Pri­vat­kon­sum und Export bre­chen ein – Forch­hei­mer Wirt­schaft stark unter Druck

Dr. Michael Waasner, Vizepräsident der IHK für Oberfranken Bayreuth

Dr. Micha­el Waas­ner, Vize­prä­si­dent der IHK für Ober­fran­ken Bayreuth

„Pri­vat­kon­sum, Export und Unter­neh­mens­in­ve­sti­tio­nen bre­chen ein, das bleibt nicht ohne Aus­wir­kun­gen auf die hei­mi­sche Wirt­schaft“, fasst Dr. Micha­el Waas­ner, IHK-Vize­prä­si­dent und Vor­sit­zen­der des IHK-Gre­mi­ums Forch­heim die aktu­el­le Wirt­schafts­la­ge zusammen.

Die Coro­na-Kri­se erschüt­tert die ober­frän­ki­schen Unter­neh­men. In der Mai-Kon­junk­tur­um­fra­ge der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth ist der IHK-Kon­junk­tur­kli­ma­in­dex kräf­tig ein­ge­bro­chen. Er ver­liert 35 Punk­te und liegt nun bei nur noch 79 Zäh­lern. Eine ver­gleich­ba­re Ent­wick­lung gab es zuletzt wäh­rend der Finanz- und Wirt­schafts­kri­se 2008/2009. Sowohl die aktu­el­le Kon­junk­tur­la­ge, als auch die Erwar­tun­gen an die Zukunft tra­gen zu die­sem Ein­bruch bei. Doch wie stellt sich die Situa­ti­on in den ober­frän­ki­schen Teil­re­gio­nen dar? „Der Kon­junk­tur­ein­bruch trifft alle Bran­chen und auch alle Teil­re­gio­nen. Den­noch gibt es zum Teil inter­es­san­te Unter­schie­de“, erläu­tert IHK-Prä­si­den­tin Son­ja Weigand.

Forch­heim: IHK-Kon­junk­tur­kli­ma­in­dex fällt von 117 auf 78 Punkte

Ähn­lich wie in Ober­fran­ken ver­läuft die der­zei­ti­ge Kon­junk­tur­ent­wick­lung im Land­kreis Forch­heim. Der Kon­junk­tur­kli­ma­in­dex bricht um 39 Punk­te auf 78 Punk­te ein. Nur im Raum Bay­reuth und im Raum Markt­red­witz-Selb war der Rück­gang noch ausgeprägter.

Beur­teil­ten zur Jah­res­wen­de noch die Hälf­te der Befrag­ten im Land­kreis Forch­heim ihre aktu­el­le Geschäfts­la­ge posi­tiv, sind es im Mai immer­hin noch 20 Pro­zent. Der Anteil der Unter­neh­mer mit einer schlech­ten Lage­be­ur­tei­lung hat sich auf 42 Pro­zent ver­drei­facht. Die­ser Nega­tiv­trend spie­gelt sich in allen Bran­chen wider. Betrof­fen waren nicht nur die Rei­se­bran­che, deren Geschäft kom­plett weg­ge­bro­chen ist, sowie Ein­zel­han­del, Gastro­no­mie und Hotel­le­rie und alle Bran­chen, deren Betrie­be von Mit­te März bis in den Mai poli­tisch ver­ord­net schlie­ßen muss­ten, son­dern auch die Industrie.

Aktu­ell kei­ne Bes­se­rung in Sicht

Ein gro­ßer Teil der Befrag­ten rech­net auch nicht damit, dass sich die Lage in den kom­men­den Mona­ten sta­bi­li­siert: 41 Pro­zent sind pes­si­mi­stisch gestimmt, nur 21 Pro­zent rech­nen mit einer Verbesserung.

„Die gan­ze Welt ist im Zuge der Coro­na­kri­se in eine Rezes­si­on gestürzt, die deut­lich aus­ge­präg­ter ist als in der Wirt­schafts- und Finanz­kri­se vor gut zehn Jah­ren“, resü­miert der Vor­sit­zen­de des IHK-Gre­mi­ums Forch­heim. „Die Coro­na-Maß­nah­men haben das Wirt­schafts­le­ben in gro­ßen Tei­len zum Erlie­gen gebracht.“ Ohne die flan­kie­ren­den Maß­nah­men von Bund und Land, vom ver­bes­ser­ten Kurz­ar­bei­ter­geld über die Coro­na-Sofort­hil­fe bis hin zu Dar­le­hen mit 100-pro­zen­ti­ger Haf­tung des Staa­tes, wäre die Situa­ti­on für die Unter­neh­men ohne Zwei­fel noch kri­ti­scher. Waas­ner: „Die Schlie­ßung der Geschäf­te ab Mit­te März brem­ste den Pri­vat­kon­sum. Grenz­schlie­ßun­gen und Shut­down in vie­len Län­dern brach­ten die Expor­te zum Erlie­gen. Der Ein­bruch von Inlands­kon­sum und Expor­ten ließ schließ­lich auch die Inve­sti­ti­ons­lau­ne in den Kel­ler fahren.“

