Moder­ner Brand­schutz für Lang­hei­mer Amts­hof in Kulmbach

Der Barockbau des Langheimer Amtshofs in Kulmbach. Foto: Holger Peilnsteiner
Der Barockbau des Langheimer Amtshofs in Kulmbach. Foto: Holger Peilnsteiner

Auto­ma­ti­sche Brand­mel­de­an­la­ge für Bau­werk des 17. Jahr­hun­derts – Sanie­rungs­ge­sell­schaft ver­bes­sert Schutz für Men­schen und Altstadt

Unbe­merkt von den mei­sten Bewoh­nern Kulm­bachs und sogar von vie­len Schü­le­rin­nen und Schü­lern der Lehr­an­stal­ten im Lang­hei­mer Amts­hof wur­de in den ver­gan­ge­nen 18 Mona­ten das Barock­ge­bäu­de im Rents­amts­gäß­chen unter­halb der Plas­sen­burg mit einer moder­nen Brand­mel­de­an­la­ge aus­ge­stat­tet. Der Geschäfts­füh­rer der Lang­hei­mer Amts­hof Sanie­rungs- und Ver­wal­tungs-GmbH Rolf Peiln­stei­ner star­te­te zusam­men mit der Bau­ab­tei­lung der Stadt Kulm­bach noch vor dem Brand der Kathe­dra­le Not­re Dame de Paris 2018 eine Initia­ti­ve zur Ver­bes­se­rung der Sicher­heits­aus­stat­tung des rie­si­gen Bau­kom­ple­xes in der Kulm­ba­cher Alt­stadt. „Der Brand des Pari­ser Wahr­zei­chens hat uns dann deut­lich vor Augen geführt, dass wir damit auf dem rich­ti­gen Weg sind – ein in enger histo­ri­scher Bebau­ung ste­hen­des Groß­ge­bäu­de kann von Feu­er ver­nich­tet und auch noch zur Gefahr für die Umge­bung wer­den“, so der Jurist. Von Anfang an trug der aus Stadt- und Kreis­rä­ten sowie dem Vor­sit­zen­den Land­rat Klaus-Peter Söll­ner und sei­nem bis­he­ri­gen Stell­ver­tre­ter Hen­ry Schramm bestehen­de Auf­sichts­rat der Gesell­schaft die­se Maß­nah­men und deren Finan­zie­rung stets ein­stim­mig mit.

Zwin­gend not­wen­dig sei eine Aus­rü­stung mit einer Brand­mel­de­an­la­ge nicht gewe­sen, da das Anfang der 1980er Jah­re von Grund auf sanier­te Bau­werk nach den damals gel­ten­den Brand­schutz­vor­schrif­ten ein­ge­rich­tet und geneh­migt wur­de. Peiln­stei­ner woll­te sich dar­auf aber nicht aus­ru­hen: „Gesetz­lich vor­ge­ge­be­ne Min­dest­stan­dards sind das eine, sinn­vol­le moder­ne Tech­nik für die Sicher­heit von weit über ein­hun­dert Lehr­kräf­ten, Mit­ar­bei­tern, Stu­den­ten und Schü­lern das ande­re“. Brand­schutz ste­he seit der Über­nah­me des Gebäu­des durch die Sanie­rungs- und Ver­wal­tungs­ge­sell­schaft im Jahr 1981 ganz im Zen­trum aller Bau- und Siche­rungs­maß­nah­men. Dabei gehe es nach Anga­ben des Geschäfts­füh­rers erst in zwei­ter Linie um den Schutz des kul­tur­hi­sto­risch wert­vol­len Barock­ge­bäu­des. Wich­ti­ger sei der Schutz der Men­schen. Dies gel­te für die im Gebäu­de arbei­ten­den und ler­nen­den Men­schen wie auch für die Nach­bar­schaft. „Hier in der Kulm­ba­cher Alt­stadt ste­hen die Häu­ser dicht an dicht und die Stra­ßen Röth­leins­berg und Rent­amts­gäß­chen sind sehr eng und stel­len für die Feu­er­wehr und ihre Fahr­zeu­ge ein Nadel­öhr dar.“ Es galt daher von Anfang an zu ver­hin­dern, dass Brän­de ent­ste­hen kön­nen und ein­mal begon­ne­ne Feu­er sich auf Nach­bar­ge­bäu­de aus­brei­ten würden.

