Israe­li­ti­sche Kul­tus­ge­mein­de (IKG) Bam­berg: „Es braucht den Schul­ter­schluss gegen Antisemitismus“

Der Antisemitismus-Beauftragte Patrick H.-J. Nitzsche zusammen mit dem Vorsitzenden der Bamberger Ditib-Gemeinde, Mehmet Çetindere, und dem Vorsitzenden der IKG Bamberg, Martin Arieh Rudolph. © Heinrich Kolb
Der Antisemitismus-Beauftragte Patrick H.-J. Nitzsche zusammen mit dem Vorsitzenden der Bamberger Ditib-Gemeinde, Mehmet Çetindere, und dem Vorsitzenden der IKG Bamberg, Martin Arieh Rudolph. © Heinrich Kolb

Eine Ver­an­stal­tung der IKG macht deut­lich, wie wich­tig das Amt des neu­en Anti­se­mi­tis­mus­be­auf­trag­ten ist

„Bam­berg – eine Stadt gegen jeden Anti­se­mi­tis­mus“ lau­te­te der Titel einer Ver­an­stal­tung, zu der die Israe­li­ti­sche Kul­tus­ge­mein­de (IKG) Bam­berg K.d.ö.R. jüngst in den Spie­gel­saal der Har­mo­nie ein­ge­la­den hat. Es war der erste öffent­li­che Auf­tritt für Bam­bergs Anti­se­mi­tis­mus­be­auf­trag­ten Patrick H.-J. Nitz­sche, der im Janu­ar vom Stadt­rat bestellt wor­den war.

Patrick H.-J. Nitzsche. Foto: Heinrich Kolb

Patrick H.-J. Nitz­sche. Foto: Hein­rich Kolb

Und so war der Nach­mit­tag eine Art Auf­takt­ver­an­stal­tung für den 30-jäh­ri­gen Beauf­trag­ten, der mit den besten Wün­schen für sein her­aus­for­dern­des Amt von den Red­nern gera­de­zu über­häuft wur­de. Den Anfang mach­te der Gast­ge­ber Mar­tin Arieh Rudolph. Der IKG-Vor­sit­zen­de schätzt an Nitz­sche, „dass er als Histo­ri­ker ein fun­dier­tes Hin­ter­grund­wis­sen“ mit­bringt. Außer­dem sei er als „ein­zi­ger Bewer­ber von sich aus in die Gemein­den gekom­men und hat sich vor­ge­stellt“. Rudolph wünsch­te ihm ein „glück­li­ches Händ­chen für sei­ne man­nig­fal­ti­gen Auf­ga­ben“. Denn: Auch, wenn der Aus­tausch zwi­schen Juden, Chri­sten und Mus­li­men in Bam­berg äußerst wert­schät­zend ver­lau­fe, so sei Anti­se­mi­tis­mus auch hier wie in ganz Deutsch­land erkenn­bar – zum Bei­spiel in Form von kul­tu­rell unter­leg­ter Juden­feind­lich­keit oder bewuss­tem Des­in­ter­es­se am Juden­tum. Für Rudolph steht fest: „Anti­se­mi­tis­mus in Deutsch­land ist so viel­fäl­tig wie es die Gesell­schaft des Lan­des ist. Er lässt sich in jeder poli­ti­schen Ecke finden.“

Ober­bür­ger­mei­ster Andre­as Star­ke zog eine Ver­bin­dung zum Jah­res­tag des Kriegs­en­des unlängst am 8. Mai. „Nie wie­der Krieg und nie wie­der Aus­schwitz gel­ten als die wich­tig­sten Prin­zi­pi­en für unser Zusam­men­le­ben“, beton­te das Stadt­ober­haupt. Anti­se­mi­tis­mus sei auch in Bam­berg spür­bar. Nur mit Erin­ne­rungs­kul­tur wer­de man ihm nicht bei­kom­men. „Wir brau­chen den gesell­schaft­li­chen Schul­ter­schluss, der weit in die Bevöl­ke­rung hin­ein­ge­tra­gen wer­den muss“, for­mu­lier­te Star­ke auch eine Auf­ga­be für Nitzsche.

