Kuri­os: Dorf­la­den­box in Obern­sees darf sonn­tags nicht öffnen

Bei der Infoveranstaltung zur Dorfladenbox in Obernsees v.li. Heimatentwicklerin Marion Deinlein, Vorsitzende der Frauen-Union Hummelgau und Kreisrätin Sabine Habla, CSU-Landtagskandidat Franc Dierl, Dorfladenbox-Betreiber Julius Stintzing und CSU-Bundestagsabgeordnete Silke Launert Foto: Adriane Lochner / HeimatUnternehmen Bayern.
Bei der Infoveranstaltung zur Dorfladenbox in Obernsees v.li. Heimatentwicklerin Marion Deinlein, Vorsitzende der Frauen-Union Hummelgau und Kreisrätin Sabine Habla, CSU-Landtagskandidat Franc Dierl, Dorfladenbox-Betreiber Julius Stintzing und CSU-Bundestagsabgeordnete Silke Launert Foto: Adriane Lochner / HeimatUnternehmen Bayern

Appell für Sonn­tags­ver­käu­fe: Hei­mat­un­ter­neh­mer und Dorf­la­den­box-Betrei­ber Juli­us Stint­zing for­dert neue Rege­lung für „begeh­ba­re Automaten“

Seit Sams­tag, 22. Juli, ist die auto­ma­ti­sche Dorf­la­den­box in Obern­sees in Betrieb. Der Umsatz ist gut, könn­te aber noch bes­ser sein, wenn der unbe­mann­te Regio­nal­la­den auch sonn­tags öff­nen dürfte.

„Juli­us Stint­zing hat den idea­len Stand­ort für die erste Dorf­la­den­box in Nord­bay­ern gefun­den und damit eine wich­ti­ge Ver­sor­gungs­lücke geschlos­sen“, sag­te Sabi­ne Hab­la, Vor­sit­zen­de der Frau­en­uni­on Hum­mel­gau und Bay­reu­ther Kreis­rä­tin, bei einer Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung über die neue Dorf­la­den­box. Am Ther­men­park­platz in Obern­sees kau­fen nicht nur die Bewoh­ner der umlie­gen­den Ort­schaf­ten ein, son­dern auch die Besu­cher der Ther­me Obern­sees sowie die Gäste der Feri­en­woh­nun­gen und des Wohn­mo­bil­stell­plat­zes. Unter­neh­mer Juli­us Stint­zing bestä­tigt: „Vor allem sonn­tags ist die Nach­fra­ge sehr groß. Die Kun­den ver­ste­hen nicht, war­um der per­so­nal­lo­se Laden nicht öff­nen darf.“ Grund ist das Laden­schluss­ge­setz, das den Sonn­tags­ver­kauf ver­bie­tet. Aller­dings gibt es Aus­nah­men. Ver­kaufs­au­to­ma­ten dür­fen an Sonn- und Fei­er­ta­gen öff­nen, wie zum Bei­spiel der Auto­ma­ten­ki­osk in der Bay­reu­ther Innen­stadt. „Die Dorf­la­den­box darf das nicht, weil sie als ‚digi­ta­ler Kleinst­la­den‘ defi­niert ist. Sie ist aber ohne Per­so­nal und voll­au­to­ma­ti­siert und müss­te daher als ‚begeh­ba­rer Auto­mat‘ gel­ten“, erklärt Stint­zing. Das Kon­zept der Dorf­la­den­box sei so inno­va­tiv, dass es noch kei­ne gesetz­li­che Rege­lung zur Sonn­tags­fra­ge gebe.

