo­gie und Bour­bak­is­mus tri­um­phier­ten in den 50er und 60er Jahren.

Aller­dings wur­de die grund­le­gen­de Arbeit von Castel­nuo­vo und Enri­ques wie­der­ent­deckt und erwei­tert durch die Rus­si­sche Schu­le von Igor Shafare­vich, die Japa­ni­sche Schu­le von Kuni­hi­ko Kod­ai­ra und die Ame­ri­ka­ni­sche Schu­le von Zari­ski. Her­vor­zu­he­ben ist David Mum­ford, der die Geo­me­trie um die von Alex­an­der Gro­t­hen­dieck ent­wickel­te Sche­ma-Theo­rie berei­cher­te. Cata­ne­se: „Die frü­hen 70er Jah­re waren für die alge­bra­ische Geo­me­trie auf­re­gend. Vie­le junge
Mathe­ma­ti­ker began­nen, die Schön­heit der Geo­me­trie-For­schung wiederzuentdecken.“

Anders als es die frü­he­re Tra­di­ti­on vor­sah, hät­ten damals jun­ge Men­schen „unend­li­che uner­schlos­se­ne Gebie­te vor­ge­fun­den, wo sie in völ­li­ger For­schungs­frei­heit ihre Lieb­lings­her­aus­for­de­run­gen aus­su­chen konn­ten“, erin­nert sich der aus Ita­li­en stam­men­de Bay­reu­ther Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor. „Sie haben nicht nur eine homo­ge­ne Grup­pe gebil­det, son­dern vie­le von ihnen hat auch eine tie­fe Freund­schaft ver­bun­den. Es ist eine gro­ße Freu­de, in einer freund­schaft­li­chen und anre­gen­den Stim­mung mathe­ma­ti­sche For­schung zu betreiben!“

Heu­te sind die jun­gen Men­schen von damals renom­mier­te unde­ta­blier­te Wis­sen­schaft­ler – drei von ihnen fei­ern in die­sem Jahr ihren 60. Geburts­tag. Just aus die­sem Anlass fin­det die Kon­fe­renz mit mehr­als 200 Teil­neh­mern in Levico Ter­me bei Tren­to statt. Ciro Cili­ber­to, der aus Nea­pel stammt, ist in der klas­si­schen ita­lie­ni­schen Tra­di­ti­on ver­wur­zelt, da sein erster Men­tor Aldo
Fran­chet­ta war, ein Assi­stent von Feder­i­co Enri­ques. Fabri­zio Cata­ne­se stu­dier­te an der Uni­ver­si­tät Pisa und an der Scuo­la Nor­ma­le. Sei­ne Men­to­ren waren Aldo Andreot­ti und in beson­de­rer Wei­se der Zah­len­theo­re­ti­ker Enri­co Bom­bie­ri, der zusam­men mit David Mum­ford die Enri­ques Klas­si­fi­ka­ti­on auf belie­bi­ge alge­bra­isch abge­schlos­se­ne Kör­per ver­all­ge­mei­ner­te. Ales­san­dro Ver­ra, gebür­tig in Turin, hat­te Alber­to Con­te als Men­tor an der Uni­ver­si­tät Turin, wo der berühm­te Gino Fano über 50 Jah­re Geo­me­trie lehrte.

Das Pro­gramm der Kon­fe­renz ist umfang­reich und wird von
inter­na­tio­na­len Exper­ten gestal­tet. Dem Sci­en­ti­fic Com­mit­tee gehören
an:
Mar­co And­re­at­ta (Tren­to, Italy)
Arnaud Beau­ville (Nice, France)
Fedor Bogo­mo­lov (Cou­rant Insti­tu­te, USA)
Ales­sio Cor­ti (Impe­ri­al Col­lege Lon­don, UK)
Igor Dol­ga­chev (Michi­gan, USA)
Gerard van der Geer (Amster­dam, The Netherlands)
Klaus Hulek (Han­no­ver, Germany)
Yuji­ro Kawa­ma­ta (Tokyo, Japan)
János Kol­lár (Prin­ce­ton, USA)
Rick Miran­da (Colo­ra­do, USA)
Miles Reid (War­wick, UK)
Edo­ar­do Ser­ne­si (Rome III, Italy)

Als Spre­cher wer­den teilnehmen:
Ingrid Bau­er (Bay­reuth, Germany)
Chri­sti­an Böh­ning (Göt­tin­gen, Germany)
Fabri­zio Cata­ne­se (Bay­reuth, Germany)
Meng Chen (Fudan, China)
Ciro Cili­ber­to (Rome II, Italy)
Oli­vi­er Debar­re (ENS Paris, France)
Gavril Far­kas (Hum­boldt Ber­lin, Germany)
Jon­gHae Keum (KIAS, S. Korea)
Shi­gey­u­ki Kon­do (Nago­ya, Japan)
Alex­an­der Kuz­net­s­ov (Ste­klov Mos­cow, Russia)
Edu­ard Looi­jen­ga (Utrecht, The Netherlands)
Mas­si­mi­lia­no Mel­la (Fer­ra­ra, Italy)
Shi­ge­ru Mukai (RIMS Kyo­to, Japan)
Kei­ji Ogu­i­so (Osa­ka, Japan)
Rita Par­di­ni (Pisa, Italy)
Gian­pie­tro Piro­la (Pavia, Italy)
Mih­nea Popa (Chi­ca­go, USA)
Fran­ces­co Rus­so (Cata­nia, Italy)
Mat­thi­as Schütt (Han­no­ver, Germany)
Nick She­p­herd-Bar­ron (Cam­bridge, UK)
Yu-jong Tzeng (Stan­ford, USA)
Bert van Geemen (Mila­no, Italy)
Ales­san­dro Ver­ra (Rome III, Italy)
Clai­re Voi­sin (Jus­sieu Paris, France)

Die Kon­fe­renz wird unter­stützt von:
CIRM, Inter­na­tio­nal Cen­ter for Mathe­ma­tics Rese­arch, Fondazione
Bru­no Kessler
Depart­ment of Mathe­ma­tics, Uni­ver­si­ty of Trento
Foun­da­ti­on Com­po­si­to Mathe­ma­ti­ca, Netherlands
Grup­po Nazio­na­le per le Strut­tu­re Alge­bri­che, Geo­me­tri­che, e le loro
Appli­ca­zio­ni, Isti­tu­to Nazio­na­le di Alta Matematica
Grif­ca – Grup­po di Ricer­ca Italo-Fran­ce­se in Geo­me­tria Algebrica
Kore­an Insti­tu­te for Advan­ced Study
DFG-For­scher­grup­pe FOR 790, Clas­si­fi­ca­ti­on of Alge­braic Surfaces
and Com­pact Com­plex Manifolds