Uni­ver­si­tät Bay­reuth lei­tet EU-geför­der­tes Netz­werk zu orga­ni­schen Leuchtdioden

Untersuchung einer organischen Leuchtdiode (OLED). © Rishabh Saxena
Untersuchung einer organischen Leuchtdiode (OLED). © Rishabh Saxena

High-Tech-For­schung und Nachwuchsförderung

Vor kur­zem ist das von der Uni­ver­si­tät Bay­reuth koor­di­nier­te inter­na­tio­na­le For­schungs­netz­werk „TADFs­o­lu­ti­ons“ gestar­tet. Es wird von der EU in den näch­sten vier Jah­ren mit rund 3,1 Mil­lio­nen Euro geför­dert. Ziel des Ver­bunds ist die Ent­wick­lung von Halb­lei­ter­ma­te­ria­li­en für eine neue Gene­ra­ti­on von Orga­ni­schen Leucht­di­oden (OLEDs). Die­se sol­len sich durch eine bis­her uner­reich­te Leucht­kraft und Farb­rein­heit aus­zeich­nen, wenig Ener­gie ver­brau­chen und eine deut­lich län­ge­re Lebens­dau­er als die der­zeit han­dels­üb­li­chen Leucht­di­oden besitzen.

Orga­ni­sche Leucht­di­oden haben eine Schlüs­sel­funk­ti­on für die Bild­schirm­qua­li­tät von Com­pu­tern, Tablets, Fern­seh­ge­rä­ten, Smart­phones und ande­ren High-Tech-Gerä­ten. Ein noch jun­ger For­schungs­an­satz, der als „Ther­misch akti­vier­te ver­zö­ger­te Fluo­res­zenz” (Ther­mal­ly acti­va­ted delay­ed fluo­re­s­cence, TADF) bezeich­net wird, wird es ermög­li­chen, die Leucht­kraft, Farb­rein­heit, Ener­gie­ef­fi­zi­enz und Sta­bi­li­tät von OLEDs signi­fi­kant zu stei­gern. Dabei wer­den Ener­gie­zu­stän­de, die kein Licht abstrah­len, in emit­tie­ren­de Ener­gie­zu­stän­de ver­wan­delt. Die am neu­en For­schungs­netz­werk betei­lig­ten Part­ner aus Wis­sen­schaft und Indu­strie wol­len für OLEDs Mate­ria­li­en ent­wickeln, die den bis­her ver­wen­de­ten Mate­ria­li­en hin­sicht­lich ihrer opto­elek­tro­ni­schen und phy­si­ko­che­mi­schen Eigen­schaf­ten über­le­gen sind. Zugleich sol­len die neu­en Mate­ria­li­en in flüs­si­gen Lösungs­mit­teln gelöst und anschlie­ßend wei­ter­ver­ar­bei­tet wer­den kön­nen. Lösungs­ba­sier­te Her­stel­lungs­ver­fah­ren für OLEDs ver­brau­chen weni­ger Ener­gie und sind ins­ge­samt kosten­gün­sti­ger. Zudem sind sie mit den in der Kunst­stoff­in­du­strie eta­blier­ten Pro­zes­sen ver­träg­lich, sodass die OLEDs unter ande­rem auf fle­xi­ble Trä­ger­fo­li­en aus Pla­stik auf­ge­bracht wer­den kön­nen – bei­spiels­wei­se durch Tin­ten­strahl­drucker oder Rolle-zu-Rolle-Verfahren.

