Bam­ber­ger Kreis­tag hebt Aus­schrei­bung für geplan­te Bus­ver­keh­re auf

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„Kosten spren­gen völ­lig den Rahmen“

Die Ent­täu­schung bei allen Mit­glie­dern des Kreis­ta­ges ist groß. Ziel war es, ab August 2024 für die Bevöl­ke­rung einen deut­lich ver­bes­ser­ten ÖPNV zu schaf­fen. Ins­be­son­de­re für den länd­li­chen Raum ist der ÖPNV von größ­ter Bedeu­tung. Mit der nahe­zu auf vier Mil­lio­nen ver­dop­pel­ten Zahl der Lini­en­bus­ki­lo­me­ter soll­te eine wesent­lich bes­se­re Tak­tung erreicht wer­den. Die Ver­kehrs­ver­bin­dun­gen soll­ten opti­miert und die Stadt-Umland-Ver­keh­re auf­ein­an­der abge­stimmt werden.

Jetzt hat der Kreis­tag des Land­krei­ses Bam­berg am Don­ners­tag ein­stim­mig die Aus­schrei­bung für die ab August 2024 geplan­ten Bus­ver­keh­re auf­ge­ho­ben. Grund hier­für sind die Aus­schrei­bungs­er­geb­nis­se für den Betrieb der sechs Lini­en­bün­del, die bei einem Viel­fa­chen der kal­ku­lier­ten Aus­ga­ben liegen.

Mit den Ange­bots­prei­sen der Aus­schrei­bung wür­den sich die Kosten für die Bus­ver­keh­re pro Jahr auf 72 Mil­lio­nen Euro sum­mie­ren. Aktu­ell wen­det der Land­kreis rund zwei Mil­lio­nen Euro für die bis­he­ri­gen Ange­bo­te im ÖPNV im Land­kreis auf.

„Unser Land­kreis war bereit, deut­lich mehr Geld in die Hand zu neh­men. Die gra­vie­ren­den Ver­än­de­run­gen im Markt­um­feld der Mobi­li­tät – ins­be­son­de­re Antriebs­for­men und die Strei­chung von För­der­mit­teln – und die dar­aus ent­ste­hen­de Unsi­cher­heit haben unse­re gro­ßen Ambi­tio­nen zunich­te gemacht“, so Land­rat Johann Kalb. „Gemein­sam mit unse­ren Ver­kehrs­un­ter­neh­men, den Kom­mu­nen und Ver­kehrs­pla­nern haben wir seit 2016 in 19 Sit­zun­gen unse­rer ÖPNV-Arbeits­grup­pen und in 25 Sit­zun­gen unse­rer Gre­mi­en fast aus­nahms­los ein­stim­mig ein sin­ni­ges Kon­zept erar­bei­tet, mit dem die Ver­kehrs­lei­stung unse­rer Lini­en­bus­se auf rund vier Mil­lio­nen Kilo­me­ter erwei­tert wer­den sollte.“

Ein wei­te­rer wesent­li­cher Grund für die Kosten­ex­plo­si­on ist, dass die Bahn für den ICE-Aus­bau in Bam­berg bis 2035 auf Schie­nen­er­satz­ver­kehr ange­wie­sen ist und den Unter­neh­men nach deren Bekun­den dafür über den gesam­ten Aus­schrei­bungs­zeit­raum – ohne Fahr­zeug­vor­ga­ben – attrak­ti­ve Kon­di­tio­nen bie­tet. Deut­lich zuge­spitzt hat sich der Man­gel an Bus­fah­rern. Weil wäh­rend der Aus­schrei­bung För­der­mit­tel gestri­chen wur­den, müs­sen die Grund­la­gen für die Ange­bots­er­mitt­lung über­ar­bei­tet wer­den. Nicht zuletzt hat das ‚Sau­be­re-Fahr­zeu­ge-Beschaf­fungs­ge­setz‘ hohe Anfor­de­run­gen an die ein­zu­set­zen­den Bus­se gestellt. Land­rat Johann Kalb: „All das hat dazu geführt, dass die Ange­bo­te für die geplan­ten Bus­ver­keh­re den Kosten­rah­men kom­plett gesprengt haben.“

