For­scher der Uni­ver­si­tät Bay­reuth unter­su­chen den Tot­holz-Abbau am Kilimanjaro

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Tot­holz als Koh­len­stoff-Spei­cher: Insek­ten beschleu­ni­gen den Abbau am Kilimanjaro

Welt­weit bewir­ken kli­ma­ti­sche Ein­flüs­se, Insek­ten und ande­re Glie­der­fü­ßer sowie Mikro­or­ga­nis­men eine stän­di­ge Zer­set­zung von Tot­holz. Die­ser natür­li­che Abbau setzt erheb­li­che Men­gen von Koh­len­stoff in die Umwelt frei und hat daher gro­ßen Ein­fluss auf den Koh­len­stoff-Kreis­lauf der Erde. Dies belegt eine neue, in „Natu­re“ ver­öf­fent­lich­te Stu­die. In 55 Wald-Stand­or­ten auf sechs Kon­ti­nen­ten wur­den Geschwin­dig­keit und Ursa­chen des Tot­holz-Abbaus unter­sucht. Dr. Andre­as Hemp und Dr. Clau­dia Hemp von der Uni­ver­si­tät Bay­reuth haben in die­sem Rah­men den Tot­holz-Abbau in ver­schie­de­nen Kli­ma­zo­nen am Kili­man­ja­ro erforscht.

Die bei­den Bio­lo­gen, die eine For­schungs­sta­ti­on am Kili­man­ja­ro lei­ten, haben gemein­sam mit tan­sa­ni­schen Part­nern zwei Wald­flä­chen unter­sucht: eine Baum­sa­van­ne am Berg­fuß des Kili­man­ja­ro in 1.000 Metern Höhe, wo die mitt­le­re Jah­res­tem­pe­ra­tur bei 23,9 Grad Cel­si­us liegt, und einen Berg­wald in 1.600 Metern Höhe. Hier ist es erheb­lich küh­ler, die mitt­le­re Jah­res­tem­pe­ra­tur beträgt 16,5 Grad Cel­si­us. Vor weni­gen Jah­ren hat Dr. Andre­as Hemp hier in einer Schlucht die höch­sten Bäu­me Afri­kas ent­deckt. Wie sich bei den Mes­sun­gen her­aus­stell­te, wer­den in der Baum­sa­van­ne jähr­lich etwa 21 Pro­zent des Tot­hol­zes auf natür­li­chem Weg abge­baut. Im etwas höher gele­ge­nen Wald sind es hin­ge­gen nur 16 Prozent.

Der Unter­schied ist dar­in begrün­det, dass in der Savan­ne erheb­lich mehr Insek­ten, vor allem Ter­mi­ten, sowie zahl­rei­che ande­re Glie­der­fü­ßer (Arthro­po­den) hei­misch sind. Sie drin­gen in das Tot­holz ein und leben von den dar­in ent­hal­te­nen Nähr­stof­fen. In der Savan­ne gehen jähr­lich fast 30 Pro­zent des Tot­holz­ab­baus auf Insek­ten und ande­re Glie­der­fü­ßer zurück, im Berg­wald ist ihr Ein­fluss hin­ge­gen nicht signi­fi­kant. Die­sen Unter­schied haben die Wis­sen­schaft­ler fest­ge­stellt, indem sie auf bei­den Unter­su­chungs­flä­chen Tot­holz auf­ge­schich­tet und in käfig­ar­ti­ge undurch­dring­li­che Net­ze ein­ge­hüllt haben. Unter den Net­zen wur­de der natür­li­che Holz­ab­bau durch kli­ma­ti­sche Ein­flüs­se und Mikro­or­ga­nis­men, aber nicht durch Glie­der­fü­ßer vor­an­ge­trie­ben. Auch an allen ande­ren Wald-Stand­or­ten, die im Rah­men der welt­wei­ten Stu­die unter­sucht wur­den, dien­ten käfig­ar­ti­ge Net­ze der Iso­la­ti­on des Tot­hol­zes von Insek­ten, Käfern und ande­ren Gliederfüßern.

