Mikroplastik-Forscher*innen der Uni­ver­si­tät Bay­reuth ver­glei­chen Gesund­heits­ge­fah­ren von Mikropartikeln

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„Von Staub lernen“

Forscher*innen der Uni­ver­si­tät Bay­reuth wol­len die Fol­gen von ein­ge­at­me­tem Mikro­pla­stik ergrün­den. Um die­se bes­ser zu ver­ste­hen, haben sie in einer inter­dis­zi­pli­nä­ren Stu­die die Zusam­men­hän­ge der Gesund­heits­ge­fah­ren von Par­ti­keln wie zum Bei­spiel Ruß, Schleif­staub oder Asbest mit deren phy­si­ka­li­schen Eigen­schaf­ten her­aus­ge­ar­bei­tet. Durch Ver­glei­che mit den Eigen­schaf­ten von Mikro­pla­stik­par­ti­keln kön­nen so exak­te­re Aus­sa­gen über deren poten­zi­ell gesund­heits­ge­fähr­den­de Wir­kun­gen getrof­fen werden.

Eigenschaften wie Größe, Form und Oberflächenbeschaffenheit von Mikropartikeln beeinflussen deren Gefährdungspotential für den Menschen. Hier zu sehen sind elektronenmikroskopische Aufnahmen von Holzstaub, wie er bei der Holzbearbeitung entsteht (oben links); Staubpartikel aus Heu (oben rechts), Dieselrußpartikel aus den Abgasen eines Verbrennungsmotors (unten links), und zum Vergleich Mikroplastikfragmente (unten rechts). © Simon Wieland, UBT

Eigen­schaf­ten wie Grö­ße, Form und Ober­flä­chen­be­schaf­fen­heit von Mikro­par­ti­keln beein­flus­sen deren Gefähr­dungs­po­ten­ti­al für den Men­schen. Hier zu sehen sind elek­tro­nen­mi­kro­sko­pi­sche Auf­nah­men von Holz­staub, wie er bei der Holz­be­ar­bei­tung ent­steht (oben links); Staub­par­ti­kel aus Heu (oben rechts), Die­sel­ruß­par­ti­kel aus den Abga­sen eines Ver­bren­nungs­mo­tors (unten links), und zum Ver­gleich Mikro­pla­stik­frag­men­te (unten rechts). © Simon Wie­land, UBT

Mikro­pla­stik ist über­all in der Umwelt zu fin­den, auch in der Atmo­sphä­re. Dadurch atmen wir in unse­rem All­tag stän­dig mikro­sko­pisch klei­ne Pla­stik­par­ti­kel ein. Drin­gen die­se in die Atem­we­ge ein, kann das mög­li­cher­wei­se gesund­heits­schäd­lich sein. Um die Gefah­ren, die von Mikro­pla­stik in der Luft aus­ge­hen, ver­läss­lich ein­schät­zen zu kön­nen, gibt es jedoch noch nicht aus­rei­chend vie­le wis­sen­schaft­li­che Stu­di­en. In einem Über­sichts­ar­ti­kel hat nun ein an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth koor­di­nier­tes For­schungs­team das Wis­sen über die bereits gut unter­such­ten Gesund­heits­ge­fah­ren ver­schie­de­ner Mikro­par­ti­kel zusam­men­ge­tra­gen und mit den Eigen­schaf­ten von Mikro­pla­stik ver­gli­chen, um damit mög­li­che Gefah­ren von Mikro­pla­stik zu erkennen.

Das inter­dis­zi­pli­nä­re Team um die Bay­reu­ther Mikro­pla­stik-For­scher Prof. Dr. Hol­ger Kress und Prof. Dr. Chri­sti­an Laforsch kon­zen­trier­te sich auf Mikro­par­ti­kel wie bei­spiels­wei­se Asbest, Ruß­par­ti­kel aus Auto­ab­ga­sen oder Stäu­ben, die beim Schlei­fen von Holz oder Stein ent­ste­hen. Das Augen­merk leg­ten die Autor*innen aus den Fach­be­rei­chen Phy­sik, Bio­lo­gie, Bio­che­mie, Medi­zin und Nano-Sci­en­ces dabei beson­ders auf die Rol­le von phy­si­ka­li­schen und che­mi­schen Eigen­schaf­ten der Par­ti­kel für deren Toxi­zi­tät. Para­me­ter wie die Grö­ße, Form und Ober­flä­chen­la­dung der Par­ti­kel, aber auch deren Bestän­dig­keit in der Lun­ge und an den Par­ti­keln haf­ten­de Bak­te­ri­en und Bio­mo­le­kü­le kön­nen ihr Gefah­ren­po­ten­ti­al beein­flus­sen. Zum Bei­spiel sind lan­ge Fasern oft gefähr­li­cher als kom­pak­te Par­ti­kel, da lan­ge Fasern auf­grund ihrer Form schlech­ter vom Kör­per besei­tigt wer­den kön­nen und so dau­er­haf­te Ent­zün­dun­gen in betrof­fe­nen Gewe­ben mög­lich sind. Dadurch kön­nen sol­che faser­för­mi­gen Mikro­par­ti­kel krebs­er­zeu­gend sein, was bei­spiels­wei­se für Asbest bereits lan­ge bekannt ist.

