Neu­aus­rich­tung des Kli­ni­kums Fich­tel­ge­bir­ge in Wunsiedel

Kornelia Schaffhauser
Kornelia Schaffhauser

Inter­view mit der Gesund­heits­be­auf­trag­ten des Land­krei­ses, Kor­ne­lia Schaffhauser

Frau Schaff­hau­ser, die Ent­schei­dung für die Neu­aus­rich­tung ist rund vier Wochen alt. Wie beur­tei­len Sie die Ent­wick­lung bis hierhin?

Ich bin mit der Ent­schei­dung und der aktu­el­len Situa­ti­on sehr zufrie­den. Die Ent­schei­dung ist von einer über­wäl­ti­gen­den Mehr­heit der Men­schen im Land­kreis posi­tiv auf­ge­nom­men wor­den. Ledig­lich eine klei­ne Grup­pe übt Kri­tik, die ist aller­dings sehr laut und wird des­halb öffent­lich stark wahr­ge­nom­men. Die­se Geräusch­ku­lis­se darf aber nicht dar­über hin­weg­täu­schen, dass die mei­sten Bür­ge­rin­nen und Bür­ger im Land­kreis die Not­wen­dig­keit ver­stan­den haben, die­sen Kurs­wech­sel zu voll­zie­hen, um unse­rem Kli­ni­kum über­haupt die Chan­ce auf einen Fort­be­stand zu sichern. Ins­ge­samt wür­de ich mir für die näch­sten Wochen wün­schen, dass wir uns alle auf die Fak­ten kon­zen­trie­ren, anstatt mit unnö­ti­ger Pole­mik Äng­ste bei den Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten zu schüren.

Als Gesund­heits­be­auf­trag­te des Land­krei­ses liegt Ihr Fokus auf einer guten und flä­chen­decken­den, medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung. Wie fügt sich in die­sem Zusam­men­hang die Umstruk­tu­rie­rung des Kli­ni­kums Fich­tel­ge­bir­ge ein?

Ich sehe hier drei posi­ti­ve Ansät­ze. Wir erhal­ten ein kom­mu­na­les Kli­ni­kum, und eine kom­pe­ten­te sta­tio­nä­re Ver­sor­gung. Wir haben zuletzt neue Abtei­lun­gen auf­ge­baut, auf die Neue­run­gen im Bereich der Kar­dio­lo­gie oder Ger­ia­trie kön­nen wir auf­bau­en. Die­se neu­en Gebie­te ermög­li­chen uns, die stei­gen­den Anfor­de­run­gen in medi­zi­ni­scher Hin­sicht zu erfül­len und das Kli­ni­kum über­haupt zu erhal­ten. In die­ser Ent­wick­lung sind wir noch nicht am Ende ange­langt, im Hin­ter­grund lau­fen zahl­rei­che Gesprä­che, die mich sehr zuver­sicht­lich machen.

Posi­tiv ist auch, dass wir vor­han­de­ne Defi­zi­te aus­bü­geln. Im ambu­lan­ten Bereich hat­ten wir Defi­zi­te, hier muss­ten wir anpacken. In Zukunft wer­den wei­te­re Krank­heits­bil­der ambu­lant the­ra­piert wer­den kön­nen und müs­sen. Dar­auf kön­nen wir uns nun bes­ser auf­stel­len. Hier müs­sen und wer­den wir Fort­schrit­te machen.

Drit­tens kön­nen wir mit der neu­en Struk­tur bes­ser neue Fach­ärz­te gewin­nen. Die­se feh­len uns seit län­ge­rem und mit den neu­en Struk­tu­ren kön­nen wir sie eher für uns inter­es­sie­ren. Der Markt ver­än­dert sich, das zei­gen uns die Gesprä­che mit unse­ren Sti­pen­dia­tin­nen. Die Medi­zin wird weib­li­cher und vie­le Ärz­tin­nen suchen nicht den Weg in die Selbst­stän­dig­keit einer eige­nen Pra­xis, son­dern genau sol­che Ange­stell­ten­ver­hält­nis­se oder Gemein­schafts­pra­xen, wie es sie in einem ambu­lan­ten Zen­trum geben wird. Die neue Struk­tur kann auch neue Ärz­tin­nen an uns bin­den. Wir sind früh dran mit der neu­en Aus­rich­tung, das kann uns hel­fen. Je frü­her wir neue Medi­zi­ner und Medi­zi­ne­rin­nen für uns inter­es­sie­ren, umso bes­ser ist das lang­fri­stig für die Gesamt­ver­sor­gung im Landkreis.

Wie wirkt sich die Struk­tur auf Zusam­men­ar­beit zwi­schen dem Kli­ni­kum und den nie­der­ge­las­se­nen Ärz­ten aus?