Der Klo­ster­hof erhielt schon zu Beginn der 1980er Jah­re ein zusätz­li­ches brei­tes Trep­pen­haus im nörd­li­chen Teil des Bau­werks, dem so genann­ten Zehnt­sta­del. Die Pla­nun­gen lagen sei­ner­zeit beim Kulm­ba­cher Archi­tek­ten Fritz Schmidt. Wo es aus denk­mal­pfle­ge­ri­scher Sicht mög­lich war, wur­de damals eine gan­ze Rei­he selbst­schlie­ßen­der, feu­er­hem­men­der Türen ein­ge­baut. Zusätz­lich wur­de der mehr als 70 Meter lan­ge, mehr­stöcki­ge Dach­stuhl aus dem 17. Jahr­hun­dert mit sei­nen über 60 Gau­ben mit­tels Mau­ern und Stahl­tü­ren in meh­re­re Brand­ab­schnit­te unter­teilt. Der Amts­hof wur­de 1983 mit einer manu­ell aus­zu­lö­sen­den Brand­mel­de­an­la­ge mit direk­ter Ver­bin­dung zur Not­ruf­zen­tra­le aus­ge­stat­tet, deren Aus­lö­ser in klei­nen feu­er­ro­ten Käst­chen im gesam­ten Haus ver­teilt sind. Zudem erhielt der Hof die not­wen­di­ge Anzahl an Feu­er­lö­schern und Not­aus­gän­gen sowie aus­ge­schil­der­te Fluchtwege.

Die Sicher­heit trotz des gel­ten­den Bestands­schut­zes wei­ter zu ver­bes­sern hält Peiln­stei­ner für unum­gäng­lich: „Brand­schutz ret­tet Leben und ret­tet Kul­tur­gut, ein Brand hin­ge­gen kann Leben und Kul­tur­gut ver­nich­ten.“ Eine Brand­mel­de­an­la­ge die­ne der Gefah­ren­ab­wehr und ‑ver­mei­dung. Ohne auto­ma­ti­sche Brand­mel­de­an­la­ge blie­be es oft dem Zufall über­las­sen, ob ein Brand bereits in der Ent­ste­hungs­pha­se bemerkt und ein Schal­ter der bestehen­den manu­el­len Anla­ge betä­tigt wür­de. Je frü­her ein Brand erkannt wer­de, desto eher kön­ne eine Ret­tung erfol­gen. Der Ret­tungs- und Lösch­ein­satz für die Feu­er­wehr sol­le nun erheb­lich erleich­tert werden.

Für Peiln­stei­ner galt es, die vie­len Betei­lig­ten an die­sen Pla­nun­gen zu koor­di­nie­ren, die feder­füh­rend von Kreis­bau­mei­ster Andre­as Schü­lein in Abstim­mung mit Kreis­brand­rat Ste­fan Härt­lein und Stadt­brand­in­spek­tor Hein­rich Poperl ent­wickelt wur­den. Auch die zustän­di­ge Gebiets­re­fe­ren­tin des Lan­des­amts für Denk­mal­pfle­ge, Dr. Kath­rin Gent­ner, war von vorn­her­ein in die Plä­ne zur Ent­wick­lung der Anla­ge ein­ge­bun­den. „Lei­der beschied uns das Lan­des­amt, dass die Brand­mel­de­an­la­ge, obwohl sie dem Schutz des histo­ri­schen Barock­ge­bäu­des dient, kei­nen denk­mal­pfle­ge­ri­schen Mehr­auf­wand dar­stel­len wür­de und somit von die­ser Behör­de nicht geför­dert wer­den kön­ne“, bedau­er­te der Geschäfts­füh­rer. Die Kosten von ca. 85.000 € tra­gen Stadt und Land­kreis Kulm­bach als Eigen­tü­mer der Lang­hei­mer Amts­hof Sanie­rungs- und Ver­wal­tungs-GmbH gemeinsam.

Die Fir­ma Sie­mens erhielt den Auf­trag für Pla­nung und Lie­fe­rung der Anla­ge. Aus der Aus­schrei­bung für die not­wen­di­gen Ver­le­ge- und Elek­tro­ar­bei­ten ging die Kulm­ba­cher Fir­ma Elek­tro Hetz als Sie­ger her­vor. Die Brand­mel­de­an­la­ge besteht aus einer zen­tra­len Kom­po­nen­te, der Brand­mel­de­zen­tra­le (BMZ), die die Infor­ma­tio­nen der im gan­zen Amts­hof ver­teil­ten Sen­so­ren auf­nimmt und die wich­tig­ste Anlauf­stel­le für die Feu­er­wehr sein wird. Hier fin­den sich die für eine Loka­li­sa­ti­on und Brand­be­kämp­fung not­wen­di­gen Infor­ma­tio­nen, unter ande­rem die Feu­er­wehr­lauf­kar­ten. Dadurch wird auch Unkun­di­gen das Zurecht­fin­den im ver­win­kel­ten Gebäu­de mit sei­nen Gän­gen, Sälen, Kel­lern, Labo­ren, Lagern und Wen­del­trep­pen ermöglicht.

