Aus der Frens­dor­fer Leser­post: „Gegen­dar­stel­lung zum Leser­brief von Dr. Atzmüller“

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„Pani­sche Angst vor der Wahrheit“

Es gehört schon ein gehö­ri­ges Maß an Arro­ganz dazu, wenn Herr Atz­mül­ler den Natio­nal­park­geg­nern klein­ka­rier­te Inter­es­sen, bemer­kens­wer­te Stur­heit oder unehr­li­ches Stör­feu­er vor­wirft. Pein­lich wird es, wenn er an die Ehr­lich­keit appel­liert und behaup­tet, dass er alle auf­ge­führ­ten Aus­sa­gen wis­sen­schaft­lich unter­mau­ern kön­ne. Offen­sicht­lich kennt er nicht ein­mal die Ergeb­nis­se der welt­be­kann­ten kana­di­schen Bio­lo­gin Prof. Dr. L. Fah­rig, die in einer umfas­sen­den Stu­die bezüg­lich des Arten­schut­zes in Wäl­dern zu dem Ergeb­nis kommt, dass es kei­ne belast­ba­ren Bewei­se für ein gene­rel­les Natur­schutz­prin­zip gibt, wel­ches den Schutz gro­ßer zusam­men­hän­gen­der Flä­chen als wert­vol­ler ein­stuft als den vie­ler klei­ner Flä­chen der glei­chen Gesamt­flä­che. Sie schreibt wei­ter „dass die­se ein­sei­ti­ge Aus­rich­tung hin zu gro­ßen zusam­men­hän­gen­den Flä­chen für den Schutz von Bio­di­ver­si­tät schäd­lich ist.“ Eine bes­se­re Bestä­ti­gung des im Stei­ger­wald prak­ti­zier­ten Tritt­stein­kon­zep­tes und eine kla­re­re Absa­ge an einen Natio­nal­park kann es nicht geben. Inso­fern war es unlängst ein wei­ser Beschluss der Bay. Staats­re­gie­rung, kei­ne wei­te­ren groß­flä­chi­gen Stilllegun­gen in bay. Wäl­dern vorzusehen.

In die­ser argu­men­ta­ti­ven Not­la­ge soll die Kli­ma­schutz­wir­kung von sich selbst über­las­se­nen Wäl­dern der Bevöl­ke­rung einen Natio­nal­park schmack­haft machen. Doch auch die­se Schutz­be­haup­tung läuft ins Lee­re, denn das in nach­hal­tig bewirt­schaf­te­ten Wäl­dern im Roh­stoff Holz gebun­de­ne CO2 kann nach der Nut­zung über Jahr­hun­der­te in aus Holz gebau­ten Ein­rich­tun­gen gespei­chert wer­den, wäh­rend es im Natur­kreis­lauf eines Natio­nal­parks ver­fault und das CO2 wie­der frei­setzt. Nam­haf­te Kli­ma­for­scher drän­gen des­halb auf mehr Holzverwendung.

Der Ver­such Atz­mül­lers, mit dem Argu­ment Ehr­lich­keit zu punk­ten, erweist sich als Eigen­tor. Denn ist es nicht unehrlich:

  • wenn der BN in den öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln der Stadt Nürn­berg mit dem Slo­gan wirbt: „Ret­tet die uralten Buchen­wäl­der im Stei­ger­wald, schützt sie vor der Säge.“ Die­se Kam­pa­gne ist des­we­gen so ver­lo­gen, weil selbst die Kreis­grup­pe Bam­berg des BN (Schrei­ben vom 15.04.2014) fest­stellt: „Im gan­zen Forst­be­trieb Ebrach (ca. 17000 ha, Anm. des Ver­fas­sers) gibt es nur noch 20 – 25ha sol­cher Alt­bu­chen­wäl­der mit einem Alter über 200 bzw. 250 Jah­ren, die seit Jahr­zehn­ten nut­zungs­frei sind.“ Dabei han­delt es sich um die Kern­zo­nen der Natur­wald­re­ser­va­te im Stei­ger­wald, die zum Teil schon vor der Natio­nal­park­dis­kus­si­on aus­ge­wie­sen wor­den waren und aus denen die regel­mä­ßig in der Pres­se kur­sie­ren­den Bil­der von star­ken Bäu­men stam­men. Beim Nor­mal­bür­ger wird der fal­sche Ein­druck erweckt, der gan­ze Stei­ger­wald hät­te einen urwald­ähn­li­chen Charakter.
  • wenn man der Öffent­lich­keit vor­ent­hält, dass es im Stei­ger­wald zu einer mas­si­ven Baum­art­ver­ar­mung kom­men wird, weil die schat­ten­er­tra­gen­de Buche öko­lo­gisch wesent­lich wert­vol­le­re Licht­baum­ar­ten wie z. B. die Eiche ver­drängt, wenn der För­ster nicht eingreift.
  • zu ver­schwei­gen, dass der Kli­ma­wan­del die Trocken­re­gi­on Unter­fran­ken, zu der auch der Stei­ger­wald gehört, hart tref­fen wird, und wir des­halb einen mas­si­ven Wald­um­bau, den ein Natio­nal­park ver­hin­dert, betrei­ben müs­sen, nicht zuletzt, weil die Buche gro­ße Flä­chen­an­tei­le ver­lie­ren wird.
  • wenn vom BN von der küh­len­den Wir­kung geschlos­se­ner Buchen­wäl­der schwa­dro­niert wird, wohl­wis­send, dass die aktu­ell gro­ßen Ver­lu­ste – gera­de in älte­ren Buchen­be­stän­den – die­sen Kro­nen­schluss unterbrechen.
  • wenn man die Aus­wei­sung eines Natio­nal­parks oder eines Welt­na­tur­er­bes damit begrün­det, dass Deutsch­land eine beson­de­re Ver­pflich­tung hät­te, die Buchen­wäl­der zu schüt­zen, wohl­wis­send, dass die feucht-küh­len kli­ma­ti­schen Ver­hält­nis­se, die die Buche braucht, sich von Deutsch­land nach Skan­di­na­vi­en ver­la­gern werden.
  • wenn öffent­lich­keits­wirk­sam in Hoch­glanz-Fly­ern das rei­che Arten­spek­trum im Stei­ger­wald zur Stim­mungs­ma­che ange­prie­sen wird, ohne zu sagen, dass die­ses ein Ergeb­nis der umsich­ti­gen Wald­be­wirt­schaf­tung nach den Grund­sät­zen des Tritt­stein­kon­zep­tes ist, die ein Natio­nal­park verbietet.
  • das Stei­ger­wald­zen­trum, in dem auf höch­stem Niveau die kom­ple­xen Zusam­men­hän­ge im Öko­sy­stem Wald leicht ver­ständ­lich dar­ge­stellt wer­den und hoch­ka­rä­ti­ge wis­sen­schaft­li­che Sym­po­si­en statt­fin­den, als Motor­sä­gen­mu­se­um zu degradieren.
  • nicht ein­zu­ge­ste­hen, dass das für einen Natio­nal­park vor­ge­se­he­ne Gebiet die gesetz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen eines räum­li­chen Zusam­men­han­ges gar nicht erfüllt und es sich um eine ver­hält­nis­mä­ßig dicht besie­del­te Regi­on mit einer hohen Stra­ßen­dich­te handelt.
  • Betre­tungs­ver­bo­te in wei­ten Tei­len eines Natio­nal­parks unter dem Deck­man­tel Besu­cher­len­kung zu kaschie­ren, ins­be­son­de­re wenn dabei auch ein Groß­teil der zum Wan­dern belieb­ten Forst­we­ge wie­der zer­stört wird.
  • die tou­ri­sti­sche Bele­bung einer Regi­on mit der Aus­wei­sung eines Natio­nal­parks zu begrün­den, wohl­wis­send, dass es nicht der dann ohne­hin nur beschränkt betret­ba­re Wald, son­dern die geschaf­fe­nen Son­der­ein­rich­tun­gen wie Baum­wip­fel­pfa­de, Wild­schau­ge­he­ge, Muse­en, Track­ing­kon­zep­te usw. sind, die die Besu­cher anlocken. Dies pas­siert auch ohne einen Nationalpark.
  • der Öffent­lich­keit die Ergeb­nis­se des Bun­des­am­tes für Natur­schutz über die ver­meint­li­che tou­ri­sti­sche För­de­rung einer Regi­on durch einen Natio­nal­park oder die schön gerech­ne­ten Zah­len aus dem Natio­nal­park Bay. Wald, die sich als Gefäl­lig­keits­gut­ach­ten ent­puppt haben, vorzuenthalten.
  • die unlängst von Prof. Knapp vor­ge­leg­te Mach­bar­keits­stu­die als Argu­ment für einen Natio­nal­park Stei­ger­wald zu wer­ten, obwohl ihr nur ein Sam­mel­su­ri­um von Feh­lern, Un- und Halb­wahr­hei­ten sowie ein Geruch von Befan­gen­heit anhaftet.
  • der Gesell­schaft die Fol­gen der Ideo­lo­gie „Natur Natur sein las­sen“ zu ver­schwei­gen, wenn vor unse­ren Augen die Natur z.B. in den bei­den Natio­nal­par­ken Harz und Bay. Wald den abge­stor­be­nen Fich­ten wie­der nur Fich­ten­mo­no­kul­tu­ren fol­gen lässt und damit die näch­ste Kata­stro­phe heraufbeschwört.
  • die Wär­me­ge­win­nung aus dem nach­wach­sen­den Roh­stoff Holz zu dis­kre­di­tie­ren, obwohl sie gegen­über Koh­le, Gas und Erd­öl bezüg­lich ihrer CO2-Emis­si­on haus­hoch über­le­gen ist.

