Mach­bar­keits­stu­die an der Hoch­schu­le Hof: Bio­lo­gisch abbau­ba­re Foli­en für die Landwirtschaft

Silagefolien in der Landwirtschaft; Quelle: Hochschule Hof;
Silagefolien in der Landwirtschaft; Quelle: Hochschule Hof;

Vom Weg­werf­pro­dukt zum Nähr­stoff­lie­fe­ran­ten – Bio­lo­gisch abbau­ba­re Foli­en für die Landwirtschaft

Schweift der Blick im Herbst über die vie­len abge­ern­te­ten Stop­pel­fel­der, dann gehört der Anblick von Sila­ge­bal­len oft dazu. Ver­packt in meist grü­ner oder wei­ßer Folie wer­den in den run­den Bal­len durch Milch­säu­re­gä­rung Fut­ter­mit­tel für Rin­der und Kühe her­ge­stellt. Doch die häu­fig von Spa­zier­gän­gern und Kin­dern als Foto­mo­tiv oder Klet­ter­ob­jekt genutz­ten Bal­len sind nicht so natur­nah, wie man mei­nen möch­te. Der Grund: Bis­lang wer­den die dafür ver­wen­de­ten Foli­en nach der Nut­zung ent­sorgt – ein Recy­cling ist schlicht nicht üblich und auch nur mit gro­ßem Auf­wand mög­lich. Eine Mach­bar­keits­stu­die am Insti­tut für ange­wand­te Bio­po­ly­mer­for­schung (ibp) der Hoch­schu­le Hof unter Lei­tung von Prof. Dr. Micha­el Nase soll nun die Grund­la­ge dafür legen, genau das dau­er­haft zu ändern. Die­se Stu­die stärkt das Pro­fils des jun­gen Insti­tuts bezüg­lich der Ent­wick­lung von Foli­en für die Landwirtschaft.

Isabell Kleiber und ihr Forschungsobjekt: Silagefolien in der Landwirtschaft; Quelle: Hochschule Hof;

Isa­bell Klei­ber und ihr For­schungs­ob­jekt: Sila­ge­fo­li­en in der Land­wirt­schaft; Quel­le: Hoch­schu­le Hof;

Durch den stei­gen­den Bedarf an Fut­ter­mit­teln, hat sich die Sila­ge­pro­duk­ti­on in der deut­schen Land­wirt­schaft in den letz­ten Jahr­zehn­ten deut­lich erhöht. „Als Kon­se­quenz wer­den auch immer mehr Foli­en benö­tigt. Die­se wer­den bis­lang kon­ven­tio­nell pro­du­ziert und basie­ren daher in der Regel auf Erd­öl. Im Boden hin­ter­las­sen sie des­halb auch nach­weis­ba­res Mikro­pla­stik. Zudem – und das ist beson­ders bedau­er­lich – sind es bis­lang lei­der rei­ne Ein­weg­ar­ti­kel und damit schlecht für die Öko­bi­lanz“, erklärt Isa­bell Klei­ber. Die 24Jährige besitzt einen Master of Engi­nee­ring ist wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin am Insti­tut für ange­wand­te Bio­po­ly­mer­for­schung (ibp) der Hoch­schu­le Hof. Dort betreut sie das For­schungs­pro­jekt „Agri-Stretch“.

Weg vom Wegwerfartikel

Im Rah­men einer Mach­bar­keits­stu­die will sie bis April 2022 unter­su­chen, in wie weit und zu wel­chen Bedin­gun­gen sich die kon­ven­tio­nel­len Sila­ge­fo­li­en durch öko­lo­gisch nach­hal­ti­ge Foli­en aus Bio­po­ly­me­ren erset­zen las­sen. „Unser Ziel ist es, dass die Foli­en in der Zukunft zu 100 Pro­zent aus nach­wach­sen­den Roh­stof­fen bestehen wer­den. Wir möch­ten sie also vom Weg­werfar­ti­kel zu einem Pro­dukt wei­ter­ent­wickeln, das kom­po­stier­bar oder recy­cle­bar ist und damit per­fekt in den land­wirt­schaft­li­chen Pro­duk­ti­ons­kreis­lauf inte­grier­bar ist“, so Isa­bell Kleiber.

