Offe­ner Brief des Kom­pe­tenz­netz­werk Bay­ern Regio­nal an Bun­des­land­wirt­schafts­mi­ni­ster Cem Özdemir

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Kür­zun­gen im Bun­des­haus­halt 2024 bei der Gemein­schafts­auf­ga­be Agrar­struk­tur- und Küsten­schutz (GAK)

Sehr geehr­ter Herr Mini­ster Özdemir,

der vom Bun­des­ka­bi­nett am 05. Juli beschlos­se­ne Haus­halts­ent­wurf 2024 sieht weit­rei­chen­de Kür­zun­gen bei der Gemein­schafts­auf­ga­be Agrar­struk­tur- und Küsten­schutz (GAK), ein­schließ­lich der Strei­chung des Son­der­rah­men­plans Länd­li­che Ent­wick­lung vor. Dadurch wür­den die kofi­nan­zier­ten Bund-Län­der-Pro­gram­me der Länd­li­chen Ent­wick­lung auf dra­ma­ti­sche Wei­se beschnit­ten, wodurch seit vie­len Jah­ren fest eta­blier­te und – für die Her­stel­lung gleich­wer­ti­ger Lebens­ver­hält­nis­se zwi­schen Stadt und Land – essen­zi­el­le Pro­gram­me vor einem abrup­ten Ende ste­hen könnten.

In Bay­ern wer­den durch die Länd­li­che Ent­wick­lung bei­spiels­wei­se frei­wil­li­ge Zusam­men­schlüs­se von Kom­mu­nen unter­stützt, die bereits unzäh­li­ge Pilot­pro­jek­te her­vor­ge­bracht haben (z.B. inter­kom­mu­na­les Kom­pen­sa­ti­ons­ma­nage­ment). Dazu zäh­len auch die klas­si­schen Ver­fah­ren der Dorf­er­neue­rung, Flur­neu­ord­nung oder dem gemein­de­über­grei­fen­den Hoch­was­ser­schutz und Was­ser­rück­halt. Außer­dem wur­de gera­de in den letz­ten Jah­ren ver­mehrt unter der Prä­mis­se der Resi­li­enz in staat­lich aner­kann­te Öko­mo­dell­re­gio­nen, Kon­zep­te zur Innen­ent­wick­lung, sowie Pro­jek­te zum Ero­si­ons­schutz (boden:ständig) oder zur För­de­rung der Bio­di­ver­si­tät (Flur­Na­tur) initi­iert, die gera­de dabei sind, Früch­te zu tra­gen. Nicht zuletzt wer­den aus den GAK-Mit­teln die seit 2020 bestehen­den Regio­nal­bud­gets finan­ziert, bei denen gemein­wohl­ori­en­tier­te, bür­ger­schaft­lich getra­ge­ne Pro­jek­te auf bei­spiel­haft nie­der­schwel­li­ge Art geför­dert wer­den kön­nen. Die dadurch erziel­te Brei­ten­wirk­sam­keit und Bele­bung länd­li­cher Gemein­schaf­ten ist gera­de in Zei­ten zuneh­mend popu­li­sti­scher Dis­kur­se, wich­ti­ger denn je.

Die­se und vie­le wei­te­ren Instru­men­te zu Bewäl­ti­gung gesamt­ge­sell­schaft­li­cher Her­aus­for­de­run­gen in den länd­li­chen Räu­men, wer­den auch in ande­ren Bun­des­län­dern durch GAK-Mit­tel und den dazu­ge­hö­ri­gen Son­der­rah­men­plan ermög­licht. Eine Strei­chung des Son­der­rah­men­plans in Gän­ze wür­de eine Finan­zie­rungs­lücke von rund 160 Mio. Euro bedeu­ten. Gepaart mit der gleich­zei­ti­gen Kür­zung der GAK-Mit­tel hät­te kata­stro­pha­le Aus­wir­kun­gen, die bei den betrof­fe­nen Pro­jekt­trä­gern, Ver­ei­nen und Gemein­den zu Unver­ständ­nis und einem Ver­trau­ens­ver­lust in den Staat füh­ren. Schließ­lich haben zahl­rei­che Ämter auf­grund der dro­hen­den Mit­tel­kür­zun­gen hin­sicht­lich bereits ein­ge­gan­ge­ner Ver­pflich­tun­gen einen sofor­ti­gen Bewil­li­gungs­stopp ver­hän­gen müs­sen. Vor­ha­ben, die teil­wei­se über meh­re­re Jah­re, unter meist ehren­amt­lich getra­ge­nem Ein­satz auf den Weg gebracht wur­den, ste­hen von Heu­te auf Mor­gen vor dem Aus. In Zei­ten einer hohen Infla­ti­on und wach­sen­den glo­ba­len sowie natio­na­len Ver­pflich­tun­gen wird es den Län­dern nicht mög­lich sein, die Lücken aus dem Bun­des­haus­halt zu schließen.

Die länd­li­chen Räu­me in Deutsch­land sind nicht nur Wohn­raum für rund ein Vier­tel der Ein­woh­ner, sie sind zudem die Wie­ge der Nah­rungs­mit­tel­pro­duk­ti­on, Rück­zugs- und Erho­lungs­ort aller Bür­ger und Raum für unver­zicht­ba­re Ökosystemdienstleistungen.

Die Men­schen in den zahl­rei­chen Dör­fern, Gemein­den und Städ­ten des länd­li­chen Rau­mes tra­gen durch ihr Wirt­schaf­ten und den viel­fach selbst­ver­ständ­li­chen Bezug zur Natur in hohem Maß zum Gesamt­wohl­stand und den Erhalt unse­rer natür­li­chen Lebens­grund­la­gen bei.

Gera­de weil die­ser Raum kei­ne über Gebühr aus­ge­stat­te­te Lob­by hat, liegt es in Ihren Hän­den als Bun­des­mi­ni­ster für Ernäh­rung und Land­wirt­schaft, die Lei­stungs­fä­hig­keit und Lebens­qua­li­tät der länd­li­chen Räu­me zu schüt­zen, um die dor­ti­ge Bevöl­ke­rung zu befä­hi­gen, ihre zahl­rei­chen begon­ne­nen Initia­ti­ven fortzuführen.

Im Namen der im Baye­ri­schen Netz­werk „Bay­ern Regio­nal“ orga­ni­sier­ten Länd­li­chen Ent­wick­lungs­re­gio­nen bit­te ich Sie daher instän­dig, die am 05. Juli geplan­ten Haus­halts­kür­zun­gen so weit wie mög­lich abzuwenden.

Mit freund­li­chen Grüßen
Phil­ipp Herrmann
ILE-Mana­ger
Rund um die Neu­bürg – Frän­ki­sche Schweiz e.V.

1 Antwort

  1. Ferenc sagt:

    Unab­hän­gig von der Berech­ti­gung ein­zel­ner Belan­ge darf nicht igno­riert wer­den, daß der Bun­des­fi­nanz­mi­ni­ster die ein­zel­nen Res­sorts zu erheb­li­chen Kür­zun­gen ver­pflich­ten will und sie damit unter erheb­li­chen Druck setzt. Somit sind Pro­te­ste gegen beab­sich­tig­te Mit­tel­strei­chun­gen bzw. ver­wei­ger­te Finan­zie­run­gen zumin­dest auch an die Adres­se Herrn Lind­ners zu richten.