Offe­ner Brief des Netz­werk Asyl Forch­heim an den Kreis­aus­schuss des Landkreises

leserbrief-symbolbild

Pro­test gegen die geplan­te Schlie­ßung des Sozi­al­la­dens Pack mer‚s – Gebrauch­wa­ren­hof gGmbH in Forchheim

Seit vie­len Jah­ren ist Pack mer‚s den Forch­hei­mer und den Zuge­rei­sten, den Geflüch­te­ten und den in der nach­hal­ti­gen Abfall­wirt­schaft nach Schät­ze Suchen­den ans Herz gewach­sen. Ein Sozi­al­la­den, in dem alle Sozi­al- und Ein­kom­mens­schich­ten sich begeg­nen, in dem das, was einem teu­er und wert­voll war, plötz­lich den Platz räu­men muss­te, dem Neu­em wei­chen soll­te und nun da im Regal steht. Ein Laden, in dem viel­leicht das abge­ge­ben wird, was der ver­stor­be­nen Mut­ter teu­er und lieb war und nun kei­nen Platz mehr in der Woh­nung der Kin­der fin­det. Aber es wur­de nicht in die Müll­ton­ne weg­ge­wor­fen, nicht in den Klei­der­con­tai­ner. Man gibt es bei Pack mer‚s ab und denkt dabei, viel­leicht freut sich einer über den Pul­li des Groß­va­ters oder über die Por­zel­lan­kat­zen­samm­lung der Oma.

Pack mer‚s ist nach­hal­tig, weil die Stadt und der Land­kreis so den Müll ver­mei­den. Vie­les aus dem Sor­ti­ment wäre sonst auf dem Sperr­müll oder in der Müll­ton­ne gelan­det. Das alte Fahr­rad freut viel­leicht noch einen Stu­den­ten oder eine Dame aus der Asyl­un­ter­kunft und für das neue E‑Bike ist wie­der Platz in der Gara­ge – so hilft Pack mer‚s bei­den Sei­ten, dabei bleibt die Müll­ton­ne vor­erst leer. Den gebrauch­ten, aber noch ver­wert­ba­ren Pro­duk­ten wird mit­tels Pack mer‚s eine sinn­vol­le Nut­zung zugeführt.

Abfall­wirt­schaft sozi­al und nach­hal­tig gedacht, nicht ganz ohne den Gedan­ken an den Näch­sten, der oder die es gebrau­chen kann oder gebrau­chen könn­ten. Auch die­ser Gedan­ke trägt den Wert des Sozi­al­la­dens Forch­heim – das die Spen­der auch an die Not und den B edarf den ande­ren den­ken, nicht nur an das blo­ße Los­wer­den von Din­gen, die sie nicht mehr brauchen.

Pack mer‚s ist ein poe­ti­scher Ort des Tei­lens und Wei­ter­ge­bens und eine öko­lo­gisch nach­hal­ti­ge Abfall Wirt­schaft – statt Ber­ge vom Müll zu ent­sor­gen, wer­den durch die Türe von Pack mer‚s Ber­ge von Gegen­stän­den des All­tags­be­darf in ande­re Haus­hal­te trans­por­tiert. Die Stadt und der Land­kreis haben damit einen Ort, an dem das akti­ve Schüt­zen der Res­sour­cen und der Umwelt all­täg­li­che Arbeit ist.

Der eine gibt es ab und gewinnt frei­en Platz, der ande­re freut sich über die preis­wer­te Ein­bau­kü­che, bezahl­ba­ren Kin­der­wa­gen oder eine schö­ne Kai­ser­va­se aus Bis­kuit­por­zel­lan – erschwing­lich auch für den, der gera­de neu anfan­gen muss, weil die Schei­dung, weil die Arbeits­lo­sig­keit, weil die Flucht, weil der Krieg.

Als Netz­werk Asyl Forch­heim pro­te­stie­ren wir vehe­ment gegen die geplan­te Schlie­ßung von Pack mer‚s auch weil wir genau die Kund­schaft die­ses Ladens – die Geflüch­te­ten aller Krie­ge der letz­ten Jah­re zu Pack mer‚s schicken, wenn der erste Bedarf schnell gedeckt wer­den soll. Sie hören in Pack mer‚s vie­le Spra­chen, es ist der Laden der Groß­zü­gi­gen und der Armen – auf wel­cher Sei­te, der eine oder ande­re steht, das ist nicht sel­ten ein Rätsel.

Es ist ein Laden der Ehren­amt­li­chen, die dort aus­hel­fen und die dort suchen für die, die Hil­fe brau­chen. Ein Laden, in dem die Geflüch­te­ten ihre Prak­ti­ka mach­ten, wo sie unse­re Sorg­falt im Umgang mit den Res­sour­cen, die Müll­tren­nung, den Wert von Mate­ri­al lernten.

Mit dem Beschluss Pack mer‚s zu schlie­ßen, weil wir im Land­kreis aktu­ell eine Voll­be­schäf­ti­gung haben und in Pack mer‚s kei­ne Arbeits­be­schaf­fungs­maß­nah­men durch­ge­führt wer­den kön­nen, han­deln sie wirt­schaft­lich über­legt aber im Hin­blick auf den nach­hal­ti­gen Umgang mit den Res­sour­cen, Abbau von Müll­ber­gen und eine sozi­al enga­gier­te Schnitt­stel­le, die Pack mer‚s im Gan­zen für Forch­heim und den Land­kreis dar­stellt, han­deln sie kurz­sich­tig. Statt neue Kon­zep­te zu ent­wickeln, wird das Kind mit dem Bade aus­ge­schüt­tet – viel­leicht aber in den Zei­ten, in denen sich die jun­ge Gene­ra­ti­on auf die Stra­ßen klebt in Sor­ge um ihre Zukunft und die Geflüch­te­ten unse­re neu­en Nach­barn sind – soll­ten wir sorg­sam mit so gut bewähr­ten Insti­tu­tio­nen wie Pack mer‚s umgehen.