Noch 2023 wur­den ver­schie­de­ne Lini­en für 3,50 Euro pro gefah­re­nen Lini­en­ki­lo­me­ter ver­ge­ben. Statt der kal­ku­lier­ten rund vier Euro pro Bus-Kilo­me­ter und rund 16 Mil­lio­nen Euro Gesamt­ko­sten hat die Aus­schrei­bung nun durch­schnitt­lich 18 Euro pro gefah­re­nen Kilo­me­ter und 72 Mil­lio­nen Euro Gesamt­ko­sten erge­ben. Bei kal­ku­lier­ten Ein­nah­men in einer Höhe von 11 bis 12 Mil­lio­nen Euro wären rund 60 Mil­lio­nen Defi­zit ent­stan­den. Land­rat Kalb: „Das ist nicht dar­stell­bar. Weil die Kosten über die Kreis­um­la­ge umge­legt wer­den müss­ten, wür­de das unse­re Gemein­den völ­lig überlasten.“

Aus all die­sen Grün­den hob der Kreis­tag die Aus­schrei­bung auf. Das ÖPNV-Kon­zept wird nun über­ar­bei­tet und die bis­he­ri­gen Bus­ver­keh­re per Über­gangs­ver­ga­be für zunächst rund vier Jah­re fortgeführt.

Das sagen die Frak­ti­ons­vor­sit­zen­den im Kreistag:

Wolf­gang Möhr­lein, CSU:

„Wir haben 2018 ein­stim­mig unser inter­mo­da­les Mobi­li­täts­kon­zept beschlos­sen. Seit­dem gab es gra­vie­ren­de Ver­än­de­run­gen. Die Welt ist eine ande­re gewor­den. Jetzt war der denk­bar schlech­te­ste Zeit­punkt für die­se Aus­schrei­bung. Die Kosten, die nun auf­ge­ru­fen wer­den, sind nicht finan­zier­bar. Mit die­sen Erfah­run­gen müs­sen wir nun an einem neu­en Kon­zept arbeiten.“

Tho­mas Ochs, Grüne:

„Wir brau­chen die über Jah­re vor­be­rei­te­te und 2022 beschlos­se­ne Ver­bes­se­rung des ÖPNV in allen Gemein­den. Für die Stär­kung des länd­li­chen Raums, für die Men­schen, für die Wirt­schaft, für Teil­ha­be und für das Kli­ma. Nach dem kolos­sa­len Schei­tern jetzt, müs­sen wir eine scho­nungs­lo­se fach­li­che Ana­ly­se als Grund­la­ge für eine schnellst­mög­li­che Neu­aus­schrei­bung durchführen.“

Jonas Merz­bach­er, SPD

(hat kein State­ment abgegeben)

Thi­lo Wag­ner, FW-ÜWG:

„Wir als Freie Wäh­ler-ÜWG Frak­ti­on unter­stüt­zen mehr­heit­lich den Vor­schlag der Ver­wal­tung, die Aus­schrei­bung aus wirt­schaft­li­chen Grün­den auf­zu­he­ben. Die Inte­rims­ver­ga­be des ÖPNV darf auf kei­nen Fall einen Nach­teil für unse­re Bür­ge­rin­nen und Bür­ger bedeu­ten. Es muss unbe­dingt auch über­gangs­wei­se, bis die neue Aus­schrei­bung erfolgt ist, der Fahr­plan der Lini­en im Land­kreis ver­bes­sert werden.“

Sig­rid Rein­fel­der, BBL:

„Der Quan­ten­sprung im ÖPNV ist miss­lun­gen. Alle Warn­si­gna­le dazu im Vor­feld ver­kannt. Jetzt heißt es schnell agie­ren, in enger Abstim­mung mit den Stadt­wer­ken Bam­berg und den regio­na­len Bus­un­ter­neh­men, damit es bei den bestehen­den Bus­ver­bin­dun­gen nicht auch noch zu deut­lich spür­ba­ren Ein­schrän­kun­gen kommt.“

Del­bert Alex­an­der, AfD:

„Der ÖPNV ist ein Mil­lio­nen­grab für den Land­kreis. Aus ideo­lo­gi­schen Grün­den das Geld der Steu­er­zah­ler zu ver­pul­vern macht die AfD nicht mit. Mit noch mehr lee­ren Bus­sen frei­wil­lig noch mehr Minus zu machen ist nicht zu ver­ant­wor­ten. Redu­zie­ren wir auf Lini­en die genutzt wer­den und auf Rufbuskonzept.“

Dr. Löff­ler

„Nicht vor­her­seh­ba­re Ereig­nis­se (Kosten­stei­ge­run­gen etc.) seit 2019 zwin­gen uns, im Moment den ein­ge­schla­ge­nen Weg zu ver­las­sen. Des­we­gen Zustim­mung zum Beschluss­vor­schlag. D.h.: Über­brückungs­lö­sung für zwei, bes­ser vier Jah­re und danach Neu­start auf rea­li­sti­scher Grundlage.“

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