Run­der Tisch „Arbeits­markt­in­te­gra­ti­on“ in Bay­reuth zeigt: Es gibt noch viel zu tun

Bürokratie macht die Gewinnung ausländischer Fachkräfte schwer. Foto: Innung
Bürokratie macht die Gewinnung ausländischer Fachkräfte schwer. Foto: Innung

Büro­kra­tie macht die Gewin­nung aus­län­di­scher Fach­kräf­te schwer – Run­der Tisch „Arbeits­markt­in­te­gra­ti­on“ in Bay­reuth zeigt: Es gibt noch viel zu tun – Fir­ma Rich­ter R+W Steue­rungs­tech­nik hat bereits zwei Marok­ka­ner im Team

Das Hand­werk ächzt unter dem Fach­kräf­te­man­gel. Auch im Elek­tro­hand­werk fehlt es an Per­so­nal. Was aber tun? Ist die Mög­lich­keit, Fach­kräf­te aus dem Aus­land zu bezie­hen, ein gang­ba­rer Weg? Für Rein­hard Stiegler, Geschäfts­füh­rer des Lan­des­in­nungs­ver­bands für das Baye­ri­sche Elek­tro­hand­werk, muss der Betrieb, der eine aus­län­di­sche Fach­kraft gewin­nen möch­te, genü­gend per­so­nel­le Kapa­zi­tä­ten parat haben, denn die Büro­kra­tie ist enorm. Eini­ge Fir­men wie die Fir­ma Rich­ter R + W Steue­rungs­tech­nik aus Bay­reuth gehen die­sen Weg auch schon. Bei einem run­den Tisch zu die­sem The­ma in Bay­reuth, bei dem auch Rein­hold Stiegler sowie der Ober­mei­ster der Elek­tro­in­nung Bay­reuth Bernd Zeil­mann anwe­send waren, wur­de dar­über rege diskutiert.

Zu die­sem run­den Tisch hat­te die Inte­gra­ti­ons­be­auf­trag­te der Baye­ri­schen Staats­re­gie­rung, die CSU-Land­tags­ab­ge­ord­ne­te Gud­run Bren­del-Fischer, ein­ge­la­den. Über­schrie­ben war die Ver­an­stal­tung mit dem Titel „Arbeits­markt­in­te­gra­ti­on“. Dabei kamen Ver­tre­tun­gen aus Wirt­schaft, Aus­län­der­be­hör­den, Ein­rich­tun­gen der Gesund­heits­ver­sor­gung sowie kom­mu­nal­po­li­tisch Ver­ant­wort­li­che mit­ein­an­der ins Gespräch, um gemein­sam über Her­aus­for­de­run­gen der Arbeits­markt­in­te­gra­ti­on von Geflüch­te­ten zu sprechen.

Bren­del-Fischer zieht ein gemisch­tes Fazit nach der Gesprächs­run­de: „Die Her­aus­for­de­run­gen sind viel­schich­tig: Bei­spiels­wei­se müs­sen wir zügig mehr Sprach­kur­se und Unter­stüt­zungs­maß­nah­men für Aus­zu­bil­den­de anbie­ten, sie also wäh­rend die­ser frü­hen Berufs­pha­se stär­ker beglei­ten. Dies betrifft nicht nur Geflüch­te­te, son­dern auch hier auf­ge­wach­se­ne Jugend­li­che mit schlech­ter beruf­li­cher Per­spek­ti­ve. Ein sinn­vol­ler Ansatz sind hier­bei Initia­ti­ven wie das 1+3‑Modell aus Coburg, wo jun­ge Men­schen mehr Zeit haben, im Beruf durchzustarten.“