Nur noch die Hälf­te der Unter­neh­men will investieren

Vor dem Hin­ter­grund der Coro­na-Pan­de­mie ist es nicht ver­wun­der­lich, dass auch die Inve­sti­ti­ons­ab­sich­ten rück­läu­fig sind. Die Hälf­te der Unter­neh­men will ihre Inve­sti­tio­nen in den kom­men­den 12 Mona­ten auf „Null“ fah­ren, zur Jah­res­wen­de lag der Anteil bei 20 Pro­zent. Hier ist Forch­heim Schluss­licht in Ober­fran­ken. Hin­zu kommt, dass auch die ver­blei­ben­den Unter­neh­men ihre Inve­sti­tio­nen zurück­fah­ren wol­len. Nur sie­ben Pro­zent der Unter­neh­men wol­len mehr, 26 Pro­zent dage­gen weni­ger inve­stie­ren. Noch zurück­hal­ten­der sind die Unter­neh­men bei Aus­lands­in­ve­sti­tio­nen. Gera­de ein­mal neun Pro­zent der Unter­neh­men haben über­haupt Inve­sti­ti­ons­ab­sich­ten im Ausland.

Beschäf­tig­ten­ab­bau erwartet

Die­se Rah­men­be­din­gun­gen schla­gen sich in der Pro­gno­se der Beschäf­tig­ten­ent­wick­lung nie­der. 36 Pro­zent der Unter­neh­men rech­nen mit einem Beschäf­tig­ten­ab­bau, nur zwei Pro­zent pla­nen einen Beschäf­tig­ten­zu­wachs. Wie schlecht die Rah­men­be­din­gun­gen ober­fran­ken­weit sind, zeigt sich dar­an, dass die Forch­hei­mer Unter­neh­men nach denen im IHK-Gre­mi­um Markt­red­witz-Selb noch am mei­sten inve­stie­ren wol­len, bei den Beschäf­tig­ten­pla­nun­gen liegt der Wirt­schafts­raum Forch­heim im ober­frän­ki­schen Mittelfeld.

Mit Anrei­zen und Ent­la­stun­gen raus aus der Krise

In den kom­men­den Mona­ten müs­sen des­halb Anrei­ze für Ver­brau­cher und Ent­la­stun­gen für Unter­neh­men im Mit­tel­punkt ste­hen. „Die Ver­brau­cher haben nicht deut­lich weni­ger Geld als vor Beginn der Coro­na-Kri­se. Sie haben aber Angst um ihren Arbeits­platz und ihre finan­zi­el­le Zukunft“, so Waas­ner. „Eine Kehrt­wen­de schaf­fen wir nur dann, wenn der Opti­mis­mus zurück­kehrt und die Men­schen wie­der mehr Geld ausgeben.“

Anschub­pa­ket gefordert

Waas­ner for­dert des­halb ein „Anschub­pa­ket für Ent­la­stung, Liqui­di­tät und Inve­sti­tio­nen“. Die Unter­neh­men müss­ten sich in den kom­men­den Mona­ten aus­nahms­los auf ihr ope­ra­ti­ves Geschäft kon­zen­trie­ren und nicht durch neue und unnö­ti­ge Bela­stun­gen gefähr­det wer­den. Durch weni­ger Bela­stun­gen und mehr Ent­la­stun­gen las­se sich die wei­te­re Wirt­schafts­ent­wick­lung sti­mu­lie­ren, ist sich Waas­ner sicher.

„Weni­ger Bela­stun­gen, etwa durch ein Ver­schie­ben der Umstel­lung auf mani­pu­la­ti­ons­si­che­re Kas­sen­sy­ste­me auf 2021. Allei­ne die­se Maß­nah­me wür­de die ober­frän­ki­schen Unter­neh­men in die­sem Jahr um rund 10 Mil­lio­nen Euro ent­la­sten.“ Aber auch etwa der Ver­zicht auf inzwi­schen über­kom­ple­xe Com­pli­ance-Syste­me oder rea­li­täts­fer­ne – weil uner­füll­ba­re – Prüf- und Infor­ma­ti­ons­pflich­ten bei Kre­di­ten, wür­den die Bela­stun­gen für vie­le Unter­neh­men redu­zie­ren. „In der jet­zi­gen Pha­se ist es aber auch wich­tig, dass der Beschäf­tig­ten­auf­bau nicht durch die Ein­schrän­kung von Befri­stungs­mög­lich­kei­ten behin­dert wird. Auch dür­fen die Beschäf­ti­gungs­po­ten­tia­le der Zeit­ar­beit nicht durch zusätz­li­che Beschrän­kun­gen gefähr­det wer­den“, so Waasner.

Steu­er­li­che Anrei­ze zur Wie­der­be­le­bung der Konjunktur

Steu­er­ent­la­stun­gen wür­den in der aktu­el­len Situa­ti­on für Liqui­di­tät und Inve­sti­tio­nen sor­gen, so Waas­ner: „Die Ein­füh­rung einer ein­ma­li­gen steu­er­frei­en ‚Coro­na-Rück­la­ge‘ für den Jah­res­sab­schluss 2019 sor­gen eben­so für eine Ent­la­stung, wie die Ermög­li­chung eines Ver­lust­rück­tra­ges in den ver­gan­ge­nen drei Jah­ren.“ Aber auch die Erhö­hung der umsatz­steu­er­li­chen Klein­un­ter­neh­mer­gren­ze oder die Sen­kung der Steu­er­be­la­stung auf ein wett­be­werbs­fä­hi­ges Niveau von maxi­mal 25 Pro­zent wären wei­te­re sti­mu­lie­ren­de Maßnahmen.