„Jüdi­scher Pfad“ Forch­heim: Auf dem inter­ak­ti­ven Weg der Erinnerung

„Unse­re Ver­ant­wor­tung ist es, Anti­se­mi­tis­mus in Forch­heim ent­ge­gen zu tre­ten und unauf­hör­lich an die jüdi­schen Mit­bür­ge­rin­nen und Mit­bür­ger zu erin­nern. Das ist auch ein Zei­chen der Soli­da­ri­tät mit jüdi­schem Leben in Deutsch­land! (…) Dass wir im Jahr 2024 einen jüdi­schen Pfad eröff­nen, wird Zeit und kommt gera­de zur rech­ten Zeit!“, erklär­te Forch­heims Bür­ger­mei­ste­rin Dr. Annet­te Prech­tel zur Eröff­nung des „Jüdi­schen Pfa­des“ am ver­gan­ge­nen Frei­tag in der Stadt Forchheim.

An 30 Stationen im Forchheimer Stadtgebiet wird mit dem „Jüdischen Pfad“ die lokale jüdische Geschichte Forchheims in ihrer ganzen Intensität sichtbar. Vor Ort in Forchheim sind die 30 Stationen mit kleinen Schildern und QR-Codes markiert: Dr. David Branston (2.v.re.) erklärt den Gästen im Innenhof der Kaiserpfalz die Anwendung mit dem Smartphone. Vor Im Bürgermeisterin Dr. Annette Prechtel (5. v. re.) © Stadt Forchheim

An 30 Sta­tio­nen im Forch­hei­mer Stadt­ge­biet wird mit dem „Jüdi­schen Pfad“ die loka­le jüdi­sche Geschich­te Forch­heims in ihrer gan­zen Inten­si­tät sicht­bar. Vor Ort in Forch­heim sind die 30 Sta­tio­nen mit klei­nen Schil­dern und QR-Codes mar­kiert: Dr. David Bran­s­ton (2.v.re.) erklärt den Gästen im Innen­hof der Kai­ser­pfalz die Anwen­dung mit dem Smart­phone. Vor Im Bür­ger­mei­ste­rin Dr. Annet­te Prech­tel (5. v. re.) © Stadt Forchheim

Mit die­sen Gedan­ken kön­nen sich ab sofort alle auf die inter­ak­ti­ve Rei­se in die jüdi­sche Ver­gan­gen­heit der Stadt Forch­heim bege­ben: An 30 Sta­tio­nen im Forch­hei­mer Stadt­ge­biet wird mit dem „Jüdi­schen Pfad“ die loka­le jüdi­sche Geschich­te Forch­heims in ihrer gan­zen Inten­si­tät sicht­bar: Anhand von viel­fäl­ti­gen per­sön­li­chen Lebens­ge­schich­ten zeigt der „Jüdi­sche Pfad“ die mensch­li­che Band­brei­te jüdi­schen Lebens in der Stadt, das tat­säch­lich schon im Mit­tel­al­ter begann und 1944 mit der Depor­ta­ti­on der letz­ten Jüdin aus­ge­löscht wurde.

Die klei­ne jüdi­sche Gemein­de leb­te im fried­li­chen Mit­ein­an­der mit der christ­li­chen Ein­woh­ner­schaft. Mit der „Macht­er­grei­fung“ Hit­lers 1933 war es für die jüdi­schen Mit­men­schen mit der Sicher­heit und dem Frie­den vor­bei, jüdi­sche Geschäf­te wur­den boy­kot­tiert, Unter­neh­men ari­siert, Men­schen jüdi­schen Glau­bens waren Schi­ka­nen und Ver­fol­gun­gen aus­ge­setzt. In der Reichs­po­grom­nacht 1938 wur­de die Forch­hei­mer Syn­ago­ge geschän­det und zer­stört, jüdi­sche Mitbürger*innen miss­han­delt. Wer nicht recht­zei­tig noch ins ret­ten­de Aus­land flüch­ten konn­te, wur­de ab 1941 depor­tiert und in den Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern ermor­det – dies traf 14 jüdi­sche Per­so­nen in Forchheim.

Heu­te führt der „Jüdi­sche Pfad“ zwei Geschich­ten in der Stadt Forch­heim zusam­men, erklärt der Histo­ri­ker Rolf Kieß­ling, Autor der Bro­schü­re „Stol­per­stei­ne in Forch­heim“ zur Eröff­nungs­fei­er: 14 „Stol­per­stei­ne“ zur Erin­ne­rung an die Ermor­dung der jüdi­schen Mitbürger*innen gibt es heu­te. Getra­gen von einem brei­ten bür­ger­schaft­li­chen Enga­ge­ment initi­ier­te Emme­rich Huber maß­geb­lich mit Kieß­ling die Stol­per­stein­ver­le­gun­gen – 2018 die erste mit dem Künst­ler Gun­ter Dem­nig. „Vie­le Men­schen hal­ten die­se Form der Erin­ne­rung für sinn­voll und not­wen­dig“, so Kieß­ling, „jeder Stol­per­stein steht für einen kon­kre­ten Men­schen, für ein gan­zes Leben, das wil­lent­lich aus­ge­löscht wor­den ist!“ Zu die­ser wich­ti­gen Erin­ne­rungs­kul­tur kommt der „Jüdi­sche Pfad“ als wei­te­rer Bau­stein hinzu.