Unein­ge­schränk­te Unterstützung

Die Fäden sei­ner Vor­red­ner griff Dr. Lud­wig Unger auf. Der Mit­ar­bei­ter und Ver­tre­ter des Baye­ri­schen Anti­se­mi­tis­mus-Beauf­trag­ten Dr. Lud­wig Spaen­le ver­wies auf den Anstieg anti­se­mi­ti­scher Straf­ta­ten einer­seits und das höhe­re Bewusst­sein ande­rer­seits, sich dage­gen zu Wehr set­zen zu müs­sen. Nitz­sche ver­si­cher­te er die unein­ge­schränk­te Unter­stüt­zung von Spaen­les Geschäfts­stel­le. Oberst­leut­nant Armin Wun­der, der Lei­ter des Kreis­ver­bin­dungs­kom­man­dos Bam­berg-Stadt, wünsch­te Nitz­sche viel Erfolg für des­sen „Arbeit für viel, viel mehr Menschlichkeit“.

Performance-Künstler Gerd Buurmann in seinem Element.  Foto: Heinrich Kolb

Per­for­mance-Künst­ler Gerd Buur­mann in sei­nem Ele­ment. Foto: Hein­rich Kolb

Dann tra­ten vor­über­ge­hend zwei ande­re Män­ner in den Mit­tel­punkt: Zunächst Haupt­kom­mis­sar Chri­sti­an Barth, stell­ver­tre­ten­der Lei­ter des Staats­schutz-Kom­mis­sa­ri­ats in Bam­berg, der in Abwe­sen­heit als wich­ti­ger und auf­ge­schlos­se­ner Ansprech­part­ner für die jüdi­schen Gemein­den aus­ge­zeich­net wur­de. Und dann Schau­spie­ler Gerd Buur­mann, der mit sei­ner rund ein­ein­halb­stün­di­gen Ein-Mann-Per­for­mance „Der Nathan-Kom­plex“ das Publi­kum sicht­lich berühr­te. Der Künst­ler brach­te die The­ma­tik des Nach­mit­tags ein­dring­lich auf den Punkt: „Wenn du Anti­se­mi­tis­mus wahr­haf­tig bekämp­fen willst, musst du auf die dunk­le Sei­te dei­nes Her­zens schauen.“

Jüng­ste Vor­fäl­le in Bamberg

Am Ende gehör­te Patrick H.-J. Nitz­sche selbst das Wort, der sich sogleich für Buur­manns Per­for­mance bedank­te und auf die Kern­bot­schaf­ten des Kam­mer­spiels Bezug nahm: „Es ist kein ein­fa­ches, kein leicht zu ver­dau­en­des Stück. Genau­so wie Anti­se­mi­tis­mus nicht ein­fach oder ange­nehm ist. Wir als Ein­zel­per­so­nen im Publi­kum, und als ver­netz­te Tei­le unse­rer Gesell­schaft müs­sen bei uns anfan­gen und uns gezielt von unse­rem Umfeld aus­ge­hend nach vor­ne arbei­ten, um unse­ren eige­nen und den Anti­se­mi­tis­mus im Gemein­we­sen prä­ven­tiv zu bekämp­fen.“ Nitz­sche brach­te anschau­li­che Bei­spie­le von jüng­sten Vor­fäl­len, wo sich der Nathan-Kom­plex und Anti­se­mi­tis­mus hier in Bam­berg äußer­ten. „Sol­che Fäl­le zei­gen, dass nicht ein Beauf­trag­ter allein Herr des Anti­se­mi­tis­mus­pro­blems wer­den kann. Ich dan­ke allen, die heu­te hier sind und mich bei die­ser Arbeit unter­stüt­zen sowie denen ich als Ansprech­part­ner und Ver­trau­ens­per­son für die Sache die­nen kann. Es braucht uns alle als Quer­schnitt durch die Stadt­ge­sell­schaft, die gemein­sam mit den Jüdin­nen und Juden das jüdi­sche Leben in unse­rer schö­nen Stadt schützt und so unser gan­zes Zusam­men­le­ben in Bam­berg wei­ter vor­an­bringt. Dies ist mei­ne Motivation!“