Sie for­dert zudem, Geflüch­te­ten, denen eine Fest­an­stel­lung oder eine Aus­bil­dung in einem qua­li­fi­zier­ten Beruf in Aus­sicht gestellt wird, bis zu 24 Mona­ten Zeit zu geben, um ein Arbeits­vi­sum ein­zu­ho­len, soll­te die­ses noch nicht vor­han­den sein. „Ähn­lich wohl­wol­lend und koope­ra­tiv soll­ten wir mit Arbeit­neh­mern umge­hen, deren Berufs­an­er­ken­nung noch stockt. Nach­qua­li­fi­zie­rungs­maß­nah­men müs­sen berufs­be­glei­tend mach­bar sein, merkt Bren­del-Fischer an. „Jene, die dazu bei­tra­gen, unse­ren Arbeits­markt zu sta­bi­li­sie­ren, ohne dabei Trans­fer­lei­stun­gen zu bezie­hen, müs­sen best­mög­lich unter­stützt wer­den.“ Sie macht deut­lich: „Wir haben kei­ne Zeit zu ver­lie­ren. Nach­bes­se­rungs­be­darf herrscht hier zum Bei­spiel beim Daten­ab­gleich zwi­schen Job­cen­ter und Aus­län­der­be­hör­de. Wir brau­chen daher weni­ger Büro­kra­tie und schnel­le­re Infor­ma­ti­ons­we­ge durch mehr Digi­ta­li­sie­rung“, so die Beauftragte.

Genau das ist einer der Punk­te, an denen es hakt, bilan­ziert Rein­hard Stiegler nach dem run­den Tisch in Bay­reuth. „Wir als Elek­tro­hand­werk, auch bun­des­weit, brau­chen alle ver­füg­ba­ren Quel­len an Fach­kräf­ten. Wir müs­sen auch in der EU und in Dritt­län­dern schau­en“, gibt er zwar die Devi­se aus. „Doch wir sehen auch die Pro­ble­ma­tik.“ Der Geschäfts­füh­rer des Lan­des­in­nungs­ver­bands nennt hier eben­falls die „wahn­sin­ni­ge Büro­kra­tie.“ Den Papier­krieg kön­nen sei­nen Wor­ten zufol­ge vor allem grö­ße­re Betrie­be bestreiten.

Was für ihn noch dazu kommt, sind die Sprach­bar­rie­re und die oft feh­len­de Kom­pe­tenz. „Wir brau­chen im Hand­werk kei­ne Hel­fer, wir brau­chen qua­li­fi­zier­te Fach­kräf­te“, unter­streicht er. Zudem sei die Qua­li­fi­ka­ti­on der aus­län­di­schen Kräf­te oft nicht ein­schätz­bar. Es sei aber auch schwer, zum Bei­spiel aus Marok­ko oder Tune­si­en Azu­bis zu fin­den, die drei­ein­halb Jah­re in die Leh­re gehen und wäh­rend die­ser Zeit von der Aus­bil­dungs­ver­gü­tung leben müs­sen. Hier kon­kur­rie­re das Hand­werk stark mit der Indu­strie, wo man auch ohne Aus­bil­dung oft zeit­nah in Lohn und Brot bei vol­lem Lohn ste­he. Die Büro­kra­tie kom­me oft nicht nur von Deutsch­land, so der Geschäfts­füh­rer, son­dern sei auch im Hei­mat­land des betref­fen­den Mit­ar­bei­ters auf­wän­dig. Den­noch sagt er: „Wer sich das von der Büro­kra­tie her per­so­nell antun kann, der soll es auf alle Fäl­le pro­bie­ren – es gibt auch Posi­tiv­bei­spie­le.“ Aller­dings, die allei­ni­ge Lösung, 60.000 bis 70.000 neue Fach­kräf­te im Hand­werk zu fin­den, sei es nicht.

