Die IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth erwar­tet für die regio­na­le Wirt­schaft einen har­ten Winter

Die IHK für Oberfranken Bayreuth erwartet für die regionale Wirtschaft einen harten Winter Oktober 2023
Dr. Michael Waasner, Präsident der IHK für Oberfranken Bayreuth (rechts im Bild) und Wolfram Brehm, Hauptgeschäftsführer der IHK für Oberfranken Bayreuth. Foto: IHK für Oberfranken Bayreuth

Ober­frän­ki­sche Wirt­schaft erwar­tet har­ten Winter

Bay­reu­ther IHK: Poli­tik muss Rah­men­be­din­gun­gen umge­hend verbessern

Die IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth erwar­tet für die regio­na­le Wirt­schaft einen har­ten Win­ter. Der IHK-Kon­junk­tur­kli­ma­in­dex rutscht um 18 Zäh­ler auf 91 Punk­te ab.

Hohe Kosten, stei­gen­de Zin­sen, ein schwa­cher pri­va­ter Kon­sum, die seit län­ge­rem schwä­cheln­de Inlands­nach­fra­ge und die zuneh­mend ins Stocken gera­ten­de Aus­lands­nach­fra­ge bil­den ein schwie­ri­ges Markt­um­feld für die ober­frän­ki­sche Wirtschaft.

Prä­si­dent for­dert bes­se­re Rahmenbedingungen

„Die Rah­men­be­din­gun­gen für unse­re Unter­neh­men müs­sen sich durch­grei­fend ver­bes­sern, sonst scha­den wir dau­er­haft unse­rer Wett­be­werbs­fä­hig­keit“, mahnt Dr. Micha­el Waas­ner, Prä­si­dent der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth. „Hier müs­sen auch der neu gewähl­te Baye­ri­sche Land­tag und die neue Staats­re­gie­rung schnell Akzen­te set­zen.“ Zwar beur­tei­len im Sal­do wei­ter­hin mehr Unter­neh­men Ihre aktu­el­le Geschäfts­la­ge posi­tiv, die Erwar­tun­gen ver­schlech­tern sich jedoch spür­bar, vor allem in der wich­ti­gem Leit­bran­che Industrie.

Die füh­ren­den Wirt­schafts­in­sti­tu­te haben für das lau­fen­de Jahr ihre Pro­gno­se für die Ent­wick­lung des deut­schen Brut­to­in­lands­pro­duk­tes auf ‑0,6 Pro­zent gesenkt. Die ober­frän­ki­sche Wirt­schaft kann sich die­sem Sog nicht voll­ends ent­zie­hen, behaup­tet sich aber zu Beginn des Win­ter­halb­jah­res noch recht gut. 29 Pro­zent der befrag­ten Betrie­be beur­tei­len ihre Geschäfts­la­ge gut, 21 Pro­zent nega­tiv. Der Sal­do bleibt damit zwar posi­tiv, ist aber so nied­rig, wie zuletzt im Mai 2021, also kurz nach den Corona-Lockdowns.

Den sich anbah­nen­den nega­ti­ven Kon­junk­tur­ver­lauf bekom­men zunächst das Ver­ar­bei­ten­de Gewer­be und der Groß­han­del zu spü­ren. Dort ist der Lage­sal­do bereits nega­tiv. Für Ober­fran­ken sind das kei­ne guten Nach­rich­ten, bil­det die Indu­strie doch das wirt­schaft­li­che Rück­grat der Regi­on. Posi­ti­ve Rück­mel­dun­gen kom­men vor allem aus dem Tou­ris­mus und mit Abstri­chen aus dem Dienstleistungssektor.

Umsät­ze geben auf brei­ter Front nach

„Nahe­zu alle Wirt­schafts­be­rei­che berich­ten im Sal­do von rück­läu­fi­gen Umsät­zen und das zum Teil in erheb­li­chem Umfang“, macht Wolf­ram Brehm deut­lich, Haupt­ge­schäfts­füh­rer der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth. In der Indu­strie und im Groß­han­del ver­buch­ten über die Hälf­te der Unter­neh­men Umsatz­rück­gän­ge, auch der Ein­zel­han­del ist mit über 40 Pro­zent stark betrof­fen. Abset­zen von die­sem Nega­tiv­trend kann sich vor allem der Tourismus.

Expor­te stark unter Druck

Brehm: „Die schwa­che Welt­wirt­schaft bela­stet zuneh­mend die Geschäf­te der ober­frän­ki­schen Expor­teu­re.“ War die Ein­schät­zung des Aus­lands­ge­schäf­tes im Früh­jahr noch weit­ge­hend aus­ge­gli­chen, rutscht sie im Herbst in den tief­ro­ten Bereich. Fast die Hälf­te aller expor­tie­ren­den Fir­men ver­zeich­nen zuletzt Rück­gän­ge beim Export­vo­lu­men. Betrof­fen sind alle glo­ba­len Märk­te, vor allem aber Euro­pa. „Das rela­ti­viert natür­lich auch die Lage­be­ur­tei­lung, müs­sen wir doch davon aus­ge­hen, dass die Geschäfts­la­ge bei vie­len Unter­neh­men zwar noch posi­tiv beur­teilt wird, die­se aber im Trend bereits rück­läu­fig ist“, so Brehm.

