IHK Ober­fran­ken in Bay­reuth: „Wenn die Wirt­schafts­po­li­tik zum Brems­klotz wird“

Ober­frän­ki­sche Wirt­schaft gerät wei­ter unter Druck

Die schwä­cheln­de Welt­kon­junk­tur setzt der export­ori­en­tier­ten ober­frän­ki­schen Wirt­schaft eben­so zu, wie die ver­hal­te­ne Inlands­nach­fra­ge, so die Ergeb­nis­se der jüng­sten Kon­junk­tur­um­fra­ge der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth. Hin­zu kommt eine wach­sen­de Unzu­frie­den­heit mit den wirt­schafts­po­li­ti­schen Rah­men­be­din­gun­gen am Stand­ort Deutsch­land. „Unse­re Wirt­schaft braucht deut­lich weni­ger Stopp‑, dafür aber mehr Vor­fahrts­schil­der!, macht Dr. Micha­el Waas­ner deut­lich, Prä­si­dent der IHK für Ober­fran­ken Bayreuth.

Die Stim­mung in der ober­frän­ki­schen Wirt­schaft ist zum Start ins neue Jahr mehr als ver­hal­ten. Die Kon­junk­tur­um­fra­ge der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth zeich­net ein düste­res Bild: Die Beur­tei­lung der aktu­el­len Geschäfts­la­ge ver­schlech­tert sich, die Erwar­tun­gen blei­ben im tief­ro­ten Bereich. Der IHK-Kon­junk­tur­kli­ma­in­dex sinkt um wei­te­re zwei Punk­te und notiert zu Jah­res­be­ginn bei 89 Punkten.

„Die ober­frän­ki­sche Wirt­schaft tritt wei­ter auf der Stel­le. Sehr hohe Ener­gie­prei­se, eine weit über­durch­schnitt­li­che Steu­er- und Abga­ben­last, detail­ver­ses­se­ne Regu­lie­rungs­wut und lang­wie­ri­ge büro­kra­ti­sche Pro­zes­se kosten uns viel Wett­be­werbs­fä­hig­keit.“, fasst Dr. Micha­el Waas­ner zusam­men, Prä­si­dent der IHK für Ober­fran­ken Bayreuth.

Zwei Drit­tel der Unter­neh­men stu­fen die Wirt­schafts­po­li­tik als Risi­ko ein
Ein Blick auf die größ­ten Risi­ko­fak­to­ren macht deut­lich, dass die Unter­neh­men immer mehr Her­aus­for­de­run­gen zeit­gleich bewäl­ti­gen müs­sen. „Ungün­sti­ge wirt­schafts­po­li­ti­sche Rah­men­be­din­gun­gen, hohe Ener­gie- und Roh­stoff­prei­se, der Fach­kräf­te­man­gel und eine schwa­che Nach­fra­ge im In- und Aus­land bela­sten vie­le unse­rer Unter­neh­men immer stär­ker“, warnt Wolf­ram Brehm, Haupt­ge­schäfts­füh­rer der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth. „Beson­ders bedenk­lich ist aus mei­ner Sicht, dass die bun­des­deut­sche und euro­päi­sche Wirt­schafts­po­li­tik zuneh­mend als Pro­blem gese­hen wer­den. Die Poli­tik muss der Wirt­schaft hel­fen und darf sie nicht hemmen“

Berei­te­ten bis Mit­te ver­gan­ge­nen Jah­res die Ener­gie- und Roh­stoff­prei­se den Unter­neh­men mit Abstand die größ­ten Sor­gen, lie­gen die wirt­schafts­po­li­ti­schen Rah­men­be­din­gun­gen als Risi­ko­fak­tor inzwi­schen gleich­auf. „Zwei Drit­tel der befrag­ten Unter­neh­men sehen in den Rah­men­be­din­gun­gen inzwi­schen einen Risi­ko­fak­tor für die wei­te­re Ent­wick­lung des eige­nen Unter­neh­mens“, warnt Dr. Micha­el Waas­ner, Prä­si­dent der IHK für Ober­fran­ken Bayreuth.

Aktu­el­le Lage ver­schlech­tert sich

Der Abwärts­trend bei der Beur­tei­lung der Wirt­schafts­la­ge setzt sich wei­ter fort. Doch wäh­rend im Herbst 2023 die Lage im Sal­do noch posi­tiv bewer­tet wur­de, ist dies zum Anfang des Jah­res nicht mehr der Fall. Zuletzt wur­de die aktu­el­le Wirt­schafts­la­ge im Janu­ar 2010 wäh­rend der Euro- und Finanz­kri­se ähn­lich schlecht beur­teilt, sieht man von den Lock­downs wäh­rend der Coro­na­kri­se ab.

Dabei unter­schei­det sich die Lage in den ein­zel­nen Wirt­schafts­zwei­gen. Wäh­rend Bau­ge­wer­be, Ein­zel­han­del und vor allem der Dienst­lei­stungs­sek­tor die aktu­el­le Lage posi­tiv beur­tei­len, über­wie­gen in Groß­han­del, Indu­strie und Tou­ris­mus die Negativeinschätzungen.

