Kanu-Streit Wie­sent: BN wünscht sich bal­di­ge Ent­schei­dung des Bay­reu­ther Gerichts

Kanu-Gruppe auf der Wiesent bei Ebermannstadt. Foto: Alex Dittrich
Kanu-Gruppe auf der Wiesent bei Ebermannstadt. Foto: Alex Dittrich / Der Neue Wiesentbote

Mit­te 2021 leg­te der BUND Natur­schutz erneut Kla­ge gegen die vom Land­rats­amt Forch­heim erlas­se­ne Schiff­fahrts­ge­neh­mi­gung auf der Wie­sent beim Ver­wal­tungs­ge­richt Bay­reuth ein. Die in der Ver­ord­nung vor­ge­se­he­nen Rege­lun­gen zum Natur­schutz rei­chen in kei­ner Wei­se aus. Nun kommt die Kanu­sai­son näher, und es steht zu befürch­ten, dass das Auf-Zeit-Spie­len des Land­rats­am­tes Forch­heim wie­der auf­geht und es kei­ne recht­li­che Klä­rung gibt.

Der BN hat das Gericht des­halb gebe­ten, die Ver­hand­lung anzu­set­zen und rasch zu einem Urteil zu kommen.

„Uns geht es dar­um, das das Kanu­fah­ren und der Natur­ge­nuss auf der Wie­sent natur­ver­träg­lich statt­fin­den, dazu braucht es rasch eine gericht­li­che Klä­rung. Hier sind wir uns mit dem Baye­ri­schen Kanu­ver­band völ­lig einig. Bei ande­ren baye­ri­schen Flüs­sen wie der Isar gibt es die­sel­ben Debat­ten – und den­sel­ben Druck zur Rege­lung. Ver­mut­lich braucht es eine Art Kanu­füh­rer­schein, damit alle beim Kanu­fah­ren die Regeln zum Schutz der sen­si­blen Lebens­räu­me ken­nen und auch ein­hal­ten“, so Mar­tin Geil­hu­fe, Lan­des­be­auf­trag­ter des BN.

Niedrigwasser der Wiesent in der Nähe des Ebsermare. Foto: BN

Nied­rig­was­ser der Wie­sent in der Nähe des Ebser­ma­re. Foto: BN

„Wie in den vor­he­ri­gen Jah­ren war auch das Jahr 2021 für das Öko­sy­stem der Wie­sent in der Frän­ki­schen Schweiz wie­der kein gutes Jahr. Ein erhöh­ter Frei­zeit­druck in Kom­bi­na­ti­on mit nied­ri­gen Pegel­stän­den hat den Druck auf das euro­päi­schen Flo­ra-Fau­na-Habi­tat und das Vogel­schutz­ge­bie­te der Wie­sent dau­er­haft ver­stärkt“, unter­streicht Dr. Ulrich Buch­holz, 1. Vor­sit­zen­der der BN-Kreis­grup­pe Forchheim.

„Wir sind mitt­ler­wei­le zur Über­zeu­gung gelangt, dass das Land­rats­amt und die gewerb­li­chen Boots­ver­lei­her gemein­sam auf Zeit spie­len. Die aktu­el­le Schiff­fahrts­ge­neh­mi­gung läuft Ende Sep­tem­ber 2022 aus. Ein Ver­fah­ren gegen eine aus­ge­lau­fe­ne Geneh­mi­gung wäre dann eben­falls am Ende und es hät­te sich trotz unse­rer erheb­li­chen Anstren­gun­gen, auch finan­zi­ell, abso­lut nichts getan, um den schlech­ten Zustand an der Wie­sent für die Flo­ra und Fau­na unse­rer Hei­mat zu ver­bes­sern“, so Chri­sti­an Kiehr, Vor­sit­zen­der der Orts­grup­pe Ebermannstadt-Wiesenttal.

Unter­stützt wird der BUND Natur­schutz in sei­nem Vor­ge­hen vom Baye­ri­schen Kanu­ver­band (BKV) und vom Lan­des­bund für Vogel­schutz (LBV).

Hin­ter­grund:

Nach­dem das Land­rats­amt Forch­heim im Jahr 2019 eine Schiff­fahrts­ge­neh­mi­gung für den gewerb­li­chen Boots­ver­leih ohne ent­spre­chen­de Ver­träg­lich­keits­prü­fung nach der euro­päi­schen Flo­ra-Fau­na Habi­tat-Richt­li­ne aus­ge­stellt hat­te, leg­te der BUND Natur­schutz Kla­ge ein. Der Natur­schutz­ver­band hat­te davor mehr­fach ergeb­nis­los ver­sucht, das Land­rats­amt zu mehr Schutz­an­stren­gun­gen und ange­mes­se­ner Über­wa­chung zu bringen.

