Bun­des­mi­ni­ster Cem Özd­emir zu Gast im Kulm­ba­cher Schlachthof

Cem Özdemir trägt sich im Rathaus Kulmbach in das Goldene Buch der Stadt ein. ©Stadt Kulmbach
Cem Özdemir trägt sich im Rathaus Kulmbach in das Goldene Buch der Stadt ein. ©Stadt Kulmbach

Ent­wick­lung einer für Tie­re scho­nen­den Betäubungsanlage

Der Schlacht­hof Kulm­bach geht neue Wege bei der Betäu­bung von Tie­ren. Bereits im Sep­tem­ber 2019 stimm­te der Stadt­rat einer Koope­ra­ti­on mit der Bernd-Tön­nies-Stif­tung zu, die für den Kulm­ba­cher Schlacht­hof die welt­weit erste Heli­um-Betäu­bungs­an­la­ge bau­en ließ. Rund zwei Jah­re spä­ter, im Win­ter 2022 konn­ten die Anla­ge fer­tig­ge­stellt, im Schlacht­hof Kulm­bach ein­ge­baut und erste Test­ab­läu­fe ohne Tie­re vor­ge­nom­men wer­den. Dass die Ent­wick­lung einer sol­chen gänz­lich neu­en Betäu­bungs­an­la­ge auf gro­ßes Inter­es­se stößt, kann man nicht nur in der ent­spre­chen­den Fach­pres­se beobachten.

Cem Özdemir trägt sich im Rathaus Kulmbach in das Goldene Buch der Stadt ein. ©Stadt Kulmbach

Cem Özd­emir trägt sich im Rat­haus Kulm­bach in das
Gol­de­ne Buch der Stadt ein. ©Stadt Kulmbach

Auch Ver­tre­ter aus Lan­des- und Bun­des­po­li­tik ver­fol­gen die Ent­wick­lung in Kulm­bach inten­siv. So infor­mier­te sich die Baye­ri­sche Staats­mi­ni­ste­rin für Ernäh­rung, Land­wirt­schaft und For­sten im Sep­tem­ber 2021 per­sön­lich über den Fort­schritt der Anla­ge, auch die Par­la­men­ta­ri­sche Staats­se­kre­tä­rin des Bun­des­mi­ni­ste­ri­ums für Ernäh­rung und Land­wirt­schaft, Dr. Ophe­lia Nick, war bereits im Febru­ar 2022 im Kulm­ba­cher Schlacht­hof zu Gast. Und auch heu­te konn­te die Stadt Kulm­bach zusam­men mit Robert Tön­nies, der extra für die­sen Ter­min anrei­ste, einen hoch­ka­rä­ti­gen Fach­po­li­ti­ker zur Besich­ti­gung der neu­en Betäu­bungs­an­la­ge in Kulm­bach begrü­ßen: Cem Özd­emir, Bun­des­mi­ni­ster für Ernäh­rung und Land­wirt­schaft, ver­schaff­te sich per­sön­lich einen Ein­druck von der inno­va­ti­ven Ent­wick­lung im Schlacht­hof Kulmbach.

Zitat Mini­ster:

„Die Zahl der Schlacht­hö­fe hat deut­lich abge­nom­men, was zu län­ge­ren Trans­port­we­gen, Groß­be­trie­ben und weni­ger Regio­na­li­tät führt. Dem müs­sen wir ent­ge­gen­wir­ken und ins­be­son­de­re die klei­nen, regio­na­len Schlacht­hö­fe, die es gibt, unter­stüt­zen und zeit­ge­mäß fort­ent­wickeln. Dass eine Staats­se­kre­tä­rin und ein Mini­ster aus einem Haus inner­halb eines Jah­res den­sel­ben Betrieb zwei­mal besu­chen, ist eine Sel­ten­heit. Man sieht schon allein dar­an, dass der Kulm­ba­cher Schlacht­hof mit sei­nem inno­va­ti­ven Weg hin zu neu­en Betäu­bungs­me­tho­den mit Heli­um und Argon durch­aus Prio­ri­tät im Bun­des­mi­ni­ste­ri­um hat.“