Er führt ana­log und digi­tal über­wie­gend durch die Alt­stadt Forch­heims an ehe­ma­li­ge jüdi­sche Wohn­or­te und erzählt umfas­send recher­chier­te Geschich­te und Geschich­ten. Als erste Ori­en­tie­rung kann im Inter­net unter der Adres­se www​.jue​di​scher​-pfad​.de die Web­site zum Jüdi­schen Pfad auf­ge­ru­fen wer­den. Vor Ort in Forch­heim sind die 30 Sta­tio­nen mit klei­nen Schil­dern und QR-Codes mar­kiert. Susan­ne Fischer, Lei­te­rin des Pfalz­mu­se­ums Forch­heim, erklärt: „An den 30 Sta­tio­nen befin­den sich klei­ne Täfel­chen an den ent­spre­chen­den Häu­sern, in denen jüdi­sches Leben statt­fand. Mit dem Smart­phone kön­nen Sie auf die QR-Codes gehen, damit öff­net sich eine Web­site, auf der die Geschich­ten, die Fotos, die Audi­os hin­ter­legt sind.“ Alter­na­tiv gibt es die gedruck­te Bro­schü­re „Jüdi­scher Pfad in Forch­heim“, die kosten­los im Pfalz­mu­se­um und in der Tou­rist­infor­ma­ti­on in der Kapel­len­stra­ße 16 in Forch­heim erhält­lich ist. Alle Tex­te und Audi­os ste­hen auch in Eng­lisch zur Verfügung.

Was in Forch­heim mit dem „Jüdi­schen Pfad“ heu­te erleb­bar ist, hat wahr­lich Aktua­li­tät, wie Susan­ne Fischer betont: „Die Erschaf­fung des „Jüdi­schen Pfa­des“ ist heu­te wich­ti­ger und aktu­el­ler denn je und die Bri­sanz der Ereig­nis­se hat uns in den ein­ein­halb Jah­ren sei­ner Gestal­tung buch­stäb­lich rechts über­holt. Ver­su­chen wir, das dama­li­ge Grau­en zu erfas­sen und die Gefähr­lich­keit zu erken­nen, die heu­te wie­der im Raum ste­hen, indem wir das Wis­sen um das Gesche­he­ne zei­gen und damit auch unse­re Wer­te und letzt­lich unse­re Demo­kra­tie zu ver­tei­di­gen helfen!“

Bür­ger­mei­ste­rin Dr. Prech­tel zeig­te sich auf dem Emp­fang zur Eröff­nung des „Jüdi­schen Pfa­des“ beein­druckt von der Kon­zep­ti­on und schnel­len Umset­zung: „Mein Dank geht an Susan­ne Fischer für die­ses über­zeu­gen­de und beein­drucken­de Pro­jekt, das in der rela­tiv kur­zen Zeit von 1,5 Jah­ren ent­stand und an alle Gestal­te­rin­nen und Gestal­ter!“ Susan­ne Fischer gab den Dank wei­ter: „Ent­stan­den ist ein wich­ti­ges Stück Erin­ne­rungs­kul­tur in Forch­heim – umge­setzt wer­den konn­te es nur mit vie­len enga­gier­ten und kom­pe­ten­ten Helfer*innen und Mitstreiter*innen!“ Alle, die ihren Anteil an der Rea­li­sie­rung des „Jüdi­schen Pfads“ hat­ten, waren zur Eröff­nung in der Kai­ser­pfalz gela­den: Unter ande­ren die Hausbesitzer*innen, die sich bereit erklär­ten, die Täfel­chen an ihren Gebäu­den anbrin­gen zu las­sen. Stadt­rat und Sponsor*innen, die groß­zü­gi­ge finan­zi­el­le Unter­stüt­zung gaben, Bür­ger­mei­ste­rin Dr. Annet­te Prech­tel selbst, die die Umset­zung des Pro­jek­tes för­der­te und inhalt­li­che Akzen­te setz­te. Rolf Kieß­ling, der pro­fun­de Ken­ner der jüdi­schen Geschich­te Forch­heims, der wert­vol­le Anre­gun­gen zur Kon­zep­ti­on gab und die Bro­schü­re zu den Stol­per­stei­nen ver­fass­te. Domi­nik Scholz (go4u​.de Web­de­sign, Forch­heim) der die QR-Codes pro­gram­mier­te und die nut­zer­freund­li­che, ein­fach zu navi­gie­ren­de Web­site www​.jue​di​scher​-pfad​.de ein­rich­te­te, die Gra­fi­ker Kurt Neu­bau­er und Nina Beckert (Gra­fik­ate­lier Neu­bau­er, Nürn­berg), die für die gra­fi­sche Gestal­tung der Täfel­chen, der Web­site und der Bro­schü­ren ver­ant­wort­lich zeich­nen. Simon Micha­el Schmitt (Gre­at Hall Stu­dio Eber­mann­stadt), der die Audi­os mit pro­fes­sio­nel­len Spre­chern (u.a. Sven Waas­ner) in sei­nem Ton­stu­dio pro­du­zier­te. Die Forch­hei­mer Agen­tur Wie­gärt­ner Visu­als, die die Ani­ma­ti­on der Syn­ago­ge und die visu­el­le Dar­stel­lung der Mik­we über­nahm und damit eine Vor­stel­lung vom Aus­se­hen die­ser Bau­ten gab. Dr. David Bran­s­ton und Mar­ti­na Wes­ler vom Pfalz­mu­se­um Forch­heim, die die Tex­te ins Eng­lisch über­tru­gen. Die Forch­hei­mer Drucke­rei Streit, die die ins­ge­samt vier Bro­schü­ren in hoher Qua­li­tät druckte.

Ire­ne von Frit­sch beglei­te­te die Eröff­nungs­ver­an­stal­tung in der Kai­ser­pfalz stim­mungs­voll auf dem Cel­lo mit den Wer­ken von Johann Seba­sti­an Bach und den jüdi­schen Kom­po­ni­sten Joa­chim Stut­s­chew­sky und Ernest Bloch. Im Anschluss wur­den die Gäste über den „Jüdi­schen Pfad“ geführt.

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