„Schwitz­ba­den, Schröp­fen und Kurie­ren – Vir­tu­el­le Eröff­nung der Aus­stel­lung zum Bader­hand­werk im Frän­ki­schen Freilandmuseum“

Das Bad­haus­for­schungs­team (Archi­var Ralf Ross­meissl, Muse­um­lei­ter Dr. Her­bert May, wiss. Volon­tär Felix Schmie­der, Restau­ra­tor Frank Witt­stadt, Dr. Susan­ne Gro­sser nicht im Bild) des Frän­ki­schen Freilan­mu­se­ums bei der vir­tu­el­len Eröff­nung der Aus­stel­lung „Bader in Fran­ken“, Foto Mar­ga­ret Meggle-Freund

Sze­ne aus einer Bade­rei / Foto: Privat

Am Mon­tag, dem 18. Mai, eröff­net das Frän­ki­sche Frei­land­mu­se­um des Bezirks Mit­tel­fran­ken wegen der­der­zei­ti­gen Kon­takt­be­schrän­kun­gen sei­ne neue Son­der­aus­stel­lung zum Bader­hand­werk in Fran­ken per Video im vir­tu­el­len Raum. Die Bader sorg­ten vom Spät­mit­tel­al­ter bis in das 20. Jahr­hun­dert hin­ein für die Gesund­heits­pfle­ge und wund­ärzt­li­che Ver­sor­gung im Land.„Bader“ ist im deutsch­spra­chi­gen Raum ein weit­ver­brei­te­ter Fami­li­en­na­me. Das spie­gelt­wi­der, dass es im Spät­mit­tel­al­ter eine flä­chen­decken­de Ver­sor­gung mit Bad­stu­ben gab. Nur ein hand­werk­lich aus­ge­bil­de­ter, geprüf­ter und in der Zunft orga­ni­sier­ter Bader durf­te eine Bad­stu­be betrei­ben. So fin­ster und dreckig kann das Mit­tel­al­ter also gar nicht gewe­sen sein. Das Bad­haus­for­schungs­team des Frän­ki­schen Frei­land­mu­se­ums beglei­tet den Wie­der­auf­bau des mit­tel­al­ter­li­chen Bad­hau­ses aus Wen­del­stein, das näch­stes Jahr im Muse­um wie­der in Betrieb genom­men wer­den soll. Als Vor­ge­schmack dar­auf prä­sen­tiert das Team sei­ne For­schungs­er­geb­nis­se zum fast ver­ges­se­nen Berufs­stand der Bader in Fran­ken nun in einer Aus­stel­lung zum Bader­hand­werk. Im Spät­mit­tel­al­ter war es bei Armen und Rei­chen üblich,das Bad­haus zu besu­chen. „Seel­bä­der“ waren Stif­tun­gen, die­es auch Armen ermög­lich­ten, ins Bad­haus zu gehen. Nach dem Ver­ständ­nis der „Säf­te­leh­re“ gal­tes, über­flüs­si­ge Kör­per­säf­te los­zu­wer­den. Wege dazu waren zum Bei­spiel der Ader­lass, aber auch Schwit­zen und Schröp­fen. Gesund­heit stell­te man sich als das Gleich­ge­wicht der Säf­te vor. Der Bader bot im Bad­haus ein Schwitz­bad an –ähn­lich unse­rer heu­ti­gen Sauna.