Ober­bür­ger­mei­ster Ingo Lehmann:

„Dank der Unter­stüt­zung der Bernd-Tön­nies-Stif­tung kön­nen wir schon bald gänz­lich neue Wege in Sachen Tier­be­täu­bung gehen. Als Lebens­mit­tel­zen­trum ist Kulm­bach ein her­vor­ra­gen­der Stand­ort für die­se revo­lu­tio­nä­re Ent­wick­lung und mit unse­ren wei­te­ren Insti­tu­tio­nen wie den Max-Rub­ner-Insti­tut, der Kon­troll­be­hör­de für Lebens­mit­tel­si­cher­heit und Vete­ri­när­we­sen oder auch der Bun­des­an­stalt für Fleisch­for­schung kön­nen hier wun­der­ba­re Syn­er­gien in den Berei­chen For­schung, Leh­re und Schlach­tung ent­ste­hen. Hier kom­men Inno­va­ti­on, Wis­sen­schaft und tat­säch­li­che und deut­li­che Ver­bes­se­run­gen der Betäu­bungs­be­din­gun­gen für Tie­re zusam­men – in mei­nen Augen ein gro­ßer Schritt für unse­re Stadt.“

Robert Tön­nies:

„Sowohl im Inter­es­se einer art­ge­rech­ten Behand­lung der Tie­re als auch für eine best­mög­li­che Fleisch­qua­li­tät set­ze ich mich seit vie­len Jah­ren dafür ein, dass zu den gän­gi­gen Betäu­bungs­me­tho­den, also CO2-Betäu­bung und Betäu­bung mit Strom, Alter­na­ti­ven ent­wickelt wer­den. Mit den Gasen Heli­um und Argon sind jetzt zwei Betäu­bungs­we­ge gefun­den, die die Tie­re scho­nen, und auch eine bes­se­re Fleisch­qua­li­tät garan­tie­ren. Ich wün­sche mir sehr, dass der Ein­satz in der Pra­xis bald erfol­gen kann. Der Schlacht­hof Kulm­bach hat sich in die­sem Bereich gro­ße Ver­dien­ste erwor­ben. Ich hof­fe sehr, dass er vie­le Nach­ah­mer fin­den wird.“

Zur Vor­ge­schich­te:

Es ist bekannt, dass die klas­si­schen Betäu­bungs­an­la­gen, die Koh­len­stoff­di­oxyd ein­set­zen, in den Schlacht­hö­fen den Tie­ren unnö­ti­gen Stress ver­ur­sa­chen, was dann zusätz­lich zu einer schlech­te­ren Fleisch­qua­li­tät füh­ren kann. Herr Robert Tön­nies, mit 50 Pro­zent gleich­be­rech­tig­ter Mit­ei­gen­tü­mer am Tön­nies-Kon­zern, hat sich schon seit vie­len Jah­ren für eine tier­wohl­ge­rech­te und scho­nen­de Behand­lung der Tie­re ein­ge­setzt, ins­be­son­de­re hat er alter­na­ti­ve Betäu­bungs­me­tho­den zur CO2-Betäu­bung und zur Strom­be­täu­bung gefordert.

Robert Tön­nies hat die Bernd-Tön­nies-Stif­tung ins Leben geru­fen; sie ist benannt nach sei­nem Vater Bernd Tön­nies, Grün­der des Unter­neh­mens. In Geden­ken an Bernd Tön­nies hat sich die Stif­tung dem Leit­satz ver­schrie­ben, sich für das Wohl von Mensch, Tier und Umwelt zu ein­zu­set­zen. Dabei enga­giert sich die Stif­tung kon­ti­nu­ier­lich mit zahl­rei­chen Enga­ge­ments in fol­gen­den Bereichen:

· Natur‑, Umwelt und Landschaftsschutz,

· Tier­schutz und Tier­wohl ver­bun­den mit dem Bereich Wis­sen­schaft und Forschung,