Ein vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt Bay­reuth geschlos­se­ner Kom­pro­miss führ­te dazu, dass 2021 end­lich Ver­träg­lich­keits­un­ter­su­chun­gen vor­ge­legt wur­den. Aller­dings kamen die zu dem für den BN erstaun­li­chen Ergeb­nis, dass „kei­ne erheb­li­chen Beein­träch­ti­gun­gen“ durch den gewerb­li­chen Boots­ver­kehr ver­ur­sacht wür­den. Der BUND Natur­schutz hat­te die Gut­ach­ten mit Hil­fe von Fach­leu­ten und der Rechts­an­wäl­tin Ursu­la Phil­ipp-Ger­lach geprüft und kam zu ganz ande­ren Ergebnissen:

  • Für das FFH-Gebiet wert­be­stim­men­de Arten wie die Äsche wur­den nicht betrach­tet. Das gilt auch für wei­te­re Arten.
  • Ein Gut­ach­ten des Büros sje – Eco­hy­drau­lic Engi­nee­ring aus Stutt­gart im Auf­trag der Bezirks-Fische­rei­fach­be­ra­tung Ober­fran­ken (Titel: „Unter­su­chung zur Beein­träch­ti­gung von Fisch­ha­bi­ta­ten in der Wie­sent durch Boots­be­fah­rung“) zeigt, dass erheb­li­che Aus­wir­kun­gen auf die Fische der Wie­sent bestehen. Unter­schie­de gibt es z.B. in der Besied­lungs­dich­te wich­ti­ger Fisch­ar­ten in Strecken mit und ohne Boots­be­fah­rung. Das Gut­ach­ten floss kaum in die Ver­träg­lich­keits­un­ter­su­chun­gen ein.
  • Ein von der Fir­ma IVL Röt­ten­bach im Jahr 2017 erstell­tes Gut­ach­ten belegt die erheb­li­chen Aus­wir­kun­gen auf die Unter­was­ser­ve­ge­ta­ti­on durch v.a. unge­üb­te Kanufahrer*innen. Es wur­de prak­tisch ignoriert.
  • Kei­ne Beach­tung fin­det die Pflicht der Behör­de, den Über­gang der Lebens­raum­ty­pen des FFH-Gebiets vom der­zeit schlech­ten in einen gün­sti­gen Erhal­tungs­zu­stand zu fördern.
  • Mit Blick auf den Eis­vo­gel erlau­ben die vor­lie­gen­den Daten z. B. kei­nen Hin­weis dar­auf, dass bei gewerb­li­chem Boots­ver­leih der Erhal­tungs­zu­stand sich bes­sert und nicht wei­ter­hin kon­stant in der schlech­te­sten Stu­fe bleibt.
  • Ver­schie­de­ne Arten des Vogel­schutz­ge­bie­tes wur­den nicht betrach­tet, obwohl es Beob­ach­tun­gen dazu gab, z. B. der Fluss­re­gen­pfei­fer und der Waldwasserläufer.
  • Die vor­ge­se­he­nen als „Scha­dens­be­gren­zung“ beti­tel­te Maß­nah­men wie Ein­brin­gung von Tot­holz, grö­ße­ren Stei­nen, Nist­hil­fen für den Eis­vo­gel oder Gehölz­an­pflan­zun­gen legen bereits nahe, dass alle Akteu­re von Schä­di­gun­gen durch den gewerb­li­chen Boots­ver­kehr ausgehen.

Trotz die­ser Ein­wen­dun­gen des BN erteil­te das Land­rats­amt Mit­te 2021 dann wie­der Geneh­mi­gun­gen für den Boots­ver­leih mit nur gerin­gen Auf­la­gen. Dage­gen klag­te der BN im Juni 2021 vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt Bay­reuth erneut. Von den in den Auf­la­gen genann­ten Maß­nah­men wur­de 2021 kei­ne umgesetzt.

„Die drei gewerb­li­chen Kanu­ver­lei­her an der Wie­sent haben 2021 sogar selbst Kla­ge gegen die Schiff­fahrts­ge­neh­mi­gung ein­ge­legt. Sie bekla­gen damit ihr eige­nes Kanu­kon­zept, das vom Land­rats­amt auf­ge­grif­fen und der Geneh­mi­gung 2021 zugrun­de gelegt wor­den war. Die Ver­lei­her zei­gen, dass die Belan­ge des Natur­schut­zes für sie kei­ne Rol­le mehr spie­len“, sagt Chri­sti­an Kiehr, Vor­sit­zen­der der BN-Orts­grup­pe Wiesenttal.