Die schwä­cheln­de Bin­nen­kon­junk­tur trifft dabei auf eine rück­läu­fi­ge Aus­lands­nach­fra­ge. Von die­ser Ent­wick­lung sind alle Welt­re­gio­nen betrof­fen, vor allem aber die wich­ti­gen Absatz­märk­te in Chi­na und der EU.

Erwar­tun­gen blei­ben frostig

Noch ein gan­zes Stück pes­si­mi­sti­scher fal­len die Pro­gno­sen aus. Nur 15 Pro­zent der befrag­ten Unter­neh­men rech­nen in den kom­men­den zwölf Mona­ten mit einer Ver­bes­se­rung der Geschäfts­la­ge, 35 Pro­zent erwar­ten eine Ver­schlech­te­rung. „Die Erwar­tun­gen blei­ben in allen Wirt­schafts­zwei­gen im Kel­ler, beson­ders nega­tiv fal­len dabei Groß- und Ein­zel­han­del sowie Tou­ris­mus auf“, so Brehm.

Dass die Erwar­tun­gen der­art fro­stig aus­fal­len, ist vor allem den sich lee­ren­den Auf­trags­bü­chern geschul­det: 39 Pro­zent mit einer nega­ti­ven Erwar­tung ste­hen gera­de ein­mal 17 Pro­zent gegen­über, die auf ein Umsatz­plus im Inland hof­fen. Beson­ders pes­si­mi­stisch bei Auf­trä­gen und Umsatz sind dabei Bau­ge­wer­be, Ein­zel- und Groß­han­del sowie Tourismus.

Dr. Waas­ner: „Auch die Expor­te befin­den sich regel­recht im Sink­flug.“ Vor allem für die Euro­zo­ne und Chi­na fal­len die Erwar­tun­gen nega­tiv aus. Ledig­lich auf dem nord­ame­ri­ka­ni­schen Markt rech­nen die Unter­neh­men mit einer leich­ten Belebung.

Rück­läu­fi­ge Inve­sti­ti­ons­nei­gung und Beschäftigtenplanung

Ver­schlech­ter­te Rah­men­be­din­gun­gen auf der einen und eine schwä­cheln­de Nach­fra­ge auf der ande­ren Sei­te füh­ren auch zu einer rück­läu­fi­gen Inve­sti­ti­ons­nei­gung der ober­frän­ki­schen Wirt­schaft. Nur 17 Pro­zent der Unter­neh­men wol­len mehr inve­stie­ren als im Vor­jahr, 29 Pro­zent wol­len ihre Inlands­in­ve­sti­tio­nen dage­gen zurück­fah­ren. Hin­zu kom­men wei­te­re 26 Pro­zent, die gar kei­ne Inve­sti­tio­nen pla­nen. „Sonn­tags­re­den brin­gen Unter­neh­men nicht dazu, mehr zu inve­stie­ren. Das schaf­fen nur posi­ti­ve und ver­läss­li­che Rah­men­be­din­gun­gen“, macht Brehm deutlich.

Auch die Beschäf­tig­ten­pla­nun­gen für das Jahr 2024 las­sen den Ernst der Lage erken­nen. Nur noch 10 Pro­zent der Betrie­be pla­nen mit einem Beschäf­tig­ten­auf­bau. Von einer Redu­zie­rung des Per­so­nal­be­stan­des geht hin­ge­gen ein Vier­tel aller Unter­neh­men aus. Damit könn­te sich der leich­te Beschäf­tig­ten­rück­gang des Vor­jah­res verstetigen.

Ein Plä­doy­er für weni­ger Stopp- und mehr Vorfahrtsschilder

„Wir haben in Deutsch­land über­durch­schnitt­lich hohe Ener­gie- und Arbeits­ko­sten. Umso wich­ti­ger ist es, dass wir unse­re Wett­be­wer­ber bei allen ande­ren beein­fluss­ba­ren Fak­to­ren abhän­gen, allem vor­an bei der Büro­kra­tie“, so Brehm.

Um wel­che Aspek­te es geht, macht Dr. Waas­ner deut­lich: „Mehr als alles ande­re brau­chen wir ver­läss­li­che poli­ti­sche Rah­men­be­din­gun­gen. Es reicht mit poli­ti­schem Aktio­nis­mus, deut­schen Allein­gän­gen und die unter­neh­me­ri­sche Initia­ti­ve fes­seln­der – oft vor­beu­gen­der – Ver­bots­po­li­tik sowie über­bor­den­der Büro­kra­tie. Ohne eine grund­le­gen­de Kurs­kor­rek­tur wer­den wir bei der inter­na­tio­na­len Wett­be­werbs­fä­hig­keit kei­nen Boden gut machen kön­nen. “ Dr. Waas­ner und Brehm plä­die­ren aber auch für eine bes­se­re Zusam­men­ar­beit von Poli­tik, Ver­wal­tung und Wirt­schaft, einen ech­ten „Pakt für Deutschland“.