FAU: Zwei Wel­ten? Inte­gra­ti­ons­po­li­tik in Stadt und Land

Symbolbild Bildung

Die Flucht­mi­gra­ti­on der Jah­re 2015/2016 hat die Inte­gra­ti­ons­po­li­tik in deut­schen Städ­ten, Land­krei­sen und Gemein­den nach­hal­tig ver­än­dert: In vie­len Kom­mu­nen wur­de in der Fol­ge ein loka­les Inte­gra­ti­ons­ma­nage­ment auf- oder bestehen­de Struk­tu­ren aus­ge­baut. Gleich­zei­tig ist die Finan­zie­rung inte­gra­ti­ons­po­li­ti­scher Maß­nah­men oft nicht gesi­chert, Kom­mu­nen sind bis heu­te stark von befri­ste­ten Pro­jekt­gel­dern, Bun­des- oder Lan­des­för­de­rung abhän­gig. Zu die­sem Ergeb­nis kommt die Stu­die „Zwei Wel­ten? Inte­gra­ti­ons­po­li­tik in Stadt und Land“, die Wis­sen­schaft­ler der Uni­ver­si­tä­ten Hil­des­heim und Erlan­gen-Nürn­berg vor­ge­legt haben. Unter ande­rem emp­feh­len sie Bund und Län­dern zu prü­fen, Inte­gra­ti­on zur kom­mu­na­len Pflicht­auf­ga­be zu machen. Geför­dert wur­de die bis­lang größ­te qua­li­ta­ti­ve Stu­die zum kom­mu­na­len Inte­gra­ti­ons­ma­nage­ment von der Robert Bosch Stif­tung GmbH.

Für die Stu­die unter­such­te ein For­scher­team um den Hil­des­hei­mer Pro­fes­sor Han­nes Scham­mann und Pro­fes­so­rin Petra Ben­del von der Fried­rich-Alex­an­der-Uni­ver­si­tät Erlan­gen-Nürn­berg (FAU) die Struk­tu­ren loka­ler Inte­gra­ti­ons­po­li­tik von deutsch­land­weit 92 Kom­mu­nen. 68 Pro­zent der ana­ly­sier­ten Kom­mu­nen haben dem­nach ihren inte­gra­ti­ons­po­li­ti­schen Ansatz als Reak­ti­on auf die Zuwan­de­rung 2015/2016 syste­ma­tisch über­ar­bei­tet, jede drit­te Kom­mu­ne ver­fügt inzwi­schen über ein Integrationskonzept. 

Zuwan­de­rung 2015/2016 als Kata­ly­sa­tor für Integrationspolitik

Kom­mu­nen tre­ten in der Inte­gra­ti­ons­po­li­tik inzwi­schen selbst­be­wusst auf. So gaben vier von fünf Befrag­ten (85,9 Pro­zent) an, auf der jewei­li­gen Lan­des­ebe­ne Ein­fluss auf die Inte­gra­ti­ons­po­li­tik neh­men zu wol­len, mehr als die Hälf­te ziel­te sogar auf die Bun­des­ebe­ne ab. „In vie­len Kom­mu­nen hat der ‘lan­ge Som­mer der Migra­ti­on‘ als Kata­ly­sa­tor für das Inte­gra­ti­ons­ma­nage­ment gewirkt“, so Han­nes Scham­mann. „Dass Inte­gra­ti­on gelingt, hängt wesent­lich davon ab, ob es für die jewei­li­gen Gege­ben­hei­ten die pas­sen­den Struk­tu­ren gibt – und kann vom infor­mel­len Inte­gra­ti­ons­ma­nage­ment durch den Bür­ger­mei­ster selbst bis hin zu pro­fes­sio­na­li­sier­ten Ein­hei­ten, etwa in Form eines Migra­ti­ons­am­tes, rei­chen.“ Ins­ge­samt iden­ti­fi­zie­ren die Wis­sen­schaft­ler sie­ben Typen des kom­mu­na­len Inte­gra­ti­ons­ma­nage­ments. Um auf schwan­ken­de Bedarfs­la­gen reagie­ren zu kön­nen, emp­feh­len sie den Kom­mu­nen den Auf­bau fle­xi­bler Strukturen.

Grö­ße der Kom­mu­ne nicht für Inte­gra­ti­ons­er­fol­ge entscheidend

Das Gegen­satz­paar „Stadt“ und „Land“ taugt laut den Autoren der Stu­die kaum dazu, Unter­schie­de in der kom­mu­na­len Inte­gra­ti­ons­po­li­tik zu erklä­ren. So sei die Grö­ße der Kom­mu­ne nicht ent­schei­dend für Inte­gra­ti­ons­er­fol­ge, wie oft ange­nom­men. Auch die sozio­öko­no­mi­sche Situa­ti­on und par­tei­po­li­ti­sche Mehr­hei­ten einer Kom­mu­ne schei­nen weni­ger wich­tig zu sein. Viel­mehr spie­len loka­le Nar­ra­ti­ve und das per­sön­li­che Enga­ge­ment von Schüs­sel­per­so­nen eine zen­tra­le Rol­le. „Erfolg­rei­che Inte­gra­ti­ons­ar­beit darf nicht vom Enga­ge­ment Ein­zel­ner abhän­gen“, sagt Dr. Maja Pflü­ger, ver­ant­wort­lich für das The­ma Ein­wan­de­rungs­ge­sell­schaft in der Robert Bosch Stif­tung. „Vie­le Kom­mu­nen haben erst in den ver­gan­ge­nen Jah­ren begon­nen, ihr Inte­gra­ti­ons­ma­nage­ment zu pro­fes­sio­na­li­sie­ren. Die­se Struk­tu­ren gilt es wei­ter zu stär­ken und nach­hal­tig aus­zu­bau­en.“ So gaben fast 95 Pro­zent der befrag­ten Kom­mu­nen an, dass sie bereits vor 2015 über inten­si­ve Erfah­rung mit Migra­ti­on ver­füg­ten. Den­noch beton­ten sowohl klei­ne Gemein­den wie grö­ße­re Städ­te, dass sie sich auf die Zuwan­de­rung der Jah­re 2015/16 nicht gut vor­be­rei­tet sahen. 

Zur Metho­de

Die Stu­die „Zwei Wel­ten? Inte­gra­ti­ons­po­li­tik in Stadt und Land“ unter­sucht die kom­mu­na­le Inte­gra­ti­ons­po­li­tik in 92 aus­ge­wähl­ten Kom­mu­nen in zwölf deut­schen Bun­des­län­dern (23 kreis­freie Städ­te, 24 Land­krei­se und 45 kreis­an­ge­hö­ri­ge Kom­mu­nen; Liste aller Kom­mu­nen auf Anfra­ge). Dazu wur­den in den ver­gan­ge­nen zwei Jah­ren 182 Inter­views mit Ver­tre­tern von Ver­wal­tung und Zivil­ge­sell­schaft geführt und ausgewertet.

Die voll­stän­di­ge Stu­die fin­den Sie zum Down­load unter www​.bosch​-stif​tung​.de/​s​t​u​d​i​e​-​z​w​e​i​-​w​e​l​ten.