Grü­ner Was­ser­stoff: Uni­ver­si­tät Bay­reuth erforscht Elek­tro­ly­seu­re für eine nach­hal­ti­ge Energiewirtschaft

Symbolbild Bildung

Die Uni­ver­si­tät Bay­reuth forscht im Rah­men der vom Bun­des­mi­ni­ste­ri­um für Bil­dung und For­schung (BMBF) geför­der­ten Was­ser­stoff-Leit­pro­jek­te an der Hoch­tem­pe­ra­tur­elek­tro­ly­se (HTEL). Im H₂Gi­ga-Pro­jekt geht es um die Erfor­schung, Ent­wick­lung und indu­stri­el­le Fer­ti­gung lei­stungs­star­ker und kosten­gün­sti­ger Elek­tro­ly­seu­re, mit denen der Bedarf Deutsch­lands an Grü­nem Was­ser­stoff künf­tig gedeckt wer­den kann. Inner­halb der „Sca­le-Up-Pro­jek­te“ von H₂Gi­ga koor­di­niert die Fir­ma Sun­fi­re das H₂Gi­ga-Pro­jekt „HTs: HTEL-Stacks – Rea­dy for Giga­watt“. Für For­schungs­ar­bei­ten in die­sem H₂Gi­ga-Pro­jekt erhält der Lehr­stuhl Kera­mi­sche Werk­stof­fe für knapp vier Jah­re eine För­de­rung von mehr als 950.000 Euro.

Grü­ner Was­ser­stoff, der gro­ße Men­gen nach­hal­tig erzeug­ter Ener­gie spei­chert und über lan­ge Strecken trans­por­tiert wer­den kann, ist von zen­tra­ler Bedeu­tung für die künf­ti­ge Ener­gie­ver­sor­gung. Schon heu­te ist abseh­bar, dass sich der künf­ti­ge Bedarf allein in Deutsch­land auf meh­re­re hun­dert Mil­lio­nen Ton­nen jähr­lich belau­fen wird. Zur Deckung die­ses Bedarfs sind effi­zi­en­te, robu­ste und kosten­gün­sti­ge Elek­tro­ly­seu­re erfor­der­lich, die mit­tels elek­tri­scher Ener­gie aus nach­hal­ti­gen Quel­len Was­ser­mo­le­kü­le auf­spal­ten und so Was­ser­stoff erzeu­gen. Die Elek­tro­ly­seu­re müs­sen in indu­stri­el­ler Seri­en­fer­ti­gung her­ge­stellt wer­den und in der Lage sein, bis 2030 die von der Was­ser­stoff­stra­te­gie der Euro­päi­schen Uni­on vor­ge­ge­be­ne Ziel­mar­ke von 40 Giga­watt Elek­tro­ly­se­ka­pa­zi­tät zu erreichen.

Die Hoch­tem­pe­ra­tur­elek­tro­ly­se (HTEL) hat sich als eine beson­ders viel­ver­spre­chen­de Tech­no­lo­gie zur Erzeu­gung von Grünem Was­ser­stoff erwie­sen. Als Elek­tro­ly­seu­re die­nen hin­ter­ein­an­der geschal­te­te HTEL-Zel­len, die als HTEL-Stacks bezeich­net wer­den. Damit der Ener­gie­wirt­schaft in Zukunft groß­ska­li­ge HTEL-Zel­len und HTEL-Stacks zur Ver­fü­gung ste­hen, sind aller­dings noch erheb­li­che For­schungs- und Ent­wick­lungs­schrit­te nötig: Sie betref­fen die Lebens­dau­er, die Mate­ri­al­ko­sten, die Effi­zi­enz, neue Tech­no­lo­gien zur Fer­ti­gung der Stacks sowie deren Ein­satz für die Was­ser­stoff­pro­duk­ti­on in den benö­tig­ten hohen Mengen.

Genau hier setzt das H₂Gi­ga-Pro­jekt „HTs: HTEL-Stacks – Rea­dy for Giga­watt“ an. Der Lehr­stuhl Kera­mi­sche Werk­stof­fe an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth ist hier für ent­schei­den­de For­schungs- und Ent­wick­lungs­schrit­te ver­ant­wort­lich: Sowohl neue als auch schon im Betrieb befind­li­che Elek­tro­ly­seur­zel­len, die auf einem Elek­tro­ly­ten aus Zirkon­oxid basie­ren, sol­len auf ihre Mikro­struk­tur und ther­mo­me­cha­ni­schen Eigen­schaf­ten hin unter­sucht wer­den. Dabei ist es beson­ders wich­tig, dass die Festig­keit der Zel­len bei hohen Tem­pe­ra­tu­ren bis zu 850 Grad Cel­si­us erhal­ten bleibt. Nur wenn die Zusam­men­hän­ge zwi­schen der Mikro­struk­tur und ther­mo­me­cha­ni­schen Eigen­schaf­ten wis­sen­schaft­lich ver­stan­den sind, wird es mög­lich sein, Alte­rungs­pro­zes­se in den Zel­len vor­her­zu­sa­gen und Stra­te­gien für eine hohe Lang­le­big­keit zu entwickeln.

