Kulm­bach: Ober­bür­ger­mei­ster Ingo Leh­mann und Schlacht­hof­lei­ter Dirk Grühn wen­den sich mit einem Weih­nachts­schrei­ben an die Medien

Kulmbach: Oberbürgermeister Ingo Lehmann und Schlachthofleiter Dirk Grühn wenden sich mit einem Weihnachtsschreiben an die Medien Dezember 2022
Der Kulmbacher Oberbürgermeister Ingo Lehmann (l.) und Schlachthofleiter Dirk Grühn vor der neuen Betäubungsanlage im Schlachthof Kulmbach. Foto: Stadt Kulmbach

„Der Schlacht­hof Kulm­bach stand seit Mit­te 2021 immer wie­der im Mit­tel­punkt der Schlagzeilen“

In einem Weih­nachts­schrei­ben wen­den sich der Kulm­ba­cher Ober­bür­ger­mei­ster Ingo Leh­mann und Schlacht­hof­lei­ter Dirk Grühn an die Medi­en. So heißt es in der Pressemitteilung:

Sehr geehr­te Damen und Her­ren der Medien,

die anste­hen­den Fest­ta­ge und der kom­men­de Jah­res­wech­sel sind für uns will­kom­me­ner Anlass für die­sen Brief an Sie. Der Schlacht­hof Kulm­bach stand seit Mit­te 2021 immer wie­der im Mit­tel­punkt der Schlag­zei­len. Man­ches muss­ten wir akzep­tie­ren, weil es rich­tig war; in der Bericht­erstat­tung waren aber auch Ver­fäl­schun­gen und Ver­zer­run­gen zu erle­ben, die der Sache bei genau­em Hin­se­hen nicht gerecht werden.

Wir wis­sen, dass das nicht an Ihnen, den Medi­en­ver­tre­tern, liegt, son­dern an Men­schen, die sich zum Teil ohne fun­dier­te Sach­kennt­nis­se, zum Teil auch auf Basis von Vor­ur­tei­len öffent­lich nega­tiv äußern. Das fin­den wir sehr scha­de, weil hier welt­weit eine neue und ein­zig­ar­ti­ge Betäu­bungs­an­la­ge auf Heli­um­ba­sis ent­steht, die eine deut­li­che Ver­bes­se­rung für den Tier­schutz bei der Schlach­tung bedeu­tet und die des­we­gen auch eine Chan­ce ver­dient hat, fer­tig­ge­stellt in Betrieb genom­men zu wer­den, ohne dass das Pro­jekt schon im Vor­feld als untaug­lich kri­ti­siert und Ver­un­si­che­rung geschürt wird.

Wir möch­ten die­sen Brief auch nut­zen, um zu den wich­tig­sten Fra­gen und Vor­wür­fen, die in die­sem Kon­text immer wie­der öffent­lich the­ma­ti­siert wer­den, Stel­lung zu beziehen:

• Die Orga­ni­sa­ti­on des Pro­jekts: Die Bernd-Tön­nies-Stif­tung (Ach­tung, das ist die prä­zi­se Bezeich­nung, denn es gibt meh­re­re Stif­tun­gen, die den Namen „Tön­nies“ tra­gen) hat das Pro­jekt in Auf­trag gege­ben. An der Finan­zie­rung des Gesamt­pro­jek­tes (Hal­len­bau) betei­ligt sich auch die Stadt Kulm­bach. Wei­te­re For­schungs­ein­rich­tun­gen sind an der Ent­wick­lung nicht betei­ligt. Der bekann­te Vete­ri­när und Fleisch­for­scher Prof. Dr. Klaus Troe­ger aus Kulm­bach ist der gei­sti­ge Kopf die­ses Pro­jekts. Er ist pen­sio­niert und stellt dan­kens­wer­ter­wei­se sei­nen lang­jäh­ri­gen Erfah­rungs­schatz und sei­ne Kom­pe­tenz als Pri­vat­mann zur Verfügung.

• Es ist unbe­strit­ten und mit For­schungs­er­geb­nis­sen unter­mau­ert, dass Heli­um als Betäu­bungs­gas den Tie­ren ein sanf­tes „Ein­schla­fen“ ermög­licht, eine deut­li­che Ver­bes­se­rung bei den Schlach­tun­gen. Weil Heli­um teu­rer als ande­re Gase ist, wird in unse­rer Pilot­an­la­ge ein Der Ober­bür­ger­mei­ster der Stadt Kulm­bach Mecha­nis­mus ein­ge­baut, mit dem das nicht benö­tig­te Gas zurück­ge­won­nen wird und wie­der zum Ein­satz kommt. Damit redu­zie­ren wir die Men­ge des ein­ge­setz­ten Gases deut­lich und kön­nen den höhe­ren Preis kom­pen­sie­ren. Bei den übli­chen CO2-Betäu­bun­gen ver­fliegt das über­schüs­si­ge Gas.

• Fer­tig­stel­lung der Pilot­an­la­ge: Die Pilot­an­la­ge ist inzwi­schen grund­sätz­lich fer­tig­ge­stellt. Es fehlt noch der Ein­bau der Heli­um- Rück­ge­win­nung. Die­ser erfolgt bis ca. Janu­ar 2023. Im näch­sten Schritt ste­hen Pro­be­läu­fe an, um fest­zu­stel­len, ob die Anla­ge so funk­tio­niert, wie wir uns das vor­ge­stellt haben, oder ob Nach­ju­stie­run­gen, Ergän­zun­gen oder ande­re Ver­bes­se­run­gen vor­ge­nom­men wer­den müs­sen. Für die Pro­be­läu­fe, die selbst­ver­ständ­lich nur unter stren­ger Beauf­sich­ti­gung der KBLV erfol­gen, steht aus­rei­chend Heli­um zur Ver­fü­gung. Für den ord­nungs­ge­mä­ßen Regel­be­trieb ist jedoch eine gesi­cher­te Ver­sor­gung mit Heli­um unabdingbar.