· Bil­dung und Erzie­hung ver­bun­den mit dem Bereich Jugendhilfe

Moder­ne und tier­wohl­ge­rech­te, scho­nen­de Betäu­bung durch Helium

Heli­um ist ein Betäu­bungs­gas, das den Anfor­de­run­gen einer moder­nen, dem Tier­wohl ver­pflich­te­ten Betäu­bung gerecht wird; auch wenn die Kosten für die­se Betäu­bungs­art deut­lich über den Kosten für tra­di­tio­nel­le Betäu­bun­gen lie­gen. Der heu­te eme­ri­tier­te Pro­fes­sor und frü­he­re Lei­ter des Max-Rub­ner-Insti­tuts Dr. Klaus Troe­ger forsch­te lan­ge Zeit in Kulm­bach an alter­na­ti­ven Betäu­bungs­me­tho­den, die die Nach­tei­le der Koh­len­stoff­di­oxid-Betäu­bung aus­schal­ten und zu einem nar­ko­se­ähn­li­chen Ein­tritt der Betäu­bung füh­ren, wel­che die Tie­re allen­falls als sanf­tes Ein­schla­fen wahrnehmen.

Die Bernd-Tön­nies-Stif­tung hat­te 2020 Prof. Dr. Klaus Troe­ger beauf­tragt, auf Basis sei­ner For­schun­gen eine pra­xis­taug­li­che Pilot-Heli­um-Anla­ge zu kon­zi­pie­ren. Das Pilot­mo­dell soll­te dann in Kulm­bach als erste Heli­um­be­täu­bungs­an­la­ge welt­weit zum Ein­satz kom­men. Mit renom­mier­ten Anla­ge­bau­ern ist es auch gelun­gen, im Jahr 2023 eine Heli­um-Anla­ge in Kulm­bach zu bau­en. Die abschlie­ßen­de behörd­li­che Zulas­sung der Anla­ge wird im drit­ten Quar­tal 2023 erwar­tet. Aller­dings hat wegen des Ukrai­ne-Krie­ges die gerin­ge Ver­füg­bar­keit von Heli­um, das vor allem aus Russ­land kommt, dazu geführt, dass ein Pra­xis­ein­satz trotz Rück­ge­win­nungs­tech­nik auf Sicht nicht mög­lich sein wird. Sobald Heli­um wie­der zur Ver­fü­gung steht, kann die Anla­ge in den Betrieb gehen.

Argon als denk­ba­re Alter­na­ti­ve zu dem nicht ver­füg­ba­ren Helium

Aus die­sem Grund befasst sich die Bernd-Tön­nies-Stif­tung nun damit, Argon als Betäu­bungs­gas ein­zu­set­zen. Argon ist im Gegen­satz zu Heli­um mit rd. 1% in der Luft ver­füg­bar und aus die­ser zu gewin­nen. Argon ist durch EU-Richt­li­nie als Betäu­bungs­gas zuge­las­sen. Auch mit Argon wird eine tier­wohl­ge­rech­te, richt­li­ni­en­kon­for­me Betäu­bung mög­lich sein. Aus die­sem Grund wird aktu­ell die klei­ne Kulm­ba­cher CO2-Anla­ge auf Argon umge­rü­stet. Die Betriebs­ge­neh­mi­gung (als ein­fa­che Ände­rung einer bestehen­den Anla­ge) wur­de im Som­mer 2023 bean­tragt, steht aber noch aus. Zur Erhö­hung der Wirt­schaft­lich­keit soll als zwei­ter Schritt eine Argon­rück­ge­win­nungs­an­la­ge ent­wickelt wer­den, was tech­nisch in der Betäu­bung ein abso­lu­tes Novum dar­stellt. Für den Pra­xis­ein­satz wird dazu nach dem Abschluss der Kon­zep­ti­ons­ar­bei­ten ein eige­ner Geneh­mi­gungs­an­trag gestellt werden.

Die Bernd-Tön­nies-Stif­tung geht heu­te davon aus, dass die Argon-Betäu­bung in Kulm­bach im drit­ten Quar­tal tech­nisch ein­satz­fä­hig ist und nach den not­wen­di­gen Test­läu­fen zum Jah­res­wech­sel 2023/2024 in den Regel­be­trieb genom­men wer­den kann.