Ver­an­stal­tung „für Demo­kra­tie“ in Gräfenberg

Ver­an­stal­tung „für Demo­kra­tie“ in Grä­fen­berg am 26.01.2024: Rede­ma­nu­skript Stadt­rat und Kreis­rat Mat­thi­as Striebich

- Es gilt das gespro­che­ne Wort -

Herz­li­chen Dank an alle, die hier sind, um sich für Demo­kra­tie stark zu machen! Dan­ke, dan­ke, danke!

Dan­ke an den Posau­nen­chor und alle Red­ne­rin­nen und Red­ner. Beson­de­rer Dank an Karin Bern­hardt. Ohne die Initia­ti­ve von ihr, Micha­el Helm­brecht und Micha­el Stö­ßen­reu­ther hät­te es vor 17 Jah­ren den erfolg­rei­chen Wider­stand der Stadt Grä­fen­berg gegen die Nazis nicht gegeben.

Wir ste­hen heu­te hier, weil Demo­kra­tie in Gefahr ist und weil sie uns wich­tig ist. Dabei wis­sen wir, dass sie oft anstren­gend ist. Demo­kra­tie lebt vom Rin­gen um die beste Lösung, vom Aus­tausch zwi­schen ganz unter­schied­li­chen Inter­es­sen, von der Dis­kus­si­on, auch vom Streit und von Kom­pro­mis­sen. Das ist nicht immer ein­fach und bie­tet Angriffs­punk­te. Schon die Nazis der 1930er Jah­re mach­ten aus ihrer Gering­schät­zung für den Par­la­men­ta­ris­mus kei­nen Hehl und dif­fa­mier­ten die Par­la­men­te als „Plau­der­stu­ben“.

Heu­te wer­den erneut demo­kra­ti­sche Ent­schei­dungs­pro­zes­se und rechts­staat­li­che Ver­fah­ren ver­ächt­lich gemacht. Las­sen wir das nicht zu! Las­sen wir uns nicht aus­ein­an­der­di­vi­die­ren! Demo­kra­ti­sche Par­tei­en strei­ten unter­ein­an­der über Lösungs­we­ge, aber sie sind weder Fäl­le für den Psych­ia­ter noch Hauptgegner.

Die Fein­de der Demo­kra­tie, das sind unse­re gemein­sa­men Hauptgegner!

Wir haben hier in Grä­fen­berg Erfah­run­gen gesam­melt mit ihnen und wir sind zu Recht stolz dar­auf, dass wir sie vor 17 Jah­ren los­ge­wor­den sind. Hier am Markt­platz waren sie, dort hin­ten sind sie vor­bei­ge­lau­fen, hier haben sie absur­de Mahn­wa­chen abge­hal­ten. Damals oute­ten sie sich ganz offen als Anhän­ger der alten Nazis und zogen mit schwarz-weiß-roten Reichs­fah­nen, Sprin­ger­stie­feln, Fackeln und Trans­pa­ren­ten in alt­deut­scher Schrift an uns vor­über. Man konn­te sie durch­aus als Witz­fi­gu­ren sehen, wenn auch als gefähr­li­che Witzfiguren.

Das Bild hat sich heu­te gewan­delt: Sie geben sich eine bür­ger­li­che Fas­sa­de mit Anzug und Kra­wat­te, sind blau statt braun, benut­zen miss­bräuch­lich schwarz-rot-gold statt schwarz-weiß-rot, aber ihre Ver­ach­tung für Men­schen­rech­te und Demo­kra­tie ist geblie­ben und sie sind des­we­gen nicht weni­ger gefähr­lich! Sie sit­zen in fast allen Land­ta­gen, im Bun­des­tag und errei­chen in Umfra­gen der­zeit bun­des­weit den zwei­ten Platz, in eini­gen Bun­des­län­dern sogar den ersten Platz. Noch schlim­mer: Sie beein­flus­sen die Schwer­punk­te der poli­ti­schen Agen­da inzwi­schen maß­geb­lich. In der Migra­ti­ons­fra­ge wer­den mas­si­ve Ein­schrän­kun­gen der vom Grund­ge­setz garan­tier­ten Rech­te dis­ku­tiert und in einer Situa­ti­on, wo Kli­ma­wan­del und Krie­ge uns alle bedro­hen und größ­te Auf­merk­sam­keit erfor­dern wür­den, wer­den so „wich­ti­ge“ Ent­schei­dun­gen getrof­fen wie Sprach­ver­bo­te zu erlassen.

Aber damit nicht genug: Die Fein­de der Demo­kra­tie haben unter ande­rem bewaff­ne­te Umsturz­plä­ne geschmie­det. Sie tref­fen sich zu einem „Geheim­tref­fen“, das in Wirk­lich­keit kaum geheim ist, und bespre­chen mit Mit­glie­dern einer soge­nann­ten „Wer­te­uni­on“ dreist ihre Phan­ta­sien von Depor­ta­tio­nen und Säu­be­run­gen der Gesellschaft.

Ange­sichts des­sen wäre der Satz „Weh­ret den Anfän­gen!“ eine Beschö­ni­gung – es hat längst ange­fan­gen! Es ist nicht fünf vor, son­dern eher zehn nach zwölf. Lasst uns die Demo­kra­tie ver­tei­di­gen! Wir haben die Nazis hier in Grä­fen­berg schon ein­mal erfolg­reich ver­jagt. Das muss und wird uns in Deutsch­land wie­der gelin­gen! Ich bin froh, dass wir in Grä­fen­berg dafür heu­te klar Far­be beken­nen. Noch­mals Dan­ke an alle, die da sind und par­tei­über­grei­fend sagen: „Nie wie­der ist jetzt!“

Mat­thi­as Striebich
Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der Bünd­nis 90 / Die Grünen