Nitrat in Acker­bö­den: Bay­reu­ther For­schungs­pro­jekt will flä­chen­decken­de Mes­sun­gen vor Ort ermöglichen

Symbolbild Bildung

Der Ein­satz gro­ßer Men­gen an Dün­ge­mit­teln führt welt­weit zu einer stei­gen­den Nitrat­be­la­stung von Acker­land. Bis­her gibt es aber kein Ver­fah­ren, mit dem der Nitrat­ge­halt im Boden kon­ti­nu­ier­lich über eine grö­ße­re Flä­che hin­weg gemes­sen wer­den kann. Ein neu­es For­schungs­vor­ha­ben an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth unter der Lei­tung von Prof. Dr.-Ing. Ger­hard Fischer­auer will dies jetzt ändern. Auf der Grund­la­ge der elek­tri­schen Impe­danz­spek­tro­sko­pie soll eine Tech­nik ent­wickelt wer­den, die auf land­wirt­schaft­lich genutz­ten Fel­dern groß­flä­chi­ge Nitrat­mes­sun­gen ermög­licht. Die Volks­wa­gen­Stif­tung för­dert das Vor­ha­ben aus ihrem Pro­gramm „Expe­ri­ment!“ für bis zu zwei Jahre.

„Bis­her wird der Nitrat­ge­halt in Acker­bö­den mei­stens dadurch ermit­telt, dass ver­ein­zel­te Boden­pro­ben im Labor ana­ly­siert wer­den. Wenn die Mes­sun­gen dage­gen vor Ort vor­ge­nom­men wer­den, mit Hil­fe einer an land­wirt­schaft­li­chen Gerä­ten oder Fahr­zeu­gen befe­stig­ten Appa­ra­tur, kön­nen sie sich im Ide­al­fall über eine gro­ße land­wirt­schaft­li­che Flä­che erstrecken und ein voll­stän­di­ges Bild der Nitrat­be­la­stung lie­fern. Dies hät­te enor­me öko­lo­gi­sche und wirt­schaft­li­che Vor­tei­le“, sagt Fischer­auer, Inha­ber des Lehr­stuhls für Mess- und Regel­tech­nik an der Uni­ver­si­tät Bayreuth.

„Die Rele­vanz unse­res Vor­ha­bens zeigt sich auch dar­an, dass es zu den weni­gen Pro­jek­ten zählt, die von der Volks­wa­gen­Stif­tung für das Pro­gramm „Expe­ri­ment!“ aus­ge­wählt wur­den. Die Aus­sicht, eine für den Umwelt­schutz und die Land­wirt­schaft weg­wei­sen­de tech­ni­sche Ent­wick­lung auf den Weg brin­gen zu kön­nen, ist auch für mich per­sön­lich ein beson­de­rer Ansporn“, sagt Pro­jekt­mit­ar­bei­ter Luca Bifa­no, M. Sc., der ent­schei­dend an der Antrag­stel­lung betei­ligt war.

Fischer­auer ver­weist auf die umfang­rei­chen Infor­ma­tio­nen zur Boden­qua­li­tät, die aus dem ange­streb­ten Ver­fah­ren her­vor­ge­hen und eine effi­zi­en­te­re Bewirt­schaf­tung der Fel­der ermög­li­chen. So kön­nen Land­wir­te durch den geziel­ten Ein­satz von Dün­ge­mit­teln die Pro­duk­ti­ons­ko­sten sen­ken. Zudem wer­den die Kosten, die im Fall einer stän­di­ger Über­dün­gung für die Grund­was­ser­rei­ni­gung auf­ge­bracht wer­den müs­sen, beträcht­lich sinken.

Bei Labor­ana­ly­sen von Mate­ria­li­en hat sich die elek­tri­sche Impe­danz­spek­tro­sko­pie (EIS) her­vor­ra­gend bewährt. Anhand der gemes­se­nen Spek­tren kann man Rück­schlüs­se auf die che­mi­sche Zusam­men­set­zung von Mate­ria­li­en schlie­ßen, bei­spiels­wei­se von Gie­ße­rei-Sand, Sand­mi­schun­gen (Quarz, Chro­mit) oder orga­ni­schem Mate­ri­al (Koh­len­stoff). Auch die pro­zen­tua­len Antei­le der jewei­li­gen Bestand­tei­le las­sen sich zuver­läs­sig ermit­teln. Doch es ist unklar, ob sich die­se Infor­ma­tio­nen mit glei­cher Zuver­läs­sig­keit auch in der frei­en Natur gewin­nen lassen.

Daher wol­len Fischer­auer und sein Team die elek­tri­sche Impe­danz­spek­tro­sko­pie so wei­ter­ent­wickeln, dass sie auf Acker­flä­chen zur Mes­sung von Nitrat­kon­zen­tra­tio­nen anwend­bar ist. Eine wesent­li­che Her­aus­for­de­rung liegt dar­in, dass es eine Rei­he von Fak­to­ren gibt, wel­che die Mes­sun­gen beein­flus­sen oder sogar ver­fäl­schen könn­ten. Zu die­sen Ein­fluss­grö­ßen zäh­len bei­spiels­wei­se die Tem­pe­ra­tur und die Feuch­tig­keit im Boden sowie die Gesamt­heit der che­mi­schen Ver­bin­dun­gen, die neben dem Nitrat im Boden ent­hal­ten sind. Das ange­streb­te Mess­sy­stem muss in der Lage sein, alle die­se Ein­flüs­se aus den Mess­da­ten herauszurechnen.

„Wenn unse­re For­schungs­er­geb­nis­se erfolg­ver­spre­chend sind, wol­len wir ein Pilot­pro­jekt star­ten: Wir wer­den ein Demon­stra­tor­sy­stem bau­en und es auf land­wirt­schaft­li­chen Gerä­ten, bei­spiels­wei­se auf Trak­to­ren, instal­lie­ren. Die­se Appa­ra­tur wird es grund­sätz­lich ermög­li­chen, Nitrat­kon­zen­tra­tio­nen im Boden kosten­gün­stig, schnell und flä­chen­deckend zu mes­sen. In Ein­zel­fäl­len wer­den ver­mut­lich gelän­de­be­ding­te Schwie­rig­kei­ten auf­tre­ten, die einem rei­bungs­lo­sen Ein­satz des neu­en Systems ent­ge­gen­ste­hen kön­nen. Aber ich bin sicher, dass die Agrar­wis­sen­schaft für sol­che Pro­ble­me gute tech­ni­sche Lösun­gen fin­den wird“, sagt Fischerauer.

For­schungs­för­de­rung:

Mit ihrer För­der­initia­ti­ve „Expe­ri­ment!“ unter­stützt die Volks­wa­gen­Stif­tung die Start­pha­se von Pro­jek­ten, in denen neue und unge­wöhn­li­che For­schungs­ideen erprobt wer­den. Im Erfolgs­fall bie­ten die Pro­jek­te eine wert­vol­le Grund­la­ge für Inno­va­tio­nen in wich­ti­gen Berei­chen von Wirt­schaft und Gesellschaft.