„Hoch­lei­stungs­fä­hi­ge, ener­gie­ef­fi­zi­en­te und sta­bi­le Orga­ni­sche Leucht­di­oden haben ein enor­mes tech­no­lo­gi­sches und wirt­schaft­li­ches Poten­zi­al. Der glo­ba­le Wett­be­werb in For­schung und Ent­wick­lung auf die­sem Gebiet ver­schärft sich zuse­hends, wobei die Län­der des Fer­nen Ostens inzwi­schen eine domi­nie­ren­de Rol­le ein­neh­men. Euro­päi­sche Uni­ver­si­tä­ten, For­schungs­ein­rich­tun­gen und Unter­neh­men haben des­halb größ­tes Inter­es­se dar­an, in der welt­wei­ten Kon­kur­renz nicht nur wei­ter­hin mit­zu­hal­ten, son­dern – wo immer es mög­lich ist – auch einen Vor­sprung gewin­nen zu kön­nen. Hier­für bedarf es in der Che­mie, der Phy­sik und den Mate­ri­al­wis­sen­schaf­ten hoch­mo­ti­vier­ter und inno­va­ti­ver Nach­wuchs­ta­len­te, die wir in TADFs­o­lu­ti­ons umfas­send för­dern wol­len. Es geht dabei um die Ver­mitt­lung ver­tief­ter Grund­la­gen- und Anwen­dungs­kom­pe­ten­zen und um For­schungs­er­fah­run­gen im inter­na­tio­na­len Ver­bund, aber auch zur all­ge­mei­nen Per­sön­lich­keits­bil­dung unse­rer Dok­to­ran­din­nen und Dok­to­ran­den wol­len wir bei­tra­gen“, sagt die Spre­che­rin von TADFs­o­lu­ti­ons, die Bay­reu­ther Expe­ri­men­tal­phy­si­ke­rin Prof. Dr. Anna Köh­ler, die das euro­päi­sche Netz­werk maß­geb­lich initi­iert hat. Sie ver­weist dabei auf die enge Zusam­men­ar­beit mit Uni­ver­si­tä­ten in Isra­el und Japan, die sich mit ihren High-Tech-Labo­ra­to­ri­en an der Aus­bil­dung der Doktorand*innen beteiligen.

Ein neu­es Marie Sło­dows­ka-Curie Inno­va­ti­ve Trai­ning Net­work (ITN) an der Uni­ver­si­tät Bayreuth

Leuchtdiodenforschung an der Universität Bayreuth: Hervorragend ausgebildete internationale und interdisziplinäre Forschungsteams werden die OLED-Technologie weiter voranbringen. © Christian Wißler

Leucht­di­oden­for­schung an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth: Her­vor­ra­gend aus­ge­bil­de­te inter­na­tio­na­le und inter­dis­zi­pli­nä­re For­schungs­teams wer­den die OLED-Tech­no­lo­gie wei­ter vor­an­brin­gen. © Chri­sti­an Wißler

Der neue For­schungs­ver­bund wird von der Euro­päi­schen Uni­on als „Marie Sło­dows­ka-Curie Inno­va­ti­ve Trai­ning Net­work (ITN)“ geför­dert. Neun euro­päi­sche Part­ner bil­den den Kern des Netz­werks: die Uni­ver­si­tät Bay­reuth und die Uni­ver­si­tät zu Köln (Deutsch­land), die TU Eind­ho­ven und das dort ange­sie­del­te Unter­neh­men Sim­bey­ond B.V. (Nie­der­lan­de), die Uni­ver­si­ty of St. Andrews und die Dur­ham Uni­ver­si­ty (UK), die Uni­ver­si­té de Bor­deaux und das Cent­re Natio­nal de la Recher­che Sci­en­ti­fi­que in Rennes (Frank­reich) sowie die Uni­ver­si­tat de Valèn­cia (Spa­ni­en). Hin­zu kom­men neun Uni­ver­si­tä­ten, For­schungs­ein­rich­tun­gen und Unter­neh­men in Euro­pa und in Japan, die mit dem Netz­werk asso­zi­iert sind. Zu die­sen asso­zi­ier­ten Part­nern zäh­len bei­spiels­wei­se die Merck KGaA in Darm­stadt und die Baye­ri­sche For­schungs­al­li­anz GmbH (Bay­FOR) in München.

