Bay­reu­ther Pro­fes­so­rin forscht zum Kin­der­raub der Nationalsozialisten

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Aner­ken­nung für im Natio­nal­so­zia­lis­mus geraub­te Kin­der: Exper­ti­se von Bay­reu­ther Pro­fes­so­rin gefragt

Prof. Dr. Isa­bel Hei­ne­mann, Lehr­stuhl­in­ha­be­rin für Neue­ste Geschich­te an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, berät die baden-würt­tem­ber­gi­sche Lan­des­re­gie­rung in Bezug auf Aner­ken­nungs­zah­lun­gen an Opfer der NS-Zwangs­ger­ma­ni­sie­rungs­po­li­tik. Ihre For­schung zum Kin­der­raub der Natio­nal­so­zia­li­sten unter­stützt die Lan­des­re­gie­rung bei der Prü­fung der Anträge.

Prof. Dr. Isa­bel Hei­ne­mann ist seit 2022 Mit­glied einer Fach­kom­mis­si­on, die vom Staats­mi­ni­ste­ri­um Baden-Würt­tem­berg ein­be­ru­fen wur­de, um eine wenig beach­te­te Facet­te der NS-Ras­sen­po­li­tik auf­zu­ar­bei­ten. Ziel ist es, eine sym­bo­li­sche Aner­ken­nung des im Rah­men von Zwangs­ein­deut­schungs­maß­nah­men erlit­te­nen Unrechts zu leisten.

Die For­schungs­schwer­punk­te von Prof. Hei­ne­mann lie­gen im Bereich Natio­nal­so­zia­lis­mus, Holo­caust und Fol­gen für die Geschich­te der euro­päi­schen Gesell­schaf­ten. Zu den geraub­ten und zwangs­ger­ma­ni­sier­ten Kin­dern forscht sie seit vie­len Jah­ren. Des­halb ist sie als Exper­tin für die Fach­kom­mis­si­on wich­tig. Die Kom­mis­si­on prüft Anträ­ge von Per­so­nen, die wäh­rend der NS-Dik­ta­tur als Kin­der oder Säug­lin­ge von den Natio­nal­so­zia­li­sten im Rah­men ihrer „Ras­sen­po­li­tik“ in den besetz­ten Gebie­ten, vor allem in Ost- und Süd­ost­eu­ro­pa, zur Ein­deut­schung ver­schleppt wur­den und die einen Bezug zum heu­ti­gen Bun­des­land Baden-Würt­tem­berg haben.

„Mei­ne Auf­ga­be in der Kom­mis­si­on war und ist es, gemein­sam mit zwei wei­te­ren Expert*innen für die Geschich­te der Ver­schlep­pung und Zwangs­ger­ma­ni­sie­rung von Kin­dern im Natio­nal­so­zia­lis­mus – Frau Dr. Doro­thee Neu­mai­er von der Fern­uni­ver­si­tät Hagen und Herrn Dr. Dr. Georg Lili­en­thal, ehe­ma­li­ger Lei­ter der Gedenk­stät­te Hada­mar – die Anträ­ge fach­lich zu prü­fen. Wo es nötig ist, holen wir zusätz­li­che Infor­ma­tio­nen zu den Schick­sa­len der Antragsteller*innen ein, u.a. in Archi­ven oder über den Such­dienst des Deut­schen Roten Kreu­zes. Wir prü­fen jeden ein­zel­nen Fall sehr aus­führ­lich, geht es doch um heu­te hoch­be­tag­te Men­schen, denen gra­vie­ren­des Unrecht wider­fah­ren ist und die teil­wei­se heu­te noch nach ihren Wur­zeln suchen. Auch bera­ten wir das Staats­mi­ni­ste­ri­um bei der Kom­mu­ni­ka­ti­on mit Betrof­fe­nen und Anfra­gen aus Poli­tik und Medi­en. Vor allem ist es schön zu sehen, dass hier lang­jäh­ri­ge For­schungs­ar­bei­ten – wenn auch in klei­nem Maß­stab – zu kon­kre­ten poli­ti­schen Hand­lun­gen füh­ren, wel­che end­lich die Men­schen und ihre Erfah­run­gen in den Mit­tel­punkt stel­len. Das war über­fäl­lig“, sagt Prof. Dr. Isa­bel Heinemann.

Kürz­lich haben zunächst fünf Betrof­fe­ne von Sei­ten des Lan­des Baden-Würt­tem­berg als Zei­chen der Anteil­nah­me eine Zah­lung von 5000 Euro erhal­ten. Das Pro­gramm bleibt wei­ter geöff­net für Antrag­stel­lun­gen. „Eine sol­che sym­bo­li­sche Zah­lung kann natür­lich das Leid, das die geraub­ten Kin­der erfah­ren haben, nicht aus­glei­chen. Trotz­dem sind wir als Kom­mis­si­on froh, dass das Land Baden-Würt­tem­berg durch die Zah­lung ein Zei­chen setzt“, sagt Hei­ne­mann. „Vie­le Antrag­stel­ler, die sich bei der baden-würt­tem­ber­gi­schen Lan­des­re­gie­rung gemel­det haben, waren in baye­ri­sche Lager ver­bracht wor­den, ins­be­son­de­re Kin­der aus Slo­we­ni­en“, sagt Hei­ne­mann. „Daher kön­nen sie lei­der aus dem Pro­gramm des Lan­des Baden-Würt­tem­berg kei­ne Lei­stung erhal­ten, da hier der regio­na­le Bezug gege­ben sein muss. Ich hof­fe sehr, dass der Schritt, den Baden-Würt­tem­berg gegan­gen ist, nun als Bei­spiel für ande­re Bun­des­län­der dient und die­se ihrer­seits sol­che sym­bo­li­schen Aner­ken­nungs­ge­sten unternehmen.“