IHK Bay­reuth: Wirt­schaft for­dert weni­ger büro­kra­ti­sche Bela­stun­gen aus Brüssel

Politik und Wirtschaft im persönlichen Austausch (v.l.): Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner, Dr. Johannes Hahn, EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung, IHK-Präsident Dr. Michael Waasner, Europaabgeordnete Monika Hohlmeier und IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfram Brehm.
Politik und Wirtschaft im persönlichen Austausch (v.l.): Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner, Dr. Johannes Hahn, EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung, IHK-Präsident Dr. Michael Waasner, Europaabgeordnete Monika Hohlmeier und IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfram Brehm.

Ober­frän­ki­sche Unter­neh­men im Gespräch mit EU-Kom­mis­sar Dr. Johan­nes Hahn

Wird die EU-Wahl am 9. Juni 2024 zur Schick­sals­wahl für Ober­fran­kens Wirt­schaft? Wie unmit­tel­bar die Poli­tik aus Brüs­sel die hei­mi­schen Unter­neh­men betrifft, wur­de jeden­falls über­aus deut­lich beim Wirt­schafts­ge­spräch zwi­schen Unter­neh­me­rin­nen und Unter­neh­mern und dem EU-Kom­mis­sar Dr. Johan­nes Hahn, der auf Ein­la­dung der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth nach Thur­n­au gekom­men war. Ganz oben auf der Liste der drän­gen­den The­men: die Entbürokratisierung.

Dr. Johannes Hahn war auf Einladung der IHK für Oberfranken Bayreuth zu Gast beim Wirtschaftsgespräch in Thurnau. Fotos: Thorsten Ochs / ochsenfoto.de

Dr. Johan­nes Hahn war auf Ein­la­dung der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth zu Gast beim Wirt­schafts­ge­spräch in Thur­n­au.
Fotos: Thor­sten Ochs / och​sen​fo​to​.de

Anschau­lich schil­der­ten Wirt­schafts­ver­tre­te­rin­nen und ‑ver­tre­ter den all­täg­li­chen Büro­kra­tie-Wahn­sinn und die Aus­wir­kun­gen so manch pra­xis­fer­ner Rege­lun­gen, ob auf regio­na­ler, natio­na­ler oder euro­päi­scher Ebe­ne, auf ihre Unter­neh­men. In der Aus­spra­che mach­ten unter ande­rem Ste­fan Soi­né (Ire­ks, Kulm­bach), Niko­laus Wie­gand (Wie­gand-Glas, Stein­bach am Wald), Wolf­gang Schu­bert-Raab (RAAB Bau­ge­sell­schaft, Ebens­feld) und Natha­lia Rašek-Abach (EMC­Cons Dr. RAŠEK GmbH & Co. KG, Eber­mann­stadt) an kon­kre­ten Bei­spie­len deut­lich, vor wel­chen Her­aus­for­de­run­gen ihre Unter­neh­men der­zeit stehen.

Einig waren sich Poli­tik und Wirt­schaft, wie wich­tig es ist, dass bei­de Sei­ten im Gespräch blei­ben. So bedank­te sich Hahn bei den Unter­neh­me­rin­nen und Unter­neh­mern für die State­ments, die er ger­ne mit nach Brüs­sel neh­me. Auch die ober­frän­ki­sche Euro­pa­ab­ge­ord­ne­te Moni­ka Hohl­mei­er beton­te, dass für die Poli­tik der Input aus der Pra­xis wesent­lich sei, um die Aus­wir­kun­gen geplan­ter Geset­ze auf die unter­neh­me­ri­sche Wirk­lich­keit abschät­zen zu können.