„Unse­re Unter­su­chun­gen bele­gen die wich­ti­ge Rol­le des Zusam­men­wir­kens von Kli­ma und Glie­der­fü­ßern beim Tot­holz-Abbau in den Tro­pen. In einer wei­te­ren, noch unver­öf­fent­lich­ten Stu­die zusam­men mit For­schern der Uni­ver­si­tät Bern haben wir am Kili­man­ja­ro beob­ach­tet, dass die Tot­holz­vor­rä­te in mitt­le­ren Höhen­la­gen – also zwi­schen 1.500 und 3.000 Metern – deut­lich höher lie­gen als wei­ter unten in der Baum­sa­van­ne. Hier fin­den Ter­mi­ten, Käfer und ande­re Insek­ten offen­sicht­lich beson­ders gün­sti­ge Lebens­be­din­gun­gen vor. Zugleich wer­den grö­ße­re Tot­holz­men­gen in der Baum­sa­van­ne auch vom Men­schen als Brenn­ma­te­ri­al genutzt. Dar­über hin­aus ist zu berück­sich­ti­gen, dass die mei­sten Regen­fäl­le am Kili­man­ja­ro über den mitt­le­ren Höhen­la­gen nie­der­ge­hen. Daher kön­nen Bäu­me hier sehr gut gedei­hen, so dass auch aus die­sem Grund die ober­ir­di­sche Holz­bio­mas­se – und somit auch die Men­ge des Tot­hol­zes – hier ihr Maxi­mum erreicht“, sagt Dr. Andre­as Hemp.

Vor kur­zem hat er an einer ande­ren in „Natu­re“ ver­öf­fent­lich­ten Stu­die mit­ge­wirkt, die deut­lich macht, wel­che gro­ße Bedeu­tung die tro­pi­schen Berg­wäl­der Afri­kas als Koh­len­stoff-Spei­cher der Erde haben. Die ober­ir­di­sche Bio­mas­se die­ser Berg­wäl­der lei­stet einen erheb­li­chen Bei­trag zum Kli­ma­schutz. „Unse­re Unter­su­chun­gen haben erge­ben, dass in den kli­ma­tisch unter­schied­li­chen Regio­nen des Kili­man­ja­ro bis zu 37 Pro­zent der ober­ir­di­schen Holz­bio­mas­se aus Tot­holz besteht. Inso­fern ist auch Tot­holz ein nicht zu unter­schät­zen­der Koh­len­stoff-Spei­cher,“ sagt der Bay­reu­ther Biologe.

„Die gesam­te Berg­re­gi­on des Kli­ma­man­ja­ro ist des­halb so fas­zi­nie­rend, weil sie sich auf meh­re­re Kli­ma­zo­nen ver­teilt, in denen ganz unter­schied­li­che Tier- und Pflan­zen­ar­ten hei­misch sind. Über das Zusam­men­wir­ken die­ser Fak­to­ren bei der Ent­ste­hung und dem Abbau von Tot­holz – und damit auch bei der Spei­che­rung und Frei­set­zung von Koh­len­stoff – ist im Ein­zel­nen noch wenig bekannt. Hier soll­ten wei­te­re For­schungs­ar­bei­ten anset­zen. Die Ein­flüs­se der zuneh­mend inten­si­ven Land­nut­zung durch den Men­schen soll­ten dabei mit­be­rück­sich­tigt wer­den,“ ergänzt Dr. Clau­dia Hemp.

Ver­öf­fent­li­chung:

Sei­bold et al.: The con­tri­bu­ti­on of insects to glo­bal forest dead­wood decom­po­si­ti­on. Natu­re (2021).

DOI: https://dx.doi.org/10.1038/s41586-021–03740‑8