Kennt man die Bedeu­tung der phy­si­ka­li­schen und che­mi­schen Eigen­schaf­ten für die gesund­heit­li­chen Aus­wir­kun­gen der Mikro­par­ti­kel, las­sen sich mög­li­che Gefah­ren von Mikro­pla­stik für die mensch­li­che Gesund­heit frü­her erken­nen, so die Wissenschaftler*innen. „Die­ses Wis­sen ermög­licht es uns, wich­ti­ge offe­ne Fra­gen zum Gefah­ren­po­ten­zi­al von Mikro­pla­stik zu iden­ti­fi­zie­ren. Dadurch kön­nen wir zu einer ziel­ge­rich­te­ten Erfor­schung und schnel­le­ren Bewer­tung des Risi­kos von Mikro­pla­stik für den Men­schen bei­tra­gen“, erklärt Prof. Dr. Hol­ger Kress, Initia­tor der Stu­die und Pro­fes­sor für Bio­lo­gi­sche Phy­sik an der Uni­ver­si­tät Bayreuth.

Prof. Dr. Christian Laforsch, Prof. Dr. Holger Kress und Simon Wieland M.Sc. (v.l.n.r.) diskutieren im Labor über mikroskopische Aufnahmen der Mikropartikel. © UBT

Prof. Dr. Chri­sti­an Laforsch, Prof. Dr. Hol­ger Kress und Simon Wie­land M.Sc. (v.l.n.r.) dis­ku­tie­ren im Labor über mikro­sko­pi­sche Auf­nah­men der Mikro­par­ti­kel. © UBT

„Mit unse­rer Arbeit hel­fen wir, die grund­le­gen­den Mecha­nis­men hin­ter den gesund­heit­li­chen Aus­wir­kun­gen von Mikro­par­ti­keln zu ver­ste­hen. Vie­les, was schon für ande­re Mikro­par­ti­kel bekannt ist, lässt sich viel­leicht auch auf Mikro­pla­stik über­tra­gen“, ergänzt Simon Wie­land, Erst­au­tor des Arti­kels und Dok­to­rand an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth. Daher sei es wich­tig, von die­sem Wis­sen zu pro­fi­tie­ren, um eine schnel­le Ein­schät­zung des Risi­kos von Mikro­pla­stik in der Atem­luft zu ermöglichen.

Jetzt kom­me es dar­auf an, die neu gewon­ne­nen Erkennt­nis­se zur Anwen­dung zu brin­gen. „Zu den phy­si­ka­li­schen und che­mi­schen Eigen­schaf­ten von Mikro­pla­stik gibt es noch vie­le offe­ne Fra­gen. Mikro­pla­stik ist nicht gleich Mikro­pla­stik, son­dern setzt sich aus vie­len ver­schie­de­nen Par­ti­keln unter­schied­li­cher che­mi­scher Zusam­men­set­zung, Ober­flä­chen­ei­gen­schaf­ten, Form und Grö­ße zusam­men“, sagt Prof. Dr. Chri­sti­an Laforsch, Spre­cher des Son­der­for­schungs­be­reichs 1357 Mikro­pla­stik der Uni­ver­si­tät Bay­reuth und Inha­ber des Lehr­stuhls für Tier­öko­lo­gie I. Des­halb sei es jetzt von gro­ßer Bedeu­tung, die­se Viel­falt auch in der toxi­ko­lo­gi­schen For­schung zu berück­sich­ti­gen. Nur so lie­ßen sich die Aus­wir­kun­gen von Mikro­pla­stik auf Mensch und Umwelt umfas­send ver­ste­hen, so das Fazit des Forschers.

Die Stu­die „From pro­per­ties to toxi­ci­ty: com­pa­ring micro­pla­stics to other air­bor­ne micro­par­tic­les” ent­stand im Rah­men des Lebens­wis­sen­schaft­li­chen Kol­legs der Stu­di­en­stif­tung des deut­schen Vol­kes in einer Zusam­men­ar­beit mit dem Son­der­for­schungs­be­reich 1357 Mikro­pla­stik der Uni­ver­si­tät Bay­reuth. Sie erschien im Jour­nal of Hazar­dous Mate­ri­als und ist frei abruf­bar unter: https://​doi​.org/​1​0​.​1​0​1​6​/​j​.​j​h​a​z​m​a​t​.​2​0​2​1​.​1​2​8​151