Dass die Kon­junk­tur in eine Nega­tiv­ent­wick­lung rutscht, lässt sich auch gut am Bei­spiel des Bau­ge­wer­bes zei­gen. Brehm: „Wäh­rend die aktu­el­le Geschäfts­la­ge dort noch sehr posi­tiv beur­teilt wird, ist der Auf­trags­ein­gang kom­plett ein­ge­bro­chen. Im Woh­nungs­bau etwa gibt ein Drit­tel der Unter­neh­men einen gleich­blei­ben­den, zwei Drit­tel einen rück­läu­fi­gen Auf­trags­be­stand an. Mehr Auf­trä­ge ver­zeich­net kein ein­zi­ges der befrag­ten Unternehmen.“

Erwar­tun­gen im Sinkflug

„Die Auf­trags­bü­cher wer­den spür­bar dün­ner, die Lager­be­stän­de zuneh­mend grö­ßer“, warnt der IHK-Prä­si­dent. 37 Pro­zent aller Betrie­be rech­nen in den kom­men­den Mona­ten mit einer Ver­schlech­te­rung der Geschäfts­la­ge, mit einer Ver­bes­se­rung nur 14 Pro­zent. Damit schwenkt der Sal­do ins Nega­ti­ve. Die pes­si­mi­sti­sche Pro­gno­se zieht sich durch alle Bran­chen. Beson­ders ein­ge­trübt sind die Erwar­tun­gen im Ein­zel- und Groß­han­del, dem Tou­ris­mus sowie der Baubranche

Inve­sti­ti­ons­nei­gung und Beschäf­tig­ten­pla­nun­gen gera­ten unter Druck

Wie ernst die Lage ist, zeich­net sich bei der pro­gno­sti­zier­ten nega­ti­ven Beschäf­tig­ten­ent­wick­lung ab, mit der die Indu­strie, der Han­del und die Dienst­lei­stun­gen rech­nen. Brehm: „Eigent­lich eine para­do­xe Situa­ti­on, ist der Fach­kräf­te­man­gel doch so groß wie nie zuvor.“ Bei der Indu­strie rutscht zudem der Sal­do der Inve­sti­ti­ons­pla­nun­gen im Inland in den nega­ti­ven Bereich.

Wirt­schafts­po­li­tik muss den Fuß von der Brem­se nehmen

Unter den meist­ge­nann­ten Risi­ken für die wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung der ober­frän­ki­schen Unter­neh­men befin­den sich vie­le, die vor allem von der Poli­tik beein­flusst wer­den kön­nen. Ob Ener­gie­prei­se, Fach­kräf­te­man­gel, wirt­schaft­li­che Rah­men­be­din­gun­gen oder Arbeits­ko­sten, jeweils über die Hälf­te der Befrag­ten stuft die genann­ten Punk­te als wirt­schaft­li­ches Risi­ko für den eige­nen Betrieb ein.

Plä­doy­er für eine star­ker digi­ta­li­sier­te und effi­zi­en­te­re Verwaltung

Deutsch­land ist nach Ein­schät­zung der OECD neben Argen­ti­ni­en das ein­zi­ge grö­ße­re Indu­strie­land, des­sen Wirt­schafts­lei­stung die­ses Jahr abneh­men wird. Selbst dem sank­ti­ons­be­leg­ten Russ­land wird ein Wirt­schafts­wachs­tum vor­her­ge­sagt. „Die Poli­tik auf EU‑, Bun­des- und Lan­des­ebe­ne muss end­lich die Ver­bes­se­rung der wirt­schafts­po­li­ti­schen Rah­mend­be­din­gun­gen anpacken. Wol­len wir unse­re hei­mi­sche Wirt­schaft wie­der auf die Wachs­tums­spur brin­gen, brau­chen wir ver­läss­li­che und bezahl­ba­re Ener­gie, einen kla­ren Fahr­plan für die Ener­gie­wen­de und eine Ver­wal­tung, die digi­ta­ler und effi­zi­en­ter wer­den muss. Nur so kön­nen Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren künf­tig schnel­ler erteilt wer­den. Nur so gelingt es uns, die Ener­gie­wen­de spür­bar zu beschleu­ni­gen“ macht Dr. Waas­ner deut­lich. „Die Unter­neh­men erwar­ten end­lich Lösun­gen, aber vor allem auch Planungssicherheit.“