Betrach­te ich das Tages­ge­schäf­tes in unse­rer Haus­arzt­pra­xis in Thiers­heim, wäre es wün­schens­wert, dass sich nie­der­ge­las­se­ne Ärz­te und unser Kli­ni­kum wie­der enger ver­zah­nen. Die­ser Aus­tausch wäre für die Pati­en­ten gut und ins­ge­samt wür­de der Land­kreis damit die Gesund­heits­ver­sor­gung stär­ken. Vor­han­de­ne Poten­tia­le könn­ten bes­ser genutzt wer­den, wenn Nie­der­ge­las­se­ne und Kli­ni­ken an einem Strang zie­hen und sich selbst­ver­ständ­li­cher aus­tau­schen. Ambu­lan­te Zen­tren sind eine noch bes­se­re Basis für sol­che Kooperationen.

Was bedeu­tet das neue Kon­zept für die Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter aus Ihrer Sicht?

Auch hier über­wie­gen die posi­ti­ven Signa­le deut­lich und das freut mich sehr. Denn unser Kli­ni­kum ist ein wich­ti­ger Arbeit­ge­ber im Land­kreis und wird es auch blei­ben. Ich habe Signa­le aus dem Kli­ni­kum bekom­men, dass sich der Löwen­an­teil der Beschäf­tig­ten zum neu­en Modell bekannt haben. Ich wer­te das als abso­lu­ten Glücks­fall, dass „unse­re“ Leu­te dem Kli­ni­kum erhal­ten blei­ben und auch als Bekennt­nis der Beleg­schaft zum Fest­hal­ten an einer kom­mu­na­len Trägerschaft.

Wie bewer­ten Sie die aktu­el­le Dis­kus­si­on im den Weg­fall der Not­auf­nah­me in Selb?

Ich fin­de die Dis­kus­si­on zum Teil sehr unsach­lich und pole­misch. Des­halb möch­te ich noch ein­mal die Fak­ten nen­nen. Wenn man sich vor Augen hält, dass in den Näch­ten (das wird öffent­lich lei­der immer wie­der falsch dar­ge­stellt) dort im Schnitt sie­ben Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten behan­delt wer­den, dann ist klar, dass sich das weder rech­net, noch die Not­wen­dig­keit wirk­lich vor­han­den ist. Denn aku­te und lebens­be­droh­li­che Krank­heits­bil­der wie Herz­in­fark­te oder Schlag­an­fäl­le wer­den weder am Tag noch in der Nacht über­haupt nach Selb gebracht. Lei­der wird der Bevöl­ke­rung mit fal­schen oder aus dem Zusam­men­hang geris­se­nen Aus­sa­gen hier ein fal­sches Bild sug­ge­riert. Dass bei einem Weg­fall der Not­auf­neh­me künf­tig Men­schen ster­ben wer­den, ent­spricht nicht den Tat­sa­chen und geht völ­lig an einer sach­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung mit dem The­ma vor­bei. Es ist ein unver­ant­wort­li­ches Spiel mit der Angst der Men­schen, fin­de ich. Des­halb noch ein­mal zu den Fak­ten: die bis­he­ri­ge Not­auf­nah­me ent­spricht medi­zi­nisch nicht den künf­ti­gen gesetz­li­chen Vor­ga­ben. Ein Wei­ter­be­trieb ist somit nicht mehr mög­lich und auch sinn­voll. Ich per­sön­lich möch­te auch nicht in eine Not­auf­nah­me ein­ge­lie­fert wer­den, die einem aku­ten und viel­leicht lebens­be­droh­li­chen Krank­heits­bild nicht mehr gewach­sen sein kann. Wir müs­sen hier ratio­nal aus Sicht des Pati­en­ten den­ken und zum Woh­le einer guten medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung in sol­chen Not­fäl­len jeg­li­chen Lokal­pa­trio­tis­mus außen vorlassen.

Was wür­den Sie sich für die Zukunft wün­schen?

Kurz­fri­stig wün­sche ich mir eine Kon­zen­tra­ti­on auf die Fak­ten. Ich wün­sche mir, dass wir alle gemein­sam die offen­bar reich­lich vor­han­de­ne Ener­gie statt in Dis­kus­sio­nen in eine gute und schnel­le Aus­ge­stal­tung des neu­en Modells stecken. Wir müs­sen uns bewusst sein: die­ses Modell ist aktu­ell unse­re ein­zi­ge Chan­ce. Es ist ein muti­ger Schritt, der sich aus­zah­len muss. Für die Men­schen in der Regi­on – und damit mei­ne ich die Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter und die Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten. Gelingt uns, die­se neue Struk­tur zu ent­wickeln und mit Leben zu fül­len, steht am Ende eine bes­se­re medi­zi­ni­sche Gesamt­ver­sor­gung für uns alle. Aus mei­ner Sicht bele­gen die ersten Anfra­ge und lau­fen­den Gespräch nach die­sen vier Wochen. Die Idee hat Poten­ti­al und kann funktionieren.