„Mit den spe­zi­el­len Kom­pe­ten­zen und lang­jäh­ri­gen For­schungs­er­fah­run­gen, die wir in frü­he­ren Pro­jek­ten zur Brenn­stoff­zel­le und zur Cha­rak­te­ri­sie­rung von sehr dün­nen kera­mi­schen Foli­en gewon­nen haben, wer­den wir von Bay­reuth aus wich­ti­ge Bei­trä­ge zu einer nach­hal­ti­gen Ener­gie­wirt­schaft auf der Basis von Was­ser­stoff lei­sten kön­nen“, sagt Prof. Dr.-Ing. Ste­fan Schaffö­ner, Inha­ber des Lehr­stuhls Kera­mi­sche Werk­stof­fe. Die For­schungs­ar­bei­ten sei­nes Teams wer­den rück­wir­kend ab dem 1. Mai 2021 bis zum 31. März 2025 gefördert.

Bei den anste­hen­den Arbei­ten in Bay­reuth wer­den expe­ri­men­tel­le For­schungs­me­tho­den zum Ein­satz kom­men, wie bei­spiels­wei­se die Licht- und Raster­elek­tro­nen­mi­kro­sko­pie, die Röntgenbeugung und die zer­stö­rungs­freie Impuls­er­re­gungs­tech­nik. Mecha­ni­sche Kenn­wer­te an den kera­mi­schen dün­nen Schich­ten wer­den dabei bei bis zu 850 Grad Cel­si­us durch Dop­pel­ring-Bie­ge­ver­su­che sowie Zug­ver­su­che unter Ver­wen­dung des Laser­ex­ten­so­me­ters ermit­telt. Hier­für wird die neue, ein­zig­ar­ti­ge Hoch­tem­pe­ra­tur-Prüf­an­la­ge des Lehr­stuhls ein­ge­setzt, die Ende 2020 in Betrieb ging und durch Mit­tel der Deut­schen For­schungs­ge­mein­schaft (DFG) sowie der Tech­no­lo­gie­Al­li­anz­Ober­fran­ken finan­ziert wurde.

Neben den expe­ri­men­tel­len Arbei­ten wer­den auch Simu­la­tio­nen mit­hil­fe der Fini­te-Ele­men­te-Metho­de zur Ana­ly­se der Lebens­dau­er durch­ge­führt. Vor allem bei Fra­gen zur indu­stri­el­len Umset­zung der HTEL-Stacks arbei­tet der Lehr­stuhl Kera­mi­sche Werk­stof­fe mit zahl­rei­chen Unter­neh­men aus Indu­strie und For­schung zusam­men, die eben­falls am H₂Gi­ga-Pro­jekt „HTs: HTEL-Stacks – Rea­dy for Giga­watt“ betei­ligt sind. Die orga­ni­sa­to­ri­sche Gesamt­lei­tung liegt bei der Sun­fi­re GmbH in Dresden.

Hin­ter­grund:

Die Was­ser­stoff-Leit­pro­jek­te bil­den die bis­her größ­te For­schungs­in­itia­ti­ve des BMBF zum The­ma Ener­gie­wen­de. In den indu­strie­ge­führ­ten Leit­pro­jek­ten ent­wickeln Wirt­schaft und Wis­sen­schaft gemein­sam Lösun­gen für die deut­sche Was­ser­stoff­wirt­schaft: Seri­en­fer­ti­gung von groß­ska­li­gen Elek­tro­ly­seu­ren (H₂Gi­ga), Erzeu­gung von Was­ser­stoff auf See (H₂Ma­re), Tech­no­lo­gien für den Trans­port von Was­ser­stoff (Trans­HyDE). Die BMBF-geför­der­ten Was­ser­stoff-Leit­pro­jek­te sind das Ergeb­nis eines Ideen­wett­be­werbs: Wis­sen­schaft, Wirt­schaft und Zivil­ge­sell­schaft waren ein­ge­la­den, Ideen zu Was­ser­stoff-Groß­pro­jek­ten ein­zu­rei­chen. Über 240 Part­ner haben sich so zusam­men­ge­fun­den und sol­len mit ins­ge­samt etwa 740 Mil­lio­nen Euro geför­dert wer­den. Die Leit­pro­jek­te wer­den über eine Lauf­zeit von vier Jah­ren geför­dert. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen unter https://​www​.was​ser​stoff​-leit​pro​jek​te​.de.