Durch den Ukrai­ne-Krieg, auch die Pan­de­mie, lei­den fast alle Bran­chen der Wirt­schaft unter Lie­fer­eng­päs­sen und Lie­fer­ver­zö­ge­run­gen; man­che Pro­duk­te, wie das Heli­um, sind der­zeit am Markt nur schwer, teil­wei­se gar nicht zu bekom­men. Nie­mand kann ver­läss­lich vor­her­sa­gen, wann das wie­der der Fall sein wird. Daher hal­ten wir es auch für nicht seri­ös, Ter­mi­ne für das wei­te­re Vor­ge­hen zu nen­nen, auch wann genau die Anla­ge im Regel­be­trieb arbei­ten kann. Dass dies jedoch rela­tiv zeit­nah pas­siert, des­sen sind wir uns sicher.

• Trans­pa­renz: Ja, wir haben Trans­pa­renz zuge­sagt; und wir ver­spre­chen auch, dass wir die Öffent­lich­keit zeit­nah über die näch­sten Ent­wick­lungs­schrit­te infor­mie­ren. Man darf jedoch nicht ver­ges­sen, dass es sich um den welt­weit ersten Pro­to­ty­pen, der hier in Kulm­bach ent­steht, handelt.

Da muss vie­les aus­pro­biert und über­legt wer­den, auch Alter­na­ti­ven für ein­zel­ne Details müs­sen durch­dacht wer­den. Damit sind erfah­re­ne und hoch­kom­pe­ten­te Exper­ten beschäf­tigt; es ergibt kei­nen Sinn, sol­che Details öffent­lich zu erör­tern. Auch nam­haf­te Auto­mo­bil­her­stel­ler stel­len ihre neu­en Model­le erst der Öffent­lich­keit vor, wenn sie aus­ge­reift sind und funktionieren.

• Wer sich ein­mal mit der Bio­gra­phie und dem Namen Robert Tön­nies beschäf­tigt, der weiß, dass Herr Tön­nies ein erfolg­rei­cher Unter­neh­mer ist, der bei sei­nen zahl­rei­chen Unter­neh­mun­gen The­men wie Tier­schutz, Umwelt­schutz oder auch Schutz der Arbeit von Klein­bau­ern gegen gro­ße Lebens­mit­tel­kon­zer­ne eine gro­ße Bedeu­tung gibt; man den­ke nur an Wochenmarkt24 oder Elec­tri­fy, die er gegrün­det hat. Inso­fern ist er der beste Garant dafür, dass wir unse­re Zie­le auch mit Erfolg errei­chen. Wer das in Zwei­fel zieht, der soll­te stich­hal­ti­ge Argu­men­te auf den Tisch legen.

Drei Bot­schaf­ten oder Wün­sche wol­len wir mit die­sem Brief arti­ku­lie­ren: • Geben Sie uns eine Chan­ce, den geplan­ten Pro­to­ty­pen fer­tig­zu­stel­len, um dann mit kon­kre­ten Erfah­run­gen aus Pro­be­läu­fen zu dis­ku­tie­ren, ob wir auf dem rich­ti­gen Weg sind, ob es Alter­na­ti­ven gibt und auch wie eine belast­ba­re Kosten­rech­nung aus­sieht und wie sie sich auf den Fleisch­preis aus­wirkt. Erst mit den kon­trol­lier­ten Pro­be­läu­fen haben wir kon­kre­te Zah­len und Fak­ten vor­lie­gen, die ein fun­dier­tes Urteil zu die­sem Pro­jekt erlauben.

• Akzep­tie­ren Sie bit­te, dass wir auf­grund der all­ge­mei­nen wirt­schaft­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen kei­ne Ter­min­pla­nung machen kön­nen und daher auch kei­ne Ter­mi­ne ankün­di­gen kön­nen. Das wäre schlicht und ein­fach unseriös.

• In die­ses Pro­jekt ist bis­lang schon viel Geld geflos­sen und noch mehr pro­fun­des Vete­ri­när­wis­sen gepaart mit guter deut­scher Inge­nieurs­kunst. Wir mei­nen es mit unse­rem Pro­jekt sehr ernst. Daher wün­schen wir uns sehr, dass man uns die Ernst­haf­tig­keit und die Ziel­set­zung, mit der wir das Pro­jekt betrei­ben, ent­spre­chend abnimmt.

Und abschlie­ßend noch ein per­sön­li­ches Anlie­gen: Wir wün­schen Ihnen und Ihren Näch­sten ein fro­hes Weih­nachts­fest, erhol­sa­me Fei­er­ta­ge sowie einen guten Rutsch in ein vor allem gesun­des, glück­li­ches und jour­na­li­stisch erfolg­rei­ches neu­es Jahr. Wo wir mit Kennt­nis­sen oder Infor­ma­tio­nen etwas bei­tra­gen kön­nen, wer­den wir es ger­ne zu gege­be­ner Zeit tun.

Mit freund­li­chen Grüßen

Ingo Leh­mann (Ober­bür­ger­mei­ster)

Dirk Grühn (Schlacht­hof­lei­ter)