Bay­reu­ther Wis­sen­schaft­ler fin­den einen geschlos­se­nen Recy­cling­kreis­lauf für einen der meist­ge­nutz­ten Kunststoffe

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Eine weg­wei­sen­de Ent­wick­lung ermög­licht die geziel­te Nach­bil­dung der che­mi­schen Struk­tur von Low Den­si­ty Poly­ethy­lene (LDPE), einem bis­her schwer nach­zu­ah­men­den Kunst­stoff, und zeigt gro­ßes Poten­zi­al für nach­hal­ti­ge Alter­na­ti­ven in der Kunst­stoff­in­du­strie auf. Prof. Dr. Rhett Kem­pe, Lehr­stuhl­in­ha­ber für Anor­ga­ni­sche Che­mie II – Kata­ly­sa­tor­de­sign, Sus­tainable Che­mi­stry Cent­re, an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, und sein inter­dis­zi­pli­nä­res For­schungs­team haben in einer aktu­el­len Ver­öf­fent­li­chung in der Fach­zeit­schrift „Advan­ced Sci­ence“ die­ses Mate­ri­al vorgestellt.

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Low Den­si­ty Polyethylen(kurz LDPE) ist einer der welt­weit meist­ge­nutz­ten Kunst­stof­fe, wie er zum Bei­spiel für Frisch­hal­te­fo­lie oder Müll­tü­ten genutzt wird. Aller­dings gelan­gen die­se qua­si nicht abbau­ba­ren Mate­ria­li­en in gro­ßen Men­gen als Müll in die Umwelt, ins­be­son­de­re in die Mee­re. Wis­sen­schaft­ler der Uni­ver­si­tät Bay­reuth haben nun einen Alter­na­tiv­kunst­stoff ent­wickelt, der teil­wei­se ver­gleich­ba­re Mate­ri­al­ei­gen­schaf­ten hat, aber ener­gie­scho­nen­der her­stell­bar und leich­ter recy­cle­bar ist. Dazu haben die For­scher sich an der Poly­mer­struk­tur von LDPE ori­en­tiert und ein neu­es Kunst­stoff­ma­te­ri­al, das haupt­säch­lich aus Ethy­len besteht, designed.

„Wir haben damit ein neu­es che­misch recy­cel­ba­res hoch­ver­zweig­tes Polyo­le­fin-Mate­ri­al ein­ge­führt“, erläu­tert Prof. Dr. Rhett Kem­pe. Sein Team hat soge­nann­te „Recy­cling Points“ in den neu­en Kunst­stoff ein­ge­fügt, an denen das Poly­mer che­misch in klei­ne­re, bereits bei mode­ra­ten Tem­pe­ra­tu­ren in orga­ni­schen Lösungs­mit­teln lös­li­che Frag­men­te zer­teilt und somit recy­celt wer­den kann. Die Bestand­tei­le las­sen sich anschlie­ßend neu ver­knüp­fen, was die Wie­der­ver­wen­dung in einem geschlos­se­nen Kreis­lauf ermöglicht.

LDPE wer­den im Hoch­druck­ver­fah­ren unter extre­men Reak­ti­ons­be­din­gun­gen (bei 250 °C mit 2.500 bis 4.000 bar) über die freie radi­ka­li­sche Poly­me­ri­sa­ti­on von Ethy­len her­ge­stellt. Die­ses ener­gie­in­ten­si­ve Ver­fah­ren ist maß­geb­lich ent­schei­dend für die hoch­ver­zweig­te und kom­ple­xe che­mi­sche Struk­tur und die damit ein­her­ge­hen­den Mate­ri­al­ei­gen­schaf­ten. Bis­her war es sehr schwie­rig, die­se ein­zig­ar­ti­ge Struk­tur zu imi­tie­ren. Die Wis­sen­schaft­ler aus dem Team von Prof. Dr. Rhett Kem­pe, Dr. Win­fried P. Kret­schmer, Lei­ter der Poly­me­ri­sa­ti­ons­ka­ta­ly­se am Lehr­stuhl, Dok­to­rand­Chri­stoph Unger, Master-Stu­dent Jan­nis Lipp und Dr.Holger Schmalz, Aka­de­mi­scher Ober­rat am Lehr­stuhl für Makro­mo­le­ku­la­re Che­mie II der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, haben nun in der Fach­zeit­schrift „Advan­ced Sci­ence“ einen Bei­trag zu die­sem Alter­na­tiv­kunst­stoff veröffentlicht.

Das neue Mate­ri­al, das als LDPE-mimic bezeich­net wird, ist in sei­ner che­mi­schen Struk­tur nahe amkom­mer­zi­el­len LDPE. „Der Schlüs­sel zum Erfolg ist der Ein­satz unse­rer neu­en Kata­ly­sa­to­ren, die unter ent­spre­chen­den mil­den Reak­ti­ons­be­din­gun­gen, zir­ka 70 Grad Cel­si­us und zwei bar Druck, defi­nier­te Bau­stei­ne einer gewis­sen Grö­ße her­stel­len. Die­se las­sen sich anschlie­ßend zum fina­len Kunst­stoff­ma­te­ri­al ver­knüp­fen“, sagt Kempe.

„Das neue Mate­ri­al besteht aus zwei ver­schie­de­nen Makro­mo­no­me­ren, einem Grund­ge­rüst und poten­zi­el­len lang­ket­ti­gen Ver­zwei­gun­gen. Die Ver­zwei­gun­gen kön­nen rever­si­bel am Grund­ge­rüst ange­bracht und unter sau­ren und basi­schen Bedin­gun­gen gespal­ten wer­den.“ Ein Makro­mo­no­mer ist eine Ver­bin­dung, die einer­seits die Struk­tur eines Mono­mers hat (d.h., sie kann sich zu einem grö­ße­ren Mole­kül ver­bin­den), ande­rer­seits aber bereits grö­ßer ist und eini­ge makro­mo­le­ku­la­re Eigen­schaf­ten auf­weist. Das bedeu­tet, dass es bereits eine beträcht­li­che Grö­ße oder Kom­ple­xi­tät hat, aber noch die Fähig­keit besitzt, sich wei­ter zu ver­net­zen oder zu polymerisieren.

Ins­ge­samt lie­gen die Inno­va­tio­nen der Bay­reu­ther Arbeit daher in der Kom­bi­na­ti­on aus der Her­stel­lung unter sehr mil­den bzw. nach­hal­ti­gen Bedin­gun­gen, der che­mi­schen Recy­cel­bar­keit des Kunst­stof­fes und in der geziel­ten Imi­ta­ti­on der che­mi­schen Struk­tur von LDPE.

Die Deut­schen For­schungs­ge­mein­schaft (DFG) und der SASOL Ger­ma­ny GmbH haben die For­schung finan­zi­ell unterstützt.

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