Zu den Posi­tiv­bei­spie­len gehört die Bay­reu­ther Fir­ma Rich­ter R+W Steue­rungs­tech­nik. Wie Mit­ar­bei­te­rin Sabi­ne Zeil­mann aus­führt, hat das Unter­neh­men der­zeit zwei Fach­kräf­te aus Marok­ko ins Team inte­griert. Wie sie sagt, ist nicht immer alles ein­fach: „Die Spra­che ist ein Pro­blem­chen. Zwar müs­sen die aus­län­di­schen Mit­ar­bei­ter ein Sprach­zer­ti­fi­kat vor­wei­sen, den­noch ist vor Ort immer alles ein wenig anders, dazu kommt noch der frän­ki­sche Dia­lekt.“ Auch die Büro­kra­tie nennt sie. „Meh­re­re Wochen“ brau­che es schon, bis der gan­ze Papier­kram erle­digt sei. Der erste Kon­takt ist nach ihren Wor­ten über die Fach­kräf­te­ein­wan­de­rungs­stel­le erfolgt. Dort half man auch mit den not­wen­di­gen Unter­la­gen. Über eine Check­li­ste sei­en die ein­zel­nen erfor­der­li­chen Doku­men­te ver­linkt gewe­sen und es habe eine Über­sicht gege­ben, was man alles braucht. „Den­noch war alles sehr umfang­reich“, blickt Sabi­ne Zeil­mann zurück. „Wenn man’s machen möch­te, soll­te man im Hin­ter­kopf behal­ten, dass es sehr zeit­in­ten­siv ist.“

In ihrer Hei­mat waren die bei­den Marok­ka­ner, Mit­te 20 und Anfang 30 Jah­re alt, bereits Elek­tro­ni­ker und Mecha­tro­ni­ker. Erste­rer bil­det sich nun in zwölf Mona­ten zum Elek­tro­ni­ker für Auto­ma­ti­sie­rungs­tech­nik wei­ter, der zwei­te Mit­ar­bei­ter in zehn Mona­ten zum Mecha­tro­ni­ker. In die Berufs­schu­le müs­sen bei­de nicht, weil sie ja schon eine in ihrem Hei­mat­land abge­schlos­se­ne Aus­bil­dung haben, wohl aber Nach­wei­se erbrin­gen und eine Art Berichts­heft füh­ren.“ Nicht immer sei es leicht, die Begrif­fe zu erklä­ren: „Manch­mal muss man mit Hän­den und Füßen reden.“ Den­noch sei es ein guter Weg, Fach­kräf­te zu gewinnen.

Dass es ohne Aus­bil­dung oft nicht geht, unter­streicht Bernd Zeil­mann, zugleich Geschäfts­füh­rer der Rich­ter R+W Steue­rungs­tech­nik als auch Ober­mei­ster der Elek­tro­in­nung Bay­reuth. „Die Moti­va­ti­on schwin­det jedoch, wenn wir unse­re Fach­kräf­te nach der Aus­bil­dung nicht hal­ten könn­ten. Kom­mu­nen und Indu­strie holen sich gut aus­ge­bil­de­te Fach­kräf­te­be­darf aus dem Hand­werk. Ener­gie­wen­de und der Pri­vat­kun­den blei­ben auf der Strecke.“ Daher müs­se die Ein­bin­dung von Migran­ten, Fach­kräf­te­zu­wan­de­rung und Aus­bil­dung im hoheit­li­chen Inter­es­se sein, an dem sich alle betei­li­gen müs­sen. „Hier­zu müs­sen die zustän­di­gen Behör­den und Ein­rich­tun­gen per­so­nell ver­stärkt und Pro­zes­se durch Digi­ta­li­sie­rung und per­sön­li­che Ansprech­part­ner ver­ein­facht wer­den“, lau­tet auch sei­ne Forderung.

Wolf­ram Brehm, Haupt­ge­schäfts­füh­rer der IHK für Ober­fran­ken, wies beim run­den Tisch dar­auf hin, dass oft­mals nicht die loka­len Behör­den an der erschwer­ten Arbeits­markt­in­te­gra­ti­on schuld sei­en, son­dern Bund und Län­der hier den Rah­men vor­ge­ben müs­sen: „Wir brau­chen in die­sem Bereich drin­gend trans­pa­ren­te­re und effi­zi­en­te­re Rege­lun­gen, um die Pro­zes­se für Arbeit­ge­ber und –neh­mer zu vereinfachen.“