Bio-Kunst­stof­fe für die Kompostierbarkeit

Um dies zu errei­chen, expe­ri­men­tiert die jun­ge For­sche­rin aus dem Land­kreis Hof mit unter­schied­li­chen Bio­po­ly­me­ren und deren Zusam­men­set­zung. Am „Com­poun­der“, einem Gerät zur Ver­men­gung der Stof­fe, mischt sie dabei bevor­zugt PLA und PBAT – also zwei Kunst­stof­fe, die auf der Grund­la­ge nach­wach­sen­der Roh­stof­fe her­ge­stellt wer­den und daher als „Bio-Kunst­stof­fe“ gelten.

Höhe­ren Preis ausgleichen

Die Her­aus­for­de­rung in ihrer Arbeit besteht aller­dings mit­nich­ten nur in der Fin­dung einer bio­ba­sier­ten Stretch­fo­lie: „Unse­re Auf­ga­be liegt dar­in, dass die öko­lo­gi­sche Folie sogar bes­se­re Eigen­schaf­ten haben muss als die kon­ven­tio­nel­le Folie – denn letzt­lich wird sie auch etwas mehr kosten“, so Isa­bell Klei­ber. Bio-Kunst­stof­fe kosten bis­lang immer­hin 4 bis 6 EUR mehr pro Kilo – eine Dif­fe­renz also, die sich auch im Meter­preis für die fer­ti­ge Folie nie­der­schla­gen wird.

Anfor­de­run­gen

Und wei­ter: „In erster Linie muss die Folie eine 400%ige Bruch­deh­nung nach­wei­sen. Das bedeu­tet, dass man sie sehr stark strecken kön­nen muss, ohne dass sie reißt. Außer­dem muss sie sehr UV-bestän­dig sein, da sie in der Regel ein gan­zes Jahr im Frei­en lie­gen wird. Und selbst­ver­ständ­lich gehört auch die Undurch­läs­sig­keit gegen­über Was­ser und Sau­er­stoff dazu, denn sonst funk­tio­niert der Gär­pro­zess in der Sila­ge nicht.“

Bis­lang sei­en erste Unter­su­chun­gen posi­tiv ver­lau­fen, man sei also hoff­nungs­voll gestimmt, dass das Ziel des Pro­jek­tes erreicht wer­den kön­ne. So gehe man bis­lang davon aus, dass die Ver­ein­bar­keit von Öko­lo­gie und not­wen­di­ger Foli­en­funk­ti­on am besten über eine drei­la­gi­ge Folie erreicht wer­den kön­ne, wobei jede Lage eine ande­re Anfor­de­rung abdecke. Wenn dies bestä­tigt ist, strebt man ab 2022 ein Nach­fol­ge­pro­jekt unter Ein­bin­dung eines Indu­strie­part­ners an, dass sich dann mit der tech­ni­schen Umsetz­bar­keit einer öko­lo­gi­schen Agrar-Stretch­fo­lie im Detail beschäf­ti­gen soll. Die lau­fen­de Mach­bar­keits­stu­die wird durch die Fach­agen­tur für nach­wach­sen­de Roh­stof­fe (FNR) gefördert.

Bis­her wur­den und wer­den meh­re­re Pro­jek­te für Foli­en mit Anwen­dungs­fel­dern im land­wirt­schaft­li­chen Bereich am Insti­tut umge­setzt. Bei­spiel­haft sei­en hier die Pro­jek­te Bio­Mulch, Bio­Si­Fo und Vino­fol genannt. Im Pro­jekt Bio­Mulch wur­de eine abbau­ba­re Mulch­fo­lie ent­wickelt, die nun in einem Fol­ge­pro­jekt so modi­fi­ziert wer­den soll, dass sie bei der Zer­set­zung im Boden Nähr­stof­fe frei gibt. Der Ent­wick­lung einer bio­ba­sier­ten und bio­ab­bau­ba­ren Sila­ge­fo­lie wird sich im Pro­jekt Bio­Si­Fo ange­nom­men. Das Pro­jekt Vino­fol soll zur Ertrags und Zucker­stei­ge­rung von Wein­trau­ben durch den Ein­satz reflek­tie­ren­der Foli­en beitragen.