Seit Beginn der Natio­nal­park­dis­kus­si­on lau­fen die­se Volks­ver­dum­mungs­kam­pa­gni­en, die bereit­wil­lig von einem Groß­teil der Medi­en mit­ge­tra­gen wer­den, mit dem Ziel, die Bevöl­ke­rung durch Stim­mun­gen statt Fak­ten zu beein­flus­sen. Inso­fern sind die Ergeb­nis­se von Umfra­gen, die unmit­tel­bar Betrof­fe­ne bewusst nur unter­re­prä­sen­tiert berück­sich­ti­gen und alter­na­ti­ve Kon­zep­te aus­klam­mern, im kon­kre­ten Fall nur ein Maß­stab für den Mani­pu­la­ti­ons­grad der Bevöl­ke­rung. Die jüng­ste Umfra­ge des Natio­nal­park­bünd­nis­ses sind ein Muster­bei­spiel dafür. Des­halb ist es Auf­ga­be der Poli­tik, ihre Ent­schei­dun­gen auf der Basis von Fak­ten und nicht von ver­öf­fent­lich­ten Stim­mungs­bil­dern zu treffen.

Dr. Andre­as Knorr,
Frens­dorf


Anmer­kung der Redak­ti­on: Sie­he dazu Leser­brief zum Arti­kel vom 12.07.2023 „Ver­ein Unser Stei­ger­wald e.V.: Mund­tot machen als letz­tes Argument“

1 Antwort

  1. Manfred Schötz sagt:

    Sehr geehr­te Damen und Herren,

    Herr Dr. Andre­as Knorr zeigt uns auf, wie ver­sucht wird mit Halb­wahr­hei­ten und emo­tio­na­len Argu­men­ten die Men­schen zu manipulieren.
    Dem Leser­brief von Herrn Dr. Atz­mül­ler in Sachen „Ehr­lich­keit“ ist Herr Dr. Knorr sach­lich begegnet.
    Die Schlüs­se hier­aus kann jeder selbst ziehen.

    Eines möch­te ich aber hier doch noch ergänzen.

    Herr Atz­mül­ler spricht von Ehr­lich­keit und voll­endet sei­nen Leser­brief mit den Sät­zen, ich zitiere:

    „15 Jah­re Wider­stand gegen Natur­schutz soll­te wahr­lich nicht als große
    Lei­stung ver­kauft wer­den son­dern zeugt wahr­lich von bemerkenswerter
    Stur­heit! Es gäbe bei gutem Wil­len eine gemein­sa­me Lösung für die Bürger
    vor Ort, für die Bür­ger in Bay­ern und gut im Sin­ne unse­rer Nachkommen.“

    Die Unter­stel­lung wir Stei­ger­wäl­der, die unse­ren Wald schon seit Jahr­hun­der­ten nach­hal­tig bewirt­schaf­ten, wären wegen „bemer­kens­wer­ter Stur­heit“ gegen die Natur, kommt einer Ver­leum­dung gleich!
    Ich fra­ge mich, was Herr Atz­mül­ler unter „eine gemein­sa­me Lösung“ versteht?
    Einen Nationalpark?
    Wir wol­len das bes­se­re Kon­zept für die Natur, Kli­ma und den Men­schen im Stei­ger­wald, näm­lich das wis­sen­schaft­lich aner­kann­te und aus­ge­zeich­ne­te „Tritt­stein­kon­zept“!

    Die Behaup­tung, es gäbe bei gutem Wil­len eine gemein­sa­me Lösung für die Bür­ger vor Ort .…. und gut im Sin­ne unse­rer Nach­kom­men, ist doch nur zu errei­chen, wenn man die Bür­ger vor Ort ernst nimmt;
    unter­stellt aber auch, dass wir nichts Gutes für unse­re Nach­kom­men im Sin­ne haben!

    Wer aber mit einem Bünd­nis, das bayern‑, ja sogar bun­des­weit auf­ge­stellt ist, gegen die Men­schen im Stei­ger­wald vor­geht, zeigt kei­nen guten Wil­len, sucht auch kein Gespräch, son­dern will mit aller Gewalt sein Pro­jekt durchsetzen.

    Herr Dr. Atz­mül­ler und alle Mit­glie­der vom Bünd­nis pro Natio­nal­park, es geht nicht um ein Pro­jekt, son­dern es geht um die Natur, den Kli­ma­wan­del und um unse­re Kin­der und Kindeskinder!

    Des­halb noch ein­mal mein Dank an Herrn Dr. Knorr für das schrei­ben und an „Der Neue Wie­sent­bo­te“ für die Ver­öf­fent­li­chung des Leserbriefes.