Stadt­ar­chiv Bam­berg: Vom Was­ser­scha­den zur Gefrier­trock­nung – 490 Kilo­gramm durch­feuch­te­tes Archiv­gut gerettet

In Folie verpackte und auf Paletten zum Transport für die Gefriertrocknung vorbereitete Archivalien. Fotonachweis: Stadtarchiv, Melina Knobloch
In Folie verpackte und auf Paletten zum Transport für die Gefriertrocknung vorbereitete Archivalien. Fotonachweis: Stadtarchiv, Melina Knobloch

Feu­er, Schäd­lin­ge und Was­ser sind die natür­li­chen Fein­de eines Archivs. Ein Was­ser­scha­den im Stadt­ar­chiv in der Unte­ren Sand­stra­ße Mit­te ver­gan­ge­ner Woche, lies des­we­gen den Puls des Archiv­lei­ters Horst Geh­rin­ger rasch in die Höhe schie­ßen. Ursa­che war ein Defekt in der Kli­maan­lan­ge im Dach­ge­schoss. Das beim Betrieb der Anla­ge erzeug­te Kon­dens­was­ser wur­de nicht mehr rich­tig abge­lei­tet und such­te sich sei­nen Weg durch die Decken vom Dach­ge­schoss in die dar­un­ter­lie­gen­den Maga­zi­ne. Glück­li­cher­wei­se wur­de dies bei Ord­nungs­ar­bei­ten im Maga­zin rasch ent­deckt, bevor noch schlim­me­rer Scha­den ent­ste­hen konnte.

Das Immo­bi­li­en­ma­nage­ment der Stadt Bam­berg deak­ti­vier­te die Kli­ma­an­la­ge umge­hend, so dass kein wei­te­res Was­ser aus­tre­ten konn­te. Die Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter des Stadt­ar­chivs waren schnell zur Stel­le, ent­fern­ten mit spe­zi­el­len Saug­schwäm­men und ‑tüchern die Feuch­tig­keit aus den Maga­zi­nen und bar­gen rund 490 Kilo­gramm Archiv­gut mit unter­schied­li­chem Durch­feuch­tungs­grad. Die geschä­dig­ten Akten wur­den ver­packt und umge­hend nach Leip­zig zu einer Fir­ma gebracht, die u. a. auf die Gefrier­trock­nung von Unter­la­gen spe­zia­li­siert ist.

„Han­delt man bei Was­ser­schä­den an Büchern und Akten nicht rasch inner­halb weni­ger Stun­den, kann dies zu weit­rei­chen­den und teu­ren Fol­ge­schä­den füh­ren“, erklärt Horst Geh­rin­ger, Lei­ter des Stadt­ar­chivs. Die Papier­sei­ten in Buch- oder Akten­be­stän­den kle­ben zusam­men, Bin­dun­gen und Ein­bän­de ver­for­men sich. Schlim­mer aber ist die Gefahr der durch die Feuch­tig­keit begün­stig­ten Aus­brei­tung von Mikro­or­ga­nis­men wie Schim­mel­pil­zen. Die­se las­sen sich, wenn über­haupt, oft nur mit erheb­li­chem finan­zi­el­len Auf­wand repa­rie­ren. Noch gra­vie­ren­der kann die gesund­heit­li­che Gefähr­dung von Mit­ar­bei­tern und Benut­zern sein. „Durch das rasche Ein­frie­ren kann ein Fort­schrei­ten die­ses Pro­zes­ses gestoppt und die Feuch­tig­keit besei­tigt wer­den“, so Geh­rin­ger weiter.

Das beherz­te Ein­grei­fen aller an die­sem Tag anwe­sen­den Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter war ein Segen für die Stadt Bam­berg. Das Anhal­ten des Was­ser­zu­flus­ses, die Abdeckung von Rega­len, die Ber­gung und trans­port­ge­rech­te Ver­packung inkl. der Doku­men­ta­ti­on und des Abwie­gens der Unter­la­gen waren wesent­li­che Fak­to­ren für das wei­te­re Ver­fah­ren. Nur damit konn­te im Kon­takt mit ent­spre­chen­den Fir­men die Trans­port- und Gefrier­ka­pa­zi­tät ermit­telt und bereit­ge­stellt werden.

Inzwi­schen wur­den die Unter­la­gen in Leip­zig bei minus 20 Grad tief­ge­fro­ren. Danach erfolgt ein behut­sa­mes Auf­tau­en. Bei einem bestimm­ten Unter­druck wird die Feuch­tig­keit ent­zo­gen. Dabei wird der feste Zustand (Eis) unmit­tel­bar in Was­ser­dampf umge­wan­delt, der dann abge­saugt wird. Wenn alles gut geht, wer­den die rund 490 kg Archiv­gut, das ori­gi­na­les und uni­ka­les Kul­tur­gut dar­stellt, nach rund sechs Wochen wie­der aus Leip­zig zurückerwartet.

„Das Stadt­ar­chiv ist einer der Hüter unse­res kul­tu­rel­len Erbes. Ein Was­ser­scha­den birgt immer auch die Gefahr eines gro­ßen imma­te­ri­el­len Scha­dens. Ich dan­ke Horst Geh­rin­ger und sei­nen Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern im Stadt­ar­chiv, die sofort die Ärmel hoch­ge­krem­pelt und zuge­packt haben, um grö­ße­ren Scha­den zu ver­hin­dern“, zeig­te sich Kul­tur­re­fe­ren­tin Sie­ben­haar erleich­tert ange­sichts der ins­ge­samt noch eini­ger­ma­ßen glimpf­lich ver­lau­fe­nen Not­fall­si­tua­ti­on im Stadtarchiv.

Das Stadt­ar­chiv Bam­berg ist das Gedächt­nis der Stadt­ver­wal­tung und der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger. Es ist zugleich die städ­ti­sche Fach­dienst­stel­le für alle Fra­gen zur Stadt­ge­schich­te. In die Zustän­dig­keit des Stadt­ar­chivs fällt die Bewer­tung der amt­li­chen Unter­la­gen sämt­li­cher städ­ti­scher Ein­rich­tun­gen, wenn die­se Unter­la­gen nach Ablauf der recht­li­chen Auf­be­wah­rungs­fri­sten nicht mehr benö­tigt wer­den. Nach die­ser Bewer­tung ent­schei­det das Stadt­ar­chiv, ob die Unter­la­gen als archiv­wür­dig im Sin­ne des Archiv­ge­set­zes dau­er­haft archi­viert oder aber daten­schutz­kon­form ver­nich­tet wer­den. Zusam­men mit Unter­la­gen pri­va­ter Her­kunft steht das Archiv­gut für alle recht­li­chen Anfra­gen, z. B. für Recher­chen zu Gebäu­den, Ren­ten­re­cher­chen, Erben­er­mitt­lun­gen etc., aber auch für wis­sen­schaft­li­che oder hei­mat­kund­li­che Anfra­gen nach Maß­ga­be der archiv­ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten zur Verfügung.