Zet­tels Refle­xio­nen: Was ist wirk­lich wirklich?

Peter Zettel
Peter Zettel

Ver­schwö­rungs­theo­rien, Eso­te­rik, Spi­ri­tua­li­tät, Phi­lo­so­phie, Welt­bil­der und Ein­sicht in die Wirk­lich­keit – Din­ge, die eini­ges mit­ein­an­der zu tun haben. Denn Ein­sicht in das Wesen der Din­ge, also die Wirk­lich­keit – davon sind sie alle über­zeugt, dass sie genau das hät­ten – die stim­mi­ge und kor­rek­te Vor­stel­lung von der Welt.

Und daher wür­den sie die Wirk­lich­keit sehen, wie sie wirk­lich ist. Die ande­ren aber wohl nicht, es sei denn, sie tei­len ihre Ansich­ten. Das mei­nen sie alle. Doch wer hat nun Recht? Und wie kann ich selbst erken­nen, was tat­säch­lich wirk­lich ist?

Doch das kön­nen sie nicht. Es gibt für jeden eine rela­ti­ve Wirk­lich­keit, über die man reden kann, etwa wie man mit dem Motor­rad eine Kur­ve idea­ler­wei­se fährt. „Mei­ne“ abso­lu­te Wirk­lich­keit, was mich die die Kur­ve fah­ren lässt, wie ich sie eben fah­re, die erfah­re nur ich, ob sie mir auch bewusst ist, ist wie­der eine ande­re Fra­ge und ob ich den Grund dafür weiß wie­der eine andere.

Das ist viel­leicht so wie bei Schrö­din­gers Kat­ze. Die Kat­ze weiß ganz genau, ob sie tot ist oder nicht, ein Außen­ste­hen­der aber eben nicht. Wäre alles ganz ein­fach, wenn das Quan­ten­pro­blem damit ver­stan­den wer­den könn­te. Das ist aber wohl etwas ande­res, denn das darf man nicht mit Nicht-Wis­sen ver­wech­seln. Ist nicht so ein­fach zu ver­ste­hen, weil ich ja mit allen Syste­men um mich her­um inter­agie­re und da tre­ten die Inter­fe­renz­phä­no­me­ne eben nicht auf – weil ich mit ihnen interagiere.

Also ganz ein­fach: Ich habe kei­ne Ahnung, was der ande­re denkt. Doch das öff­net mir noch nicht das Tor zur Erfah­rung der Mystik des Lebens, das ist eine ganz ande­re Haus­num­mer. Aber es ist schon ein­mal gut, Inter­fe­renz­phä­no­me­ne und Nicht-Wis­sen nicht in eine Schub­la­de zu packen – was die Vor­aus­set­zung dafür ist, Inter­fe­renz­phä­no­me­ne über­haupt ver­ste­hen zu können.

Jeden­falls, mei­ne Wirk­lich­keit und die des ande­ren sind grund­sätz­lich nicht iden­tisch. Wir kön­nen uns allen­falls auf eine „Wirk­lich­keit“ ver­stän­di­gen, aber ich darf nie davon aus­ge­hen, dass mei­ne Wirk­lich­keit wirk­li­cher als die des ande­ren ist. Und haben wir uns ver­stän­digt, dann heißt das noch lan­ge nicht, dass unse­re Sicht der Wirk­lich­keit wirk­lich wirk­lich ist.


Peter Zet­tel

ist pen­sio­nier­ter Anwalt. Seit ein paar Jah­ren ist er begei­ster­ter Motor­rad­fah­rer – sein per­sön­li­cher Weg der Selbst­er­kennt­nis. Er inter­es­siert sich für das, was die Welt bewegt und schreibt dar­über in sei­nem Blog zet​tel​.biz

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