Neu­er Antrieb für die Elek­tro­mo­bi­li­tät: Die 4in1-E-Ach­se von Schaeff­ler in Herzogenaurach

Systementwicklung für die 4in1-E-Achse von Schaeffler. Foto: Schaeffler

Her­zo­gen­au­rach- Schaeff­ler setzt auf die Elek­tro­mo­bi­li­tät. Das zeigt das Unter­neh­men mit gleich meh­re­ren neu­en elek­tri­schen Achs­an­trie­ben (E‑Achsen). „E‑Achsen sind ein zen­tra­ler Bau­stein unse­rer Elek­tro­mo­bi­li­täts­stra­te­gie“, sagt Mat­thi­as Zink, Vor­stand Auto­mo­ti­ve Tech­no­lo­gies der Schaeff­ler AG. Bis­her wer­den dafür bis zu drei Antriebs­tei­le in einer kom­pak­ten Ein­heit zusam­men­ge­bracht. Mit der soge­nann­ten 4in1-E-Ach­se geht Schaeff­ler nun einen Schritt wei­ter und inte­griert neben Elek­tro­mo­tor, Lei­stungs­elek­tro­nik und Getrie­be auch das Ther­mo­ma­nage­ment in den Achs­an­trieb. Das spart Platz, Gewicht und sorgt für mehr Kom­fort. Ein beson­ders effi­zi­en­tes Ther­mo­ma­nage­ment sorgt zudem dafür, dass ein Auto mit einer Akku­la­dung wei­ter fährt und schnel­ler lädt. Eben­falls neu sind elek­tri­sche Starr­ach­sen für Pick-up-Trucks, soge­nann­te Beam E‑Achsen. Schaeff­ler lie­fert sie künf­tig an Auto­mo­bil­her­stel­ler, ins­be­son­de­re in Nordamerika.

E‑Achse mit inte­grier­tem Thermomanagement

In Elek­tro­au­tos ist Wär­me ein knap­pes und wert­vol­les Gut. Ihnen fehlt bei­spiels­wei­se die Abwär­me des Ver­bren­ners, um den Innen­raum zu hei­zen. Auch Reich­wei­te und Schnell­la­de­fä­hig­keit hän­gen – gera­de bei hohen oder nied­ri­gen Außen­tem­pe­ra­tu­ren – wesent­lich davon ab, ob es gelingt, bei­spiels­wei­se die Bat­te­rie in einem geeig­ne­ten Tem­pe­ra­tur­fen­ster zu hal­ten. „Das Ther­mo­ma­nage­ment hat maß­geb­li­chen Ein­fluss auf Effi­zi­enz und Kom­fort des Fahr­zeugs“, sagt Dr. Jochen Schrö­der, Lei­ter des Berei­ches Elek­tro­mo­bi­li­tät bei Schaeff­ler. Daher bie­tet das Unter­neh­men bereits Ther­mo­ma­nage­ment­sy­ste­me für alle Arten von Fahr­zeug­an­trie­ben an und ent­wickelt sie kon­ti­nu­ier­lich wei­ter. Neu ist, das bis­her zumeist sepa­rat betrach­te­te ther­mi­sche System mit den Antriebs­tei­len einer klas­si­schen E‑Achse zu kom­bi­nie­ren. „Dabei ent­steht ein hoch­in­te­grier­tes und kom­pak­tes Gesamt­sy­stem, das deut­lich weni­ger Bau­raum benö­tigt als nicht inte­grier­te Lösun­gen“, sagt Schrö­der. Da auf unnö­ti­ge Schläu­che und Kabel ver­zich­tet wird, geht zudem weni­ger Ener­gie in Form von Wär­me ver­lo­ren. „Größ­ter Vor­teil des 4in1-Systems ist neben der kom­pak­ten Bau­wei­se die Opti­mie­rung des Zusam­men­spiels der ein­zel­nen Teil­sy­ste­me“, sagt Schrö­der. Denn die Exper­ten von Schaeff­ler betrach­ten stets sowohl das ther­mi­sche Ver­hal­ten ein­zel­ner Antriebs­tei­le, wie dem Elek­tro­mo­tor oder der Lei­stungs­elek­tro­nik, als auch ein mög­lichst effi­zi­en­tes und über­grei­fen­des Ther­mo­ma­nage­ment des gesam­ten Fahr­zeugs. So sorgt eine intel­li­gen­te Steue­rung bei­spiels­wei­se dafür, dass über­schüs­si­ge Wär­me von Lei­stungs­elek­tro­nik und E‑Motor effi­zi­ent abge­lei­tet und im Fahr­zeug­innen­raum genutzt wer­den kann.

Wei­te­re Effi­zi­enz­vor­tei­le rea­li­siert der Zulie­fe­rer durch eine neue Wär­me­pum­pe, die mit dem natür­li­chen Käl­te­mit­tel Koh­len­di­oxid arbei­tet. Es bela­stet nicht nur die Umwelt deut­lich weni­ger als kon­ven­tio­nel­le Käl­te­mit­tel, es ver­fügt auch über phy­si­ka­li­sche Eigen­schaf­ten, mit denen sich Fahr­zeu­ge effi­zi­en­ter hei­zen und küh­len las­sen. „Durch unse­re 4in1-E-Ach­se mit inte­grier­tem Ther­mo­ma­nage­ment errei­chen wir einen noch­mals höhe­ren Wir­kungs­grad des Gesamt­sy­stems“, erläu­tert Schrö­der. Bei einem opti­mal aus­ge­leg­ten System sind bis zu 96 Pro­zent Wir­kungs­grad mög­lich. Jeder Pro­zent­punkt mehr lässt sich wie­der­um mit einer höhe­ren Reich­wei­te übersetzen.
E‑Antriebe von der Ein­zel­kom­po­nen­te bis zum Komplettsystem