Euro­pas Wett­be­werbs­fä­hig­keit in der Welt schwindet
Der „Green Deal“ zur Errei­chung der Kli­ma­zie­le oder die Lie­fer­ket­ten­richt­li­nie sind nur eini­ge Bei­spie­le für EU-Ent­schei­dun­gen, die vor allem klei­ne und mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men mit Büro­kra­tie­auf­wand über­frach­ten. „Wir tei­len das Ziel, nach­hal­ti­ges und ver­ant­wor­tungs­vol­les unter­neh­me­ri­sches Han­deln zu för­dern“, sag­te IHK-Prä­si­dent Dr. Micha­el Waas­ner. „Aus Per­spek­ti­ve der Betrie­be sind vie­le Rege­lun­gen jedoch weder pra­xis­taug­lich noch ver­hält­nis­mä­ßig. Bei der EU-Lie­fer­ket­ten­richt­li­nie sehen sich Unter­neh­men viel­mehr mit gro­ßer Rechts­un­si­cher­heit, Büro­kra­tie und kaum kal­ku­lier­ba­ren Risi­ken konfrontiert.“

Waas­ner: „Als über­zeug­te Euro­pä­er müs­sen wir gemein­sam dafür ein­tre­ten, dass Euro­pa geeint und sta­bil bleibt. Aber die EU muss sich auch refor­mie­ren und wei­ter­ent­wickeln – und sie muss Lösun­gen für die wirt­schafts­po­li­ti­schen Pro­ble­me der Gegen­wart bereit­stel­len.“ Es gel­te, sich in einer neu­en glo­ba­len Welt­ord­nung gut auf­zu­stel­len. Denn die Wett­be­werbs­fä­hig­keit des Wirt­schafts­stand­orts Euro­pa gera­te im glo­ba­len Wett­be­werb immer stär­ker unter Druck.

Der Ankün­di­gung Hahns, die wirt­schaft­li­che Wett­be­werbs­fä­hig­keit in den Vor­der­grund der näch­sten Legis­la­tur­pe­ri­ode zu stel­len, konn­ten die Anwe­sen­den des­halb nur zustim­men. Gera­de in Sachen Büro­kra­tie kön­ne er den Unmut der Unter­neh­men ver­ste­hen, sag­te Hahn. „Wir haben eine Manie ent­wickelt, dass alles in einen Report mün­den muss. Davon müs­sen wir los­kom­men“, sag­te er. Das Prin­zip „one in, one out“ – kommt ein neu­es Gesetz, muss ein ande­res dafür wei­chen – ver­su­che man zu prak­ti­zie­ren, nicht immer gelin­ge es jedoch. Hahn selbst befür­wor­tet es, Geset­ze mit einem „Ablauf­da­tum“ zu ver­se­hen, zu dem über­prüft wer­den müs­se, ob die Rege­lung noch sinn­haft und not­wen­dig sei.

Sou­ve­rä­ni­tät statt Abkopplung
Zu lan­ge habe Euro­pa sich in einer drei­fa­chen Kom­fort­zo­ne bewegt, so Hahn: bil­li­ge Ener­gie aus dem Osten, vor allem aus Russ­land; bil­li­ge Tech­no­lo­gie aus Fern­ost; Sicher­heits­ga­ran­tien aus den USA. Kei­ne die­ser Sicher­hei­ten gebe es noch. „Dar­auf müs­sen wir eine Ant­wort fin­den. Aus mei­ner Sicht muss die­se lau­ten: ver­stärk­te Sou­ve­rä­ni­tät. De-Ris­king, aber kei­ne Abkopp­lung.“ Dazu sei Euro­pas Wirt­schaft zu eng mit der Welt­wirt­schaft ver­floch­ten. Weg müs­se Euro­pa jedoch von einer zu star­ken Abhän­gig­keit von ein­zel­nen Märk­ten und Ländern.

IHK-Prä­si­dent Dr. Micha­el Waas­ner hofft nach der Euro­pa­wahl im Juni auf eine stär­ker auf Unter­neh­men aus­ge­rich­te­te Poli­tik der EU. Ob es gelin­gen wird, eine funk­tio­nie­ren­de pro-euro­päi­sche Mehr­heit zu erhal­ten, die der Wirt­schaft einen ent­spre­chen­den Stel­len­wert ein­räumt – das kön­ne jeder Wäh­ler und jede Wäh­le­rin bei der Euro­pa­wahl ein Stück weit selbst mit beeinflussen.

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