Bay­ern: Um nicht gegen die Kon­takt­be­schrän­kun­gen wäh­rend Coro­na zu ver­sto­ßen – Dro­gen­schmugg­ler schicken das Rausch­gift per Post

Symbolbild Polizei

Dro­gen­schmugg­ler ver­la­gern ihren Ver­triebs­weg wäh­rend der Pan­de­mie von der Stra­ße auf den Post­weg / Bay­erns Justiz­mi­ni­ster Eisen­reich: „Ermitt­ler müs­sen Zugang zu den Sen­dungs­da­ten bekom­men – egal, ob das ver­däch­ti­ge Paket bereits aus­ge­lie­fert wur­de oder nicht“ / Bay­ern will Aus­kunfts­pflicht von Post­dienst­lei­stern erweitern

Nach Ein­schät­zung des Zolls hat sich der Dro­gen­schmug­gel in der Coro­na-Pan­de­mie zuneh­mend von der Stra­ße auf den Post­weg ver­la­gert. Allein in Unter­fran­ken wur­den Ende April und Anfang Mai Post­pa­ke­te mit mehr als zehn Kilo Can­na­bis­blü­ten beschlag­nahmt. Offen­bar schät­zen die Dea­ler die Gefahr, auf der Stra­ße erwischt zu wer­den, höher ein, als über den Post­weg aufzufliegen.

Der baye­ri­sche Justiz­mi­ni­ster Georg Eisen­reich for­dert ange­sichts des zuneh­men­den Ver­sand­han­dels von Betäu­bungs­mit­teln per Post, die Aus­kunfts­pflicht von Post­dienst­lei­stern zu erwei­tern. Eisen­reich: „In der Anony­mi­tät des Inter­nets sind die Täter meist nur schwer zu fas­sen. Aber auch digi­tal im Dark­net bestell­te Waren müs­sen irgend­wann aus­ge­lie­fert wer­den. Dann stei­gen die Ermitt­lungs­chan­cen.“ Die dabei anfal­len­den Sen­dungs­da­ten wer­den von den Post­dienst­lei­stern festgehalten.

Mini­ster Eisen­reich: „Die Ermitt­ler brau­chen Zugang zu die­sen Daten, was nach gel­ten­dem Recht nur begrenzt mög­lich ist. Die Post­dienst­lei­ster müs­sen zwar Aus­kunft geben über die Pake­te, die sich gera­de bei ihnen befin­den. Es gibt aber kei­ne Aus­kunfts­pflicht für ver­däch­ti­ge Pake­te, die bereits an den Emp­fän­ger aus­ge­lie­fert wurden.“

Eine Rege­lungs­lücke, die für den baye­ri­schen Justiz­mi­ni­ster auch ange­sichts der aktu­el­len Ent­wick­lung geschlos­sen wer­den muss. Der Frei­staat will für die Ermitt­lungs­be­hör­den die Mög­lich­keit schaf­fen, umfas­send Aus­künf­te über Post­sen­dun­gen zu ver­lan­gen, die sich im Gewahr­sam des Post­dienst­lei­sters befin­den, befun­den haben oder zur dor­ti­gen Ein­lie­fe­rung erst ange­kün­digt sind. Bay­ern setzt sich des­halb nach­drück­lich für eine Ergän­zung des § 99 der Straf­pro­zess­ord­nung ein.

Mini­ster Eisen­reich abschlie­ßend: „Die Aus­künf­te von Post­dienst­lei­stern lie­fern einen wich­ti­gen, unter Umstän­den sogar den ein­zi­gen Anhalts­punkt zur Iden­ti­fi­zie­rung von Ver­däch­ti­gen. Die Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den müs­sen des­halb auf die­se Infor­ma­tio­nen zugrei­fen können.“

Hin­ter­grund:

§ 99 der Straf­pro­zess­ord­nung (StPO, „Post­be­schlag­nah­me“) sieht vor, dass an den Beschul­dig­ten gerich­te­te und unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen auch von dem Beschul­dig­ten her­rüh­ren­de Post­sen­dun­gen oder Tele­gram­me beschlag­nahmt wer­den dür­fen, wenn sie sich im Gewahr­sam von Post- oder Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­dien­sten befin­den. Anstel­le einer Beschlag­nah­me kann in die­sen Fäl­len von den Post­dienst­lei­stern auch Aus­kunft über die fest­ge­hal­te­nen Sen­dungs­da­ten ver­langt wer­den. Nach der jün­ge­ren Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs kön­nen Ermitt­ler aber kei­ne Aus­künf­te über Pake­te ver­lan­gen, die bereits aus­ge­lie­fert sind und sich damit nicht mehr in ihrem Gewahr­sam befin­den (sog. retro­gra­de Aus­kunfts­ver­lan­gen). Ähn­li­ches dürf­te auch für Post­sen­dun­gen gel­ten, die zwar schon ange­kün­digt sind, sich aber noch nicht im Gewahr­sam des Post­dienst­lei­sters befinden.

Bay­ern will die­se Geset­zes­lücke schlie­ßen. Durch eine Ergän­zung von § 99 StPO soll es den Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den aus­drück­lich ermög­licht wer­den, von Post­dienst­lei­stern Aus­künf­te über Post­sen­dun­gen zu ver­lan­gen und zwar unab­hän­gig davon, ob sich die jewei­li­ge Sen­dung schon bzw. noch in deren Gewahr­sams­be­reich befin­det oder nicht.