Bio­che­mie-Absol­vent der Uni­ver­si­tät Bay­reuth hat Anti­gen für hoch­spe­zi­fi­schen Coro­na-Anti­kör­per­test entwickelt

Das Analyse-System cobas e 801, auf dem der neue Antikörper-Test läuft. Foto: © Roche
Das Analyse-System cobas e 801, auf dem der neue Antikörper-Test läuft. Foto: © Roche
Dr. Christian Scholz. Foto: privat.

Dr. Chri­sti­an Scholz. Foto: privat.

Vor kur­zem hat der Heal­th­ca­re-Kon­zern Roche an sei­nem Stand­ort Penz­berg süd­lich von Mün­chen einen neu­en Anti­kör­per­test vor­ge­stellt. Immun­re­ak­tio­nen auf­grund eines Kon­takts mit dem SARS-CoV-2-Virus kön­nen jetzt mit einer an 100 Pro­zent gren­zen­den Zuver­läs­sig­keit nach­ge­wie­sen wer­den. Der Test wur­de maß­geb­lich von Dr. Chri­sti­an Scholz mit­ge­stal­tet, einem Bio­che­mie-Absol­ven­ten der Uni­ver­si­tät Bay­reuth und heu­ti­gen Labor­lei­ter bei Roche. Erkennt­nis­se zur Pro­te­in­fal­tung, die er in sei­ner Bay­reu­ther Dis­ser­ta­ti­on gewon­nen hat, waren ent­schei­dend für die Ent­wick­lung des Tests.

Mit dem neu­en Test wird es in naher Zukunft mög­lich sein, gro­ße Bevöl­ke­rungs­grup­pen dar­auf­hin zu unter­su­chen, wie­vie­le Per­so­nen auf­grund einer Infek­ti­on mit dem Virus eine Immun­ant­wort ent­wickelt haben. Auf die­se Wei­se kann der Test eine zuver­läs­si­ge epi­de­mio­lo­gi­sche Daten­er­he­bung sicher­stel­len, die aus­sa­ge­kräf­ti­ge Ana­ly­sen ermög­licht, wenn gesund­heits­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen über Locke­rungs­maß­nah­men zu tref­fen sind.

Die außer­or­dent­li­che Zuver­läs­sig­keit des Tests ist maß­geb­lich den For­schungs­er­geb­nis­sen zu ver­dan­ken, die Dr. Chri­sti­an Scholz in sei­ner 1999 ver­öf­fent­lich­ten Dis­ser­ta­ti­on an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth gewon­nen hat. Seit sei­ner Pro­mo­ti­on lei­tet er ein For­schungs­la­bor von Roche im ober­baye­ri­schen Penz­berg. „Die Zeit in Bay­reuth und ins­be­son­de­re die inspi­rie­ren­de und kol­le­gia­le Arbeits­at­mo­sphä­re in der For­schungs­grup­pe von Prof. Franz-Xaver Schmid habe ich in sehr guter Erin­ne­rung. Alles, was ich über Pro­te­in­fal­tung weiß, habe ich von ihm gelernt“, sagt der Bay­reu­ther Absolvent.

Ob ein Test die gegen ein Virus gebil­de­ten Anti­kör­per zuver­läs­sig erkennt, hängt ent­schei­dend von dem Anti­gen ab, das dabei ein­ge­setzt wird. Aktu­ell wird ein Anti­gen des Coro­na­vi­rus SARS-CoV‑2 benö­tigt, das mit sehr hoher Emp­find­lich­keit und Spe­zi­fi­tät die gegen die­ses Virus gebil­de­ten Anti­kör­per in Blut­pro­ben erkennt. Außer­dem muss die­ses Anti­gen eine hin­rei­chend hohe Sta­bi­li­tät auf­wei­sen. Denn nur so ist gewähr­lei­stet, dass es nach der Her­stel­lung der Test­kits sei­ne vol­le Akti­vi­tät über eine aus­rei­chend lan­ge Zeit zuver­läs­sig behält. Das Anti­gen, das alle die­se Anfor­de­run­gen erfüllt und das Herz­stück des neu­en Anti-SARS-CoV-2-Anti­kör­per­tests bil­det, hat Dr. Chri­sti­an Scholz mit sei­ner For­scher­grup­pe in Penz­berg entwickelt.

Dabei konn­te er an die Ergeb­nis­se sei­ner Bay­reu­ther Dok­tor­ar­beit anknüp­fen, in der er sich mit der kata­ly­sier­ten Pro­te­in­fal­tung beschäf­tigt und die Eigen­schaf­ten ver­schie­de­ner Fal­tungs­hel­fer unter­sucht hat­te. Die­se Pro­te­ine, auch mole­ku­la­re Cha­pe­ro­ne („mole­ku­la­re Anstands­da­men“) genannt, hel­fen ande­ren Pro­te­inen, ihre rich­ti­ge, bio­lo­gisch akti­ve Form zu fin­den. Dr. Scholz hat ein von Haus aus aggre­ga­ti­ons­an­fäl­li­ges Anti­gen von SARS-CoV‑2 mit einem Fal­tungs­hel­fer ver­knüpft, den er bereits als Dok­to­rand im Labo­ra­to­ri­um für Bio­che­mie der Uni­ver­si­tät Bay­reuth ana­ly­siert hat­te. Dadurch konn­te er eine äußerst lös­li­che und sta­bi­le Ver­si­on des SARS-CoV-2-Anti­gens erzeu­gen, das sei­ne vol­le bio­lo­gi­sche Akti­vi­tät in den Test­kits über lan­ge Zeit behält. Zudem macht es die durch den Fal­tungs­hel­fer erziel­te Sta­bi­li­sie­rung mög­lich, das Anti­gen in repro­du­zier­bar hoher Qua­li­tät im Gramm-Maß­stab zu gewin­nen. Dies ist eine unab­ding­ba­re Vor­aus­set­zung dafür, dass schon bald eine gro­ße Anzahl von Tests im zwei­stel­li­gen Mil­lio­nen­be­reich für den Welt­markt bereit­ge­stellt wer­den kann.

Die­ses beein­drucken­de und ermu­ti­gen­de Bei­spiel zeigt, wie eine schein­bar zweck­freie Grund­la­gen­for­schung in der Bio­che­mie unver­se­hens her­aus­ra­gen­de Bedeu­tung für die Gesund­heits­vor­sor­ge welt­weit gewin­nen kann. Tat­säch­lich könn­te sich die wis­sen­schaft­li­che Arbeit zur assi­stier­ten Pro­te­in­fal­tung, die unter der Lei­tung von Prof. F. X. Schmid an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth gelei­stet wur­de, als ein ganz unver­hoff­ter Schlüs­sel zur Ein­däm­mung der Covi­d19-Pan­de­mie erweisen.