Adels­dorf: Wein­hähn­chen – San­ges­freu­di­ger Neu­an­kömm­ling mit Beigeschmack

Wein­hähn­chen (Oecan­thus pel­lucens) auf Flocken-Blu­men-Frucht­stand (Fotos: Harald Schott)

Ein Natur­schau­spiel beson­de­rer Art bie­tet sich zur Zeit dem auf­merk­sa­men Spa­zier­gän­ger, der sich in den war­men Abend­stun­den im Grü­nen auf­hält. Viel­leicht hat sich der eine oder ande­re schon über die ange­nehm süd­län­disch anmu­ten­de Klang­ku­lis­se gewun­dert, die sich einem heu­er abends und nachts in der Feld­flur bie­tet. Mit­glie­der der Orts­grup­pe des Bund Natur­schutz e. V. (BN) konn­ten die­ses Jahr erst­mals die wohl­tö­nen­den „drü-drü“-Rufserien des Wein­hähn­chen (Oecan­thus pel­lucens) regi­strie­ren und emp­feh­len Natur­in­ter­es­sier­ten beim abend­li­chen Spa­zier­gang die Ohren zu spit­zen. Gleich am Adels­dor­fer Orts­rand, unweit vom Eis­wei­her, konn­ten sie die bis­lang in Deutsch­land nur aus den wärm­sten Wein­bau-Gegen­den bekann­te Gril­le erst­mals im Land­kreis hören. „Inzwi­schen“, so Harald Schott, wis­sen­schaft­li­ches Mit­glied im BN-Kreis­vor­stand, „wur­de die Art auch an wei­te­ren Orten gehört. Ein beson­ders viel­stim­mi­ges Gril­len-Kon­zert, zumal garan­tiert Coro­na-unbe­denk­lich, kann der­zeit auf der Anhö­he direkt öst­lich von Hepp­städt belauscht wer­den. Das kann einen schon an die Tos­ka­na erinnern.“

Genau­er han­delt es sich beim Wein­hähn­chen um eine soge­nann­te Blu­men­gril­le, erläu­tert der Fach­mann, was auf deren bevor­zug­ten Auf­ent­halts­ort an Blü­ten- und Frucht­stän­den hin­weist. Ihr hell­brau­nes, schlan­kes Aus­se­hen ähnelt ein wenig den bekann­ten Ohren­höh­lern, ihre Flü­gel und Füh­ler sind aller­dings sehr viel län­ger. Aller­dings bekommt man die nacht­ak­ti­ven Wein­hähn­chen nicht ohne wei­te­res zu Gesicht. Am ehe­sten klappt dies mit Taschen­lam­pe, wenn man sich der Klang­quel­le zu zweit aus zwei Rich­tun­gen lang­sam nähert. Kaum zu glau­ben, dass die nur etwa ein­ein­halb Zen­ti­me­ter lan­gen Insek­ten (ohne die lan­gen Füh­ler) mit­un­ter bis über 100 m weit hör­bar sind. Hier­zu rei­ben sie ihre gro­ßen gla­si­gen Flü­gel gegen­ein­an­der. Ihr Lebens­raum sind lang­gra­si­ge Rai­ne, Wie­sen oder Acker­bra­chen. Hier fres­sen Sie Blü­ten­pol­len und legen sie ihre Eier in Pflan­zen­stän­gel, in denen sie überwintern.

Anders als vie­le hei­mi­sche Insek­ten ist das sehr wär­me­lie­ben­de Wein­hähn­chen auf­grund der bei­spiel­los rasan­ten Kli­ma­er­wär­mung bei uns in Zunah­me begrif­fen. Die Bestän­de etli­cher hei­mi­scher Moor­li­bel­len und Amphi­bi­en wie Gras- und Moor­frosch, sind in den letz­ten Jah­ren hin­ge­gen ein­ge­bro­chen und dro­hen auszusterben.
„So schön sich das nächt­li­che Wein­hähn­chen-Kon­zert auch anhört, ist es ein Vor­bo­te weit­aus tief­grei­fen­de­rer Ver­än­de­run­gen, die uns bevor­ste­hen, wenn wir unse­ren kli­ma­schäd­li­chen Lebens­stil nicht umge­hend ändern“ schließt Schott die Wanderung.