Aus­nah­me­ge­neh­mi­gung für vier Sonn­ta­ge im Jahr

Zwar hat die Gemein­de Mistel­gau Anfang August eine Aus­nah­me­ge­neh­mi­gung erteilt, so dass der Dorf­la­den auch wäh­rend des monat­li­chen Ther­men­mark­tes öff­nen darf, aber das sind nur vier Sonn­ta­ge im Jahr. „Damit geben wir uns noch nicht zufrie­den“, betont Juli­us Stint­zing. Zum einen will er im Mistel­gau­er Gemein­de­rat eine gene­rel­le Sonn­tags­öff­nung bean­tra­gen, zum ande­ren müs­se das Laden­schluss­ge­setz ange­passt wer­den. Dazu rich­te­te er einen Appell an den Baye­ri­schen Land­tag und lud poli­ti­sche Ver­tre­ter aus der Regi­on und dar­über hin­aus zu einer Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung ein. Dar­un­ter auch CSU-Land­tags­kan­di­dat Franc Dierl. Er zeig­te sich begei­stert von der Idee, moder­ne Ein­kaufs­mög­lich­kei­ten im länd­li­chen Raum zu för­dern: „Es ist wich­tig, neue Wege der Direkt­ver­mark­tung in der Regi­on vor­an­zu­trei­ben“. Die Zukunft lie­ge in regio­na­len Wert­schöp­fungs­ket­ten, um die hei­mi­sche Pro­duk­ti­on zu stär­ken und Ver­sor­gungs­eng­päs­se wie wäh­rend der Pan­de­mie zu ver­mei­den. Inno­va­ti­ve Ver­sor­gungs­lö­sun­gen wie die Dorf­la­den­box müss­ten daher poli­tisch unter­stützt wer­den, dafür wol­le er sich im Land­tag einsetzen.

Bun­des­re­gie­rung plant Bud­get­kür­zung für länd­li­chen Raum

Soll­te sich das Kon­zept lang­fri­stig als wirt­schaft­lich trag­fä­hig erwei­sen, will Betrei­ber Juli­us Stint­zing wei­te­re Dorf­la­den­bo­xen auf­stel­len. Auf­grund der optisch anspre­chen­den Gestal­tung wäre dies auch in Orts­zen­tren denk­bar. Gera­de im länd­li­chen Raum, wo Super­märk­te nur mit dem Auto erreich­bar sind, klafft eine gro­ße Ver­sor­gungs­lücke. Sie könn­te mit die­ser ver­gleichs­wei­se kosten­gün­sti­gen, unbe­mann­ten Lösung geschlos­sen wer­den. „Klei­ne Pro­jek­te kön­nen gro­ße Wir­kung haben“, erklär­te die ober­frän­ki­sche Hei­ma­t­ent­wick­le­rin Mari­on Deinlein. Im Auf­trag der Baye­ri­schen Ver­wal­tung für Länd­li­che Ent­wick­lung spürt sie Men­schen mit inno­va­ti­ven Ideen auf und unter­stützt sie bei ihren Vor­ha­ben. Doch der­zeit ist die Finan­zie­rung vie­ler Pro­jek­te gefährdet.

Die CSU-Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Sil­ke Lau­nert erklärt, war­um: „Die Bun­des­re­gie­rung will im kom­men­den Jahr die Mit­tel für den länd­li­chen Raum dra­stisch kür­zen. Das ist das Gegen­teil von Wert­schöp­fung und trägt mit Sicher­heit nicht dazu bei, gleich­wer­ti­ge Lebens­ver­hält­nis­se in Stadt und Land zu errei­chen! Das könn­te vie­ler­orts das Aus für die Regio­nal­för­de­rung bedeuten.“

Laut Lothar Wink­ler, Lei­ter des Amtes für Länd­li­che Ent­wick­lung (ALE) in Bam­berg, wür­den Ober­fran­ken bald 30 bis 35 Pro­zent der För­der­mit­tel feh­len. Der­zeit hat das ALE einen Bewil­li­gungs­stopp ver­hängt, bis im Herbst klar ist, in wel­cher Höhe die Mit­tel tat­säch­lich gekürzt wer­den. Betrof­fen ist unter ande­rem die Sanie­rung des alten Schul­ge­bäu­des in Plan­ken­fels. Der Bun­des­haus­halt wird vor­aus­sicht­lich im Novem­ber ver­ab­schie­det. Sil­ke Lau­nert beton­te, dass sie gemein­sam mit ande­ren Abge­ord­ne­ten bei den anste­hen­den Bera­tun­gen gegen die Kür­zun­gen kämp­fen werde.