Bam­ber­ger Spie­gel­saal wird als „Ort der Demo­kra­tie“ gewürdigt

Symbol-Bild Heimatkunde / Franken

Der Schil­ler­platz mit der durch einen Zaun abge­rie­gel­ten Har­mo­nie im Jahr 1919.
Quel­le: Stadt­ar­chiv Bamberg

Erin­ne­rungs- und Bil­dungs­pro­jekt des Baye­ri­schen Landtags

Das Prä­si­di­um des Baye­ri­schen Land­tags hat beschlos­sen, den Spie­gel­saal der Har­mo­nie am Schil­ler­platz als Schau­platz der Ver­ab­schie­dung der „Bam­ber­ger Ver­fas­sung“ und damit als einen für die Demo­kra­tie­ge­schich­te Bay­erns ent­schei­den­den Ort zu wür­di­gen. Das teil­te jetzt Land­tags­prä­si­den­tin Ilse Aigner in einem Schrei­ben Ober­bür­ger­mei­ster Andre­as Star­ke mit. Star­ke: „Die erste demo­kra­ti­sche Ver­fas­sung in Bay­ern hat bei uns einen hohen Stel­len­wert und wir begrü­ßen daher die Initia­ti­ve des Baye­ri­schen Landtags“.

1919 wur­de im Spie­gel­saal Geschich­te geschrie­ben: Der Land­tag erar­bei­te­te und ver­ab­schie­de­te hier die erste demo­kra­ti­sche Ver­fas­sung des Frei­staa­tes Bay­ern (sie­he auch „Hin­ter­grund“). Im ver­gan­ge­nen Jahr war das Jubi­lä­um „100 Jah­re Bam­ber­ger Ver­fas­sung“ mit zahl­rei­chen Ver­an­stal­tun­gen und einem Fest­akt began­gen wor­den. Mit dem Pro­jekt „Orte der Demo­kra­tie“ will der Baye­ri­sche Orte wie den Har­mo­nie­saal im öffent­li­chen Raum sicht­bar und gera­de auch für jün­ge­re Men­schen erleb­bar machen. Geplant ist ein Fest­akt, in des­sen Rah­men an wich­ti­ge Ereig­nis­se und Akteu­re des Ver­fas­sungs­pro­zes­ses im Jahr 1919 erin­nert wer­den und ein Gedenk­ob­jekt an Ort und Stel­le ent­hüllt wer­den soll.

„Wir sind stolz auf die demo­kra­ti­sche Tra­di­ti­on der Har­mo­nie am Schil­ler­platz und freu­en uns, dass der Baye­ri­sche Land­tag ihn als bedeu­ten­den Ort für die Demo­kra­tie in Bay­ern wür­digt“, freu­te sich Ober­bür­ger­mei­ster Andre­as Star­ke über die gute Nach­richt aus Mün­chen. Land­tags­prä­si­den­tin Ilse Aigner ver­si­cher­te er in einem Ant­wort­schrei­ben, „dass wir die­ses wich­ti­ge Erin­ne­rungs- und Bil­dungs­pro­jekt ger­ne unterstützen.“

Hin­ter­grund

Mit den Vor­gän­gen in Mün­chen in der Nacht vom 7. auf den 8. Novem­ber 1918 ende­te nach 738 Jah­ren die wit­tels­bachi­sche Mon­ar­chie, eine Aus­sa­ge über die künf­ti­ge Ver­fas­sung war damit aller­dings noch lan­ge nicht getrof­fen. Der König floh. Kurt Eis­ner, Vor­sit­zen­der der Unab­hän­gi­gen Sozi­al­de­mo­kra­ten, rief den Frei­staat (= Repu­blik) Bay­ern aus und wur­de erster baye­ri­scher Mini­ster­prä­si­dent. Die zunächst offe­ne Fra­ge zur Ver­fas­sung die­ses Frei­staats – Räte­de­mo­kra­tie oder par­la­men­ta­ri­sche Demo­kra­tie – wur­de zu Beginn des Jah­res 1919 in den ersten Land­tags­wah­len beant­wor­tet, bei denen erst­mals auch Frau­en wahl­be­rech­tigt waren. Eis­ner erlitt eine her­be Nie­der­la­ge und muss­te zurück­tre­ten. Auf dem Weg zum Land­tag wur­de er im Febru­ar 1919 auf offe­ner Stra­ße erschos­sen. Eine Atten­tats­se­rie und bür­ger­kriegs­ähn­li­che Zustän­de erschüt­ter­ten nun München.

Die neue Regie­rung unter dem Mehr­heits­so­zi­al­de­mo­kra­ten und neu­en Mini­ster­prä­si­den­ten Johan­nes Hoff­mann sowie der Land­tag zogen sich nach Bam­berg zurück. Im Mai 1919 wur­de die erste Sit­zung im Kai­ser­saal der Resi­denz zu Bam­berg fei­er­lich eröff­net. Nach der ersten Sit­zung in der Resi­denz bezog der Baye­ri­sche Land­tag dann den Spie­gel­saal der Har­mo­nie. Dort hat­te sich Ende des 18. Jahr­hun­derts eine „Gesell­schaft der Hono­ra­tio­ren“ gegrün­det, die sich zur Lek­tü­re und zum gesell­schaft­li­chen Aus­tausch am Schil­ler­platz traf. Bis zum 14. August fan­den in der Har­mo­nie ins­ge­samt 23 Ple­nar- und 101 Aus­schuss­sit­zun­gen statt. Es war auch „in der Har­mo­nie“, wo am 12. August die erste demo­kra­ti­sche Ver­fas­sung des Frei­staats Bay­ern ver­ab­schie­det wur­de. Sie wur­de am 14. August aus­ge­fer­tigt und trat mit der Ver­kün­dung im Gesetz- und Ver­ord­nungs­blatt am 15. Sep­tem­ber in Kraft.