Daher unser Appell an Sie – über­den­ken Sie bit­te die Ent­schei­dung Pack mer´s zu schlie­ßen– rech­nen Sie noch Mal durch – auch den imma­te­ri­el­len Scha­den, der ent­steht, wenn Pack mer‚s leer­ge­räumt wird. Das Kon­zept von Pack mer‚s ist rund­um sozi­al: dort wer­den Men­schen beschäf­tigt, die in der frei­en Wirt­schaft kei­ne Chan­ce auf einen Arbeits­platz haben, zur Kund­schaft gehö­ren nicht nur Men­schen mit gerin­gem Ein­kom­men auch zuneh­mend Men­schen, die Res­sour­cen scho­nen wol­len. In Pack mer‚s gibt es Repa­ra­tur­ak­tio­nen, die guten Zulauf haben, was einen Trend wider­spie­gelt und einen Wech­sel im Umgang mit Elek­tro­ge­rä­ten. In Deutsch­land ist von Armut ein zuneh­men­der Teil der Bevöl­ke­rung betrof­fen, die Ein­kaufs­mög­lich­kei­ten in Sozi­al­lä­den lin­dern die Hür­den der pri­va­ten Verarmung.

Die Tafeln kla­gen über zu wenig Spen­den, stei­gen­de Zahl der­je­ni­gen, die die Tafeln besu­chen. Auch die­ser Trend ist sicht­bar. Sozia­le Ver­ant­wor­tung ist dort zu Hau­se, wo ein Mensch für den ande­ren ein­steht – das Tei­len und Wei­ter­ge­ben der Gespen­de­ten Gegen­stän­den ist auch ein Aus­druck der Empa­thie und des Wis­sens um die Nöte oder den Bedarf des Nächsten.

Und wenn sie oder Ihre Nach­barn näch­stes Mal die Woh­nung Ihrer Eltern lee­ren müs­sen, wird es auch Ihnen weh tut, wenn der alte Pia­no­hocker in Gos­ber­ger Depo­nie abge­ge­ben wird statt zur Freu­de eines ande­ren in sei­ner Stu­be zum neu­en Leben erwacht.

Die Wah­len ste­hen vor der Tür – die Bür­ger und Bür­ge­rin­nen wol­len es glau­ben, was alle in der Öffent­lich­keit pro­kla­mie­ren: Nach­hal­tig­keit, sozia­les Enga­ge­ment, Tei­len und Inte­grie­ren – eine Gesell­schaft, die den Bedarf von Allen Ernst abwiegt, nicht nur den Bedarf nach neu­en Kon­sum­gü­tern und den Bedarf der zah­lungs­kräf­ti­gen Konsumenten.

Seit vie­len Jah­ren lei­stet Pack mer‚s eine wer­te- und wir­kungs­ori­en­tier­te sozia­le Arbeit, hilft sozia­le Pro­ble­me zu lin­dern, rich­tet sich nach den Wer­ten der Nach­hal­tig­keit – der Mensch und die Umwelt sind hier die zwei Ach­sen des Handelns.

Das Netz­werk Asyl Forch­heim appel­liert an Sie, alle Aspek­te des bis­he­ri­gen Erfol­ges und der Bedeu­tung von Pack mer‚s für die sozia­le Balan­ce und das nach­hal­ti­ge Den­ken im Umgang mit der Abfall­wirt­schaft neu zu kalkulieren.

„Tu dei­nen Mund auf für die Stum­men und für die Sache aller, die ver­las­sen sind. Tu dei­nen Mund auf und rich­te in Gerech­tig­keit und schaf­fe Recht dem Elen­den und Armen“ (Spr. 31, 8- 9). In die­sem Sin­ne pro­te­stie­ren wir als Netz­werk Asyl Forch­heim gegen die Schlie­ßung von Pack mer‚s und bit­ten unse­ren offe­nen Brief bei der Aus­schuss­sit­zung zu beachten.

Spre­che­rin­nen des Netz­wer­kes Forch­heim Asyl
Ani­ta Kern, Dr. Dona­ta Kaman, Diet­mar Denzler

1 Antwort

  1. Marita Weissig sagt:

    Fast jede Stadt und jeder Land­kreis hat ein Sozi­al­kauf­haus oder einen Laden wie „pack­mers“ und es wäre mehr als scha­de, wenn die­ser geschlos­sen wür­de. Allein der Umwelt­ge­dan­ke Müll zu ver­mei­den und die Sachen und Gegen­stän­de einer wei­te­ren Nut­zung zuzu­füh­ren ist schon toll, dass ganz neben­bei auch noch Men­schen, die sich vie­les nicht lei­sten kön­nen, hier die Mög­lich­keit haben doch das Ein oder Ande­re anzu­schaf­fen, ist ein wei­te­res Argu­ment für den Fort­be­stand und für die­se mit Sicher­heit auch wich­tig, den die mei­sten haben kein Auto, um mal schnell irgend­wo hin­zu­fah­ren und sind dar­auf ange­wie­sen, dass sich solch eine Insti­tu­ti­on am Ort befin­det. Das ist wirk­lich ein Pro­jekt für die Bür­ger die­ser Stadt: Für die einen, die noch gut erhal­te­ne Din­ge nicht mehr benö­ti­gen und die ande­ren, die sie benö­ti­gen und hier für ein paar Euro erste­hen kön­nen. Bit­te lasst pack­mers leben!!!!