Im gro­ßen Bade ofen wur­den hei­ße Stei­ne mit Was­ser über­gos­sen, so dass die Bade­gä­ste kräf­tig in Schwit­zen kamen. Waren sie dann erwärmt und gut durch­blu­tet, lie­ßen sie sich häu­fig vom Bader blu­tig schröp­fen. Dazu ritz­te der Bader die Haut zunächst etwas an, dann setz­te er den erwärm­ten Schröpf­kopf auf. Durch den ent­ste­hen­den Unter­druck saug­te sich der Schröpf­kopf fest und ent­zog klei­ne Men­gen Blu­tes aus der Haut. Haa­re waschen, schnei­den und Rasie­ren run­de­ten den Bad­haus­be­such ab. In einem nach­ge­bau­ten höl­zer­nen Schwitz­ka­sten, der zur Behand­lung Kran­ker dien­te, kön­nen die Besu­cher der Aus­stel­lung selbst ein­mal Platz neh­men. Ab dem 16. Jahr­hun­dert nah­men die Bade­ta­ge in den öffent­li­chen Bad­stu­ben immer mehr ab. Wer auf sich hielt,legte sich statt­des­sen ein pri­va­tes Bad­stüb­chen zu. Eine Rol­le spiel­ten auch die stei­gen­den Holz-prei­se und die Angst vor der Über­tra­gung der Syphil­lis. Für die Bader wur­de somit ihr zwei­tes Stand­bein als Wund­ärz­te immer wich­ti­ger. Seit dem Hoch­mit­tel­al­ter galt eine von der Kir­che vor­ge­ge­be­ne Tren­nung: die inne­re Medi­zin oder „Leib­arz­nei“ betrie­ben stu­dier­te Ärz­te, die Wund­arz­nei hin­ge­gen blieb den hand­werk­li­chen Badern oder Bar­bie­ren über­las­sen. So war man­cher Bader auf das Zäh­ne­zie­hen spe­zi-ali­siert. Klei­ne chir­ur­gi­sche Ein­grif­fe, wie bei­spiels­wei­se das Öff­nen von Abszes­seno­der die Behand­lung von Furun­keln, über­nah­men eben­falls die Bader. Zahn­zan­gen, Ader­lass­be­stecke oder auch eine Ampu­ta­ti­ons­sä­ge für grö­ße­re Ope­ra­tio­nen zeu­gen von der umfas­sen­den wund­ärzt­li­chen Tätig­keit der Bader. Sol­che sel­te­nen wund­ärzt­li­che Gerät­schaf­ten sind als kost­ba­re Leih­ga­ben in der tem­po­rä­ren Aus­stel­lung zu sehen.Die Bader stan­den in Kon­kur­renz mit den stu­dier­ten Ärz­ten. Manch ein durch­aus ver­sier­ter Chir­ur­gus, wie Dok­tor Eisen­barth, bot sei­ne Kün­ste auf Jahr­märk­ten durchs Land zie­hend an.

Aber auch Quack­sal­ber waren als Hei­ler tätig. In Winds­heim beschwer­te sich 1740 der Bader Bäum­ler beim Rat der Stadt, dass „all­hie­si­ger Scharf­rich­ter sich unter­stand … Schä­den zu ver­bin­den und sei­ne Quak­sal­berey … zu parc­ti­cie­ren,“ Der Hen­ker gab dar­auf­hin zu Pro­to­koll, dass er sich mit äußer­li­chen Kuren aus­ken­ne, denn, „ein Scharf­rich­ter müs­se soviel ver­ste­hen, daß wann ein Inqui­sit [Ange­klag­ter] in die Tor­tur kom­me, und ihm sei­ne glie­der ver­renkt wur­den, er sol­che wie­der in die vori­ge posi­tur brin­gen könne.“Die Bader sorg­ten für eine medi­zi­ni­sche Grund­ver­sor­gung in der Flä­che. Auf dem Land gab es bis ins 19. Jahr­hun­dert hin­ein kaum stu­dier­te Ärz­te. Die aller­letz­ten frän­ki­schen „Boder“ zogen noch im 20. Jahr­hun­dert Zäh­ne oder öff­ne­ten Abszes­se, wie uns Zeit­zeu­gen in einer Hör­sta­ti­on sehr anschau­lich berichten.Die sprit­zig und far­ben­froh gestal­te­te Aus­stel­lung ist nicht nur inhalt­lich inter­es­sant, son­dern auch ein opti­sches Ver­gnü­gen. Ein­zel­be­su­cher kön­nen die Aus­stel­lung im Frei­land­mu­se­um besich­ti­gen. Aber auch von zu Hau­se aus ist die vir­tu­el­le Eröff­nung mit aus­führ­li­chen Infor­ma­tio­nen­z­um Bader­hand­werkund Ein­blicken in die Ent­ste­hung der Aus­stel­lung auf Insta­gram, Face­book und auf der Web­sei­te des Muse­ums www.freilandmuseum.dezu erleben.