Die aus­ge­präg­te Inter­dis­zi­pli­na­ri­tät und Inter­na­tio­na­li­tät von TADFs­o­lu­ti­ons wer­den gewähr­lei­sten, dass alle Doktorand*innen stets das gesam­te Netz­werk mit sei­nen unter­schied­li­chen For­schungs­be­rei­chen im Blick behal­ten und sich nicht aus­schließ­lich auf die jeweils eige­nen For­schungs­the­men fokus­sie­ren. Grund­sätz­lich wer­den sie im Ver­lauf ihrer För­de­rung an wech­seln­den The­men und Stand­or­ten mit­ar­bei­ten, so dass sie die Vor­tei­le inno­va­ti­ver „Multistreaming“-Konzepte in der wis­sen­schaft­li­chen Zusam­men­ar­beit ken­nen­ler­nen und in spä­te­ren beruf­li­chen Tätig­kei­ten selb­stän­dig nut­zen kön­nen. Schon wäh­rend der Arbeit an ihren Pro­mo­ti­ons­pro­jek­ten erhal­ten die Doktorand*innen die Chan­ce zu eige­nen Publi­ka­tio­nen in renom­mier­ten wis­sen­schaft­li­chen Zeit­schrif­ten. Enge Kon­tak­te zu euro­päi­schen Indu­strie­part­nern machen sie mit Ver­fah­ren und Instru­men­ten des Wis­sens- und Tech­no­lo­gie­trans­fers ver­traut und ver­mit­teln ihnen fun­dier­te Ein­blicke in die Märk­te für High-Tech-Pro­duk­te, die auf Orga­ni­schen Leucht­di­oden basieren.

Das Aus­bil­dungs­kon­zept von TADFs­o­lu­ti­ons grün­det auf den Erfah­run­gen, die vie­le der betei­lig­ten Part­ner­ein­rich­tun­gen durch ihre Mit­wir­kung an frü­he­ren EU-geför­der­ten Ver­bund­pro­jek­ten gewon­nen haben. Dazu gehört auch TAD­Fli­fe, ein „Marie Sło­dows­ka-Curie Inno­va­ti­ve Trai­ning Net­work (ITN)“, das von 2018 bis 2022 von Prof. Dr. Anna Köh­ler an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth gelei­tet wur­de und sich eben­falls mit den pho­to­phy­si­ka­li­schen Pro­zes­sen in OLEDs befass­te. „Vie­le Dok­to­ran­din­nen und Dok­to­ran­den, die wir im Rah­men die­ses Vor­gän­ger­pro­jekts aus­ge­bil­det haben, sind heu­te in ver­ant­wort­li­chen Posi­tio­nen in Wis­sen­schaft und Indu­strie tätig. Sie wer­den mit ihren Kom­pe­ten­zen unse­rem TADFs­o­lu­ti­ons-Netz­werk wert­vol­le Anre­gun­gen und Impul­se geben kön­nen“, sagt die Bay­reu­ther Experimentalphysikerin.

Von TAD­Fli­fe zu TADFsolutions

Das Vor­gän­ger­pro­jekt TAD­Fli­fe hat­te das Ziel, die Abläu­fe zu ver­ste­hen, wel­che die Lebens­dau­er und Effi­zi­enz von übli­chen, aus nicht-lös­li­chen Mate­ria­li­en gefer­tig­ten OLEDs begren­zen. Mit den gewon­ne­nen Erkennt­nis­sen ist es anschlie­ßend gelun­gen, die­se Leucht­di­oden hin­sicht­lich ihrer Sta­bi­li­tät und Effi­zi­enz zu ver­bes­sern. Das neue Vor­ha­ben TADFs­o­lu­ti­ons geht dar­über hin­aus: Jetzt soll es dar­um gehen, die­se Abläu­fe in orga­ni­schen Halb­lei­ter­schich­ten zu unter­su­chen, die aus flüs­si­ger Lösung her­ge­stellt wer­den und daher eine beson­ders unge­ord­ne­te Mor­pho­lo­gie besit­zen. Das macht die zu unter­su­chen­den phy­si­ka­li­schen Vor­gän­ge kom­ple­xer, die Her­stel­lung die­ser Leucht­di­oden aber kostengünstiger.