Die Gefah­r­erken­nung wird durch im gan­zen Gebäu­de befind­li­che auto­ma­ti­sche Brand­mel­der gewähr­lei­stet. Sie sind wei­ter­hin ergänzt durch Hand­feu­er­mel­der, die wie bis­her das manu­el­le Aus­lö­sen eines Alarms ermög­li­chen. Opti­sche und aku­sti­sche Signal­ge­ber war­nen Per­so­nen, die sich im Gebäu­de befin­den. Regel­mä­ßi­ge Inspek­tio­nen und War­tun­gen wer­den sicher stel­len, dass die Anla­ge stets in ein­wand­frei­em Zustand sein wird.

Modern­ste Tech­nik des 21. traf auf dabei auf Bau­sub­stanz des 17. und 18. Jahr­hun­derts. Über 100 Brand­mel­der muss­ten im Amts­hof ver­teilt wer­den. Mehr als vier Kilo­me­ter Kabel wur­den neu ver­legt. Eine direk­te Anbin­dung an die Not­ruf­zen­tra­le Bay­reuth soll nun stets schnel­le Reak­tio­nen auf ein­lau­fen­de Alar­me ermöglichen.

Als beson­de­re Her­aus­for­de­rung für die Pla­nun­gen der Fir­men Sie­mens und der Elek­tro Hetz stell­te sich die unter­schied­li­che Beschaf­fen­heit der Mau­ern und Decken, der Gewöl­be und die gebo­te­ne Rück­sicht­nah­me auf die denk­mal­ge­schütz­te Bau­sub­stanz dar. „Man kann nicht ein­fach mit Stein­sä­ge oder Schlag­ham­mer durch die Decken und Mau­ern frä­sen wie es einem gera­de pas­send erscheint. Es muss auf Denk­mal­schutz­be­lan­ge und die unter­schied­li­chen Mate­ria­li­en wie Sand­stein, Holz oder Stuck geach­tet wer­den“, beschrieb Peiln­stei­ner die für tech­ni­sche Dienst­lei­ster unge­wohn­ten Pro­ble­me beim Ein­bau der Brand­mel­de­an­la­ge. Immer wie­der wur­den Neu- und Umpla­nun­gen not­wen­dig. Man­che Wän­de sind aus bis zu zwei Meter dickem Sandstein.

Die Mel­der in der Form klei­ner wei­ßer oder hell­grau­er run­der Dös­chen soll­ten stets an der Decke der jewei­li­gen Räu­me plat­ziert wer­den. Doch das war nicht immer ganz ein­fach zu rea­li­sie­ren. „Die Mel­der kann man ja nicht wie häss­li­che War­zen mit­ten in ein Engels­ge­sicht oder auf die Flü­gel eines Adlers der reich ver­zier­ten Stuck­decken des Hau­ses set­zen – hier galt es Rück­sicht auf die Bau­sub­stanz und künst­le­ri­sche Aus­stat­tung des Hofs zu nehmen“.

Tat­säch­lich wur­den in den mehr als 30 Sälen und Zim­mern des Amts­hof mit erhal­te­ner Stuck­aus­stat­tung aus Barock, Roko­ko, Klas­si­zis­mus und Histo­ris­mus die Mel­der so plat­ziert, dass sie meist erst auf den zwei­ten oder drit­ten Blick auf­fal­len und nir­gend­wo die zar­ten Gips­fi­gu­ren und Orna­men­te beschä­di­gen. In an die Umge­bung ange­pass­ten wei­ßen Abdeck­lei­sten wur­den die Kabel dezent in den Räu­men und den Dach­kam­mern geführt, so dass sie kaum stö­rend wir­ken und kom­men­de Gene­ra­tio­nen sie ohne gro­ßen Auf­wand wie­der ent­fer­nen könn­ten, wenn moder­ne­re Tech­nik dies zulässt. Wo kabel­ge­bun­de­ne Ansteue­rung zu sehr die Raum­aus­stat­tung des 17. und 18. Jahr­hun­derts beein­träch­tigt hät­te oder eine Anbin­dung zu auf­wän­dig gewe­sen wäre, wur­den die Mel­der an ein Funk­sy­stem ange­schlos­sen und sind Bat­te­rie betrieben.

