Uni­ver­si­tät Bay­reuth: „Getrei­de­pflan­zen im Klimastress“

Symbolbild Bildung

Neu­er For­schungs­ver­bund unter­sucht Vor­aus­set­zun­gen für mehr Ernährungssicherheit

Infol­ge des Kli­ma­wan­dels wer­den Getrei­de­pflan­zen län­ge­ren und häu­fi­ge­ren Dür­re­zei­ten aus­ge­setzt sein. Wie gut sie die­sen Stress über­ste­hen, hängt von ihren Wech­sel­wir­kun­gen mit Was­ser, Nähr­stof­fen, Bak­te­ri­en und Pil­zen im Boden ab. Der neue, von der Uni­ver­si­tät Bay­reuth koor­di­nier­te For­schungs­ver­bund „Rhi­zo­Traits“ will der unter­schied­lich aus­ge­präg­ten Wider­stands­fä­hig­keit von Getrei­de­sor­ten nun genau­er auf den Grund gehen. Die Ergeb­nis­se sol­len in bio­öko­no­mi­sche Kon­zep­te zur Stär­kung der Ernäh­rungs­si­cher­heit ein­flie­ßen. Das Bun­des­mi­ni­ste­ri­um für Bil­dung und For­schung (BMBF) för­dert das Vor­ha­ben für zunächst vier Jah­re mit 1,9 Mio. Euro, davon ent­fal­len eine Mio. Euro auf die Uni­ver­si­tät Bayreuth.

Koope­ra­ti­ons­part­ner im neu­en For­schungs­ver­bund sind die Tech­ni­sche Uni­ver­si­tät Mün­chen, das Karls­ru­her Insti­tut für Tech­no­lo­gie und die Baye­ri­sche Lan­des­an­stalt für Land­wirt­schaft. Der Name „Rhi­zo­Traits“ lei­tet sich her von der Rhi­zo­sphä­re: In die­sem Bereich des Erd­bo­dens suchen die Pflan­zen­wur­zeln nach Nähr­stof­fen und Was­ser­re­ser­ven, hier ste­hen sie mit ver­schie­den­sten Mikro­or­ga­nis­men im Aus­tausch. „Die­se unter­ir­di­schen Vor­gän­ge sind der Schlüs­sel für die Anpas­sungs- und Wider­stands­fä­hig­keit von Getrei­de­pflan­zen im Kli­ma­wan­del. Des­halb müs­sen wir mehr dar­über wis­sen, wel­che spe­zi­el­len Eigen­schaf­ten der Rhi­zo­sphä­re den Pflan­zen in Dür­re­zei­ten nüt­zen oder ihnen scha­den. Auch die Unter­schie­de zwi­schen ver­schie­de­nen Getrei­de­sor­ten sind dabei zu berück­sich­ti­gen. Nur so wird es gelin­gen, unse­re land­wirt­schaft­li­chen Öko­sy­ste­me auf Dau­er robu­ster zu machen“, erklärt Juni­or-Pro­fes­so­rin Dr. Johan­na Pausch, die Koor­di­na­to­rin des For­schungs­ver­bunds. Sie lei­tet die Arbeits­grup­pe Agrar­öko­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth und ist Mit­glied des Bay­reu­ther Zen­trums für Öko­lo­gie und Umwelt­for­schung (Bay­CE­ER).

Ernäh­rungs­si­cher­heit in Zei­ten des Klimawandels

Je genau­er und umfas­sen­der die Wech­sel­wir­kun­gen in der Rhi­zo­sphä­re auf­ge­klärt sind, desto zuver­läs­si­ger las­sen sich Fol­gen des Kli­ma­wan­dels für die Land­wirt­schaft vor­her­sa­gen. Aber es geht den For­schungs­part­nern von „Rhi­zo­Trait“ nicht allein um Pro­gno­sen. Wich­ti­ger sind land­wirt­schaft­li­che und ernäh­rungs­po­li­ti­sche Maß­nah­men, die die­sen abseh­ba­ren Fol­gen des Kli­ma­wan­dels zuvor­kom­men. „Auf der Grund­la­ge der gemein­sa­men For­schungs­er­geb­nis­se wol­len wir inno­va­ti­ve Kon­zep­te vor­schla­gen, die dar­auf abzie­len, dass land­wirt­schaft­li­che Erträ­ge trotz ver­än­der­ter kli­ma­ti­scher Bedin­gun­gen mit dem Bedarf einer wach­sen­den Welt­be­völ­ke­rung Schritt hal­ten kön­nen. Die­se Hand­lungs­emp­feh­lun­gen ver­ste­hen wir als Bei­trag zu einer Bio­öko­no­mie, in der Nach­hal­tig­keit und Ernäh­rungs­si­cher­heit eng ver­knüpft sind“, sagt Pausch.

Alte Nutz­pflan­zen: eine wert­vol­le Informationsquelle

Eine Beson­der­heit der geplan­ten For­schungs­ar­bei­ten liegt dar­in, dass auch alte, für die Land­wirt­schaft kaum noch rele­van­te Nutz­pflan­zen in die Unter­su­chun­gen ein­be­zo­gen wer­den. Die heu­te ange­bau­ten Getrei­de­sor­ten sind größ­ten­teils Züch­tun­gen aus den letz­ten 50 Jah­ren. Dabei stand die Stei­ge­rung der Erträ­ge im Vor­der­grund, eine aus­rei­chen­de Was­ser- und Nähr­stoff­ver­sor­gung galt als gewähr­lei­stet. Die Fra­ge, ob sich die Pflan­zen an einen kli­ma­be­ding­ten Man­gel an Was­ser und Nähr­stof­fen anpas­sen kön­nen, blieb daher mei­stens außer Betracht.

Im Zuge die­ser Ent­wick­lung könn­ten jedoch Gene ver­lo­ren gegan­gen sein, die für die Wider­stands­fä­hig­keit von Getrei­de­pflan­zen wich­tig sind. Sie ver­set­zen die Pflan­zen in die Lage, die Ver­hält­nis­se im Boden zu ihrem eige­nen Vor­teil zu beein­flus­sen. So kön­nen die Wur­zeln bei­spiels­wei­se Sub­stan­zen abson­dern, wel­che die Ansied­lung von Pil­zen und Bak­te­ri­en in der unmit­tel­ba­ren Nach­bar­schaft för­dern. Sym­bio­sen mit Pil­zen, die Nähr­stof­fe lie­fern, oder Sym­bio­sen mit Bak­te­ri­en, die Stick­stoff aus der Luft bin­den kön­nen, machen die Pflan­zen weni­ger anfäl­lig für die Fol­gen von Dür­re oder ande­ren Extrem­ereig­nis­sen. An alten Nutz­pflan­zen­sor­ten lässt sich able­sen, ob die gene­ti­sche Basis für einen der­ar­ti­gen Selbst­schutz durch rein ertrags­ori­en­tier­te Züch­tun­gen ver­än­dert wur­de. Zudem ent­hal­ten sie mög­li­cher­wei­se wei­te­re Hin­wei­se dar­auf, wel­che Eigen­schaf­ten der Rhi­zo­sphä­re die Stress­to­le­ranz von Pflan­zen stär­ken können.