Mit der 4in1-E-Ach­se ent­wickelt Schaeff­ler sein bis­her umfang­reich­stes Antriebs­sy­stem für Elek­tro­au­tos. „Sol­che hoch­in­te­grier­ten Gesamt­sy­ste­me sind sowohl für eta­blier­te Auto­mo­bil­her­stel­ler als auch für neue Play­er inter­es­sant“, sagt Schrö­der. Denn damit lässt sich die Ent­wick­lungs­zeit ver­kür­zen und Kosten für auf­wän­di­ge Neu­ent­wick­lun­gen des gan­zen Antriebs spa­ren. Den­noch bie­tet das Unter­neh­men sei­nen Kun­den auch wei­ter­hin Ein­zel­kom­po­nen­ten und Teil­sy­ste­me für Elek­tro- und Hybrid­an­trie­be, wie Elek­tro­mo­to­ren, Getrie­be, Lager oder auch das Ther­mo­ma­nage­ment, an. Eben­so gehört die Kom­bi­na­ti­on aus zwei oder drei Antriebs­tei­len zum Ange­bot. Damit erschließt sich Schaeff­ler einen beson­ders gro­ßen Markt, zumal E‑Achsen künf­tig vom Pkw bis hin zu leich­ten Nutz­fahr­zeu­gen zum Ein­satz kom­men – sowohl in Fahr­zeu­gen mit rei­nem Elek­tro- als auch mit Brenn­stoff­zel­len­an­trieb. Selbst für Nutz­fahr­zeu­ge und Hea­vy-Duty-Anwen­dun­gen ent­wickelt der Zulie­fe­rer ent­spre­chend ange­pass­te elek­tri­sche Ach­sen und Kom­po­nen­ten für die Elektrifizierung.

Für die Elek­tri­fi­zie­rung mit­tel­schwe­rer Pick-up Trucks, ins­be­son­de­re für den nord­ame­ri­ka­ni­schen Markt, ent­wickelt und fer­tigt Schaeff­ler künf­tig eine soge­nann­te elek­tri­sche Starr­ach­se, kurz Beam E‑Achse. Dabei wer­den Elek­tro­mo­tor, Getrie­be, Lei­stungs­elek­tro­nik sowie die gesam­te Hin­ter­ach­se mit­ein­an­der ver­bun­den und als eine ein­bau­fer­ti­ge Ein­heit an Kun­den aus­ge­lie­fert. Sol­che Ach­sen sind dann mehr als zwei Meter breit. Erste Auf­trä­ge für elek­tri­sche Starr­ach­sen von Auto­mo­bil­her­stel­lern sicher­te sich Schaeff­ler bereits. Damit steigt das Unter­neh­men in ein neu­es Markt­seg­ment für elek­tri­sche Achs­an­trie­be ein.

Welt­wei­ter Fertigungsverbund

Schaeff­ler fer­tigt die Kom­po­nen­ten der E‑Achse an meh­re­ren Stand­or­ten auf der gan­zen Welt. Im Sep­tem­ber 2021 nahm das Werk im unga­ri­schen Szom­ba­the­ly sei­ne Arbeit auf. Der Pro­duk­ti­ons­stand­ort ist das erste rei­ne E‑Mobilitätswerk der Schaeff­ler Grup­pe welt­weit und gleich­zei­tig neu­es Kom­pe­tenz­zen­trum für die Fer­ti­gung von Kom­po­nen­ten und Syste­men für elek­tri­fi­zier­te Antrie­be. Zudem wer­den Kom­po­nen­ten für die E‑Mobilität und die inte­grier­ten elek­tri­schen Achs­an­trie­be im chi­ne­si­schen Tai­cang gefer­tigt. Eine wei­te­re Pro­duk­ti­on ent­steht im nord­ame­ri­ka­ni­schen Woo­ster, wo heu­te bereits Hybrid­mo­du­le her­ge­stellt wer­den. In Bühl, dem Haupt­sitz der Auto­mo­ti­ve-Spar­te von Schaeff­ler, ent­steht gera­de das neue welt­wei­te Leit­werk für Elektromotoren.

Bei der Fer­ti­gung der elek­tri­schen Ach­sen spielt das Unter­neh­men eine beson­de­re Stär­ke aus: Schaeff­ler beherrscht die Pro­duk­ti­on der Ein­zel­kom­po­nen­ten bis hin zu grund­le­gen­den und hoch prä­zi­sen Fer­ti­gungs­ver­fah­ren wie dem Stan­zen ein­zel­ner Sta­tor­ble­che der Elek­tro­mo­to­ren und der Wick­lung des Rotors, bei­spiels­wei­se mit der inno­va­ti­ven Wel­len­wick­lung. Damit las­sen sich bereits auf der Ebe­ne ein­zel­ner Bau­tei­le Ver­bes­se­run­gen erzie­len, die dann zu einem ins­ge­samt effi­zi­en­te­ren Gesamt­sy­stem füh­ren. Zudem setzt das Unter­neh­men auf sei­ne hohe Fer­ti­gungs­exzel­lenz, um E‑Antriebe in gro­ßen Men­gen schnell auf den Markt zu bringen.