Für eine mög­lichst gering aus­fal­len­de Beein­träch­ti­gung der Bil­dungs­ein­rich­tun­gen ver­leg­te man die Arbei­ten vor allem in die ver­schie­de­nen Feri­en­zei­ten im Herbst 2019 und nach Weih­nach­ten sowie nach Ostern und Pfing­sten 2020. Die Ein­schrän­kun­gen im Zuge der Coro­na-Pan­de­mie seit Mit­te März 2020 ver­zö­ger­ten die end­gül­ti­ge Fer­tig­stel­lung. Doch ein Ende ist laut Peiln­stei­ner nun abseh­bar: „Mitt­ler­wei­le sind die tech­ni­schen Ein­bau­ten abge­schlos­sen, in den ver­gan­ge­nen Tagen wur­den noch die Lauf­kar­ten und das Schlüs­sel­de­pot für die Feu­er­wehr ein­ge­rich­tet. In den kom­men­den Som­mer­fe­ri­en wird die Anla­ge auf die zustän­di­ge Not­ruf­zen­tra­le in Bay­reuth auf­ge­schal­tet und damit in Betrieb genom­men.“ Ab dem kom­men­den August sind dann die Nut­zer des Amts­hofs und die Kulm­ba­cher Alt­stadt noch bes­ser als bis­her geschützt.

Hin­ter­grund­in­fos: Der Lang­hei­mer Amtshof

Der Amts­of geht auf eine 1321 erst­mals erwähn­te Katha­ri­nen­ka­pel­le zurück. Der Barock­bau wur­de auf Betrei­ben von Abt Gal­lus Knaur aus Lang­heim in den 1690er Jah­ren als Außen­stel­le des Zister­zi­en­ser­klo­sters Lang­heim nach Plä­nen von Johann Leon­hard Dient­zen­ho­fer errich­tet. Er ist heu­te im Besitz der von Land­kreis und Stadt Kulm­bach getra­ge­nen Lang­hei­mer Amts­hof Sanie­rungs- und Ver­wal­tungs­ge­sell­schaft mbH. Geschäfts­füh­rer ist seit der Grün­dung 1981 Abtei­lungs­di­rek­tor a. D. Rolf Peiln­stei­ner. Die Anla­ge besteht aus dem Prä­la­ten­bau, dem Mönchs­bau und dem sich nörd­lich dar­an anschlie­ßen­den Zehnt­sta­del, sowie einem ummau­er­ten Innen­hof und einem süd­lich gele­ge­nen von Mau­ern ein­ge­fass­ten Barock­gar­ten auf zwei Terrassenebenen.

Der pracht­voll ver­zier­te Amts­hof wird heu­te als Bil­dungs­ein­rich­tung genutzt von der wohl schön­sten Schu­le für Phar­ma­zeu­tisch-tech­ni­sche Assi­sten­ten (PTA-Schu­le), von der Aka­de­mie für Neue Medi­en, der Aka­de­mie der Baye­ri­schen Pres­se und klei­ne­ren For­schungs- und Lehr­ein­rich­tun­gen der Uni­ver­si­tä­ten Bay­reuth und Bamberg.

Auf­sichts­rat

Der neue Auf­sichts­rat der Lang­hei­mer Amts­hof Sanie­rungs- und Ver­wal­tungs­ge­sell­schaft mbH setzt sich seit Mai 2020 wie folgt zusammen:

  • Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­der: Land­rat Klaus-Peter Söllner
  • Stell­ver­tre­ten­der Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­der: Ober­bür­ger­mei­ster Ingo Lehmann
  • Kulm­ba­cher Stadträte 
    • Mat­thi­as Meu­ß­gey­er (SPD)
    • Dr. Die­ter Hege­le (CSU)
    • Tho­mas Nagel (FDP)
  • Kreis­rä­te:
    • Rai­ner Lud­wig, MdL (FW)
    • Chri­sti­na Flau­der, Stell­ver­tre­ten­de Land­rä­tin (SPD)
    • Bür­ger­mei­ster Frank Wil­zok (CSU)