Vor­trag in Bam­berg – Dark­net: „Waf­fen, Dro­gen, Whist­le­b­lower – Wie die digi­ta­le Unter­welt funk­tio­niert“ – Ein Jour­na­list packt aus

Ste­fan Mey / Foto: Tomáš Géring

Dark­net: Waf­fen, Dro­gen, Whist­le­b­lower: Wie die digi­ta­le Unter­welt funktioniert 

Vor­trag von Ste­fan Mey, Jour­na­list und Autor

Das Dark­net ist vol­ler Wider­sprü­che. Die berühmt-berüch­tig­te digi­ta­le Unter­welt ist eine pro­fes­sio­nel­le „Ein­kaufs­mei­le“ für Dro­gen. Dort wer­den Waf­fen gehan­delt und in der digi­ta­len Unter­welt pas­siert auch noch Schlim­me­res. Gleich­zeit ist das Dark­net ein Schutz­raum: Poli­ti­sche Akti­vi­sten ver­stecken sich dort vor Über­wa­chung und umge­hen Zen­sur. Medi­en wie die Süd­deut­sche Zei­tung oder die taz bie­ten anony­me Dark­net-Post­fä­cher an. Wir schau­en uns die­sen wider­sprüch­li­chen Ort an und fra­gen uns, ob er nicht auch ein wich­ti­ges Gegen­mo­dell zum per­fekt über­wach­ba­ren Inter­net von heu­te ist.

Der Jour­na­list Ste­fan Mey hat sich in die Tie­fen des Dark­nets bege­ben. Schnell wur­de ihm klar, wie vie­le der kur­sie­ren­den Infor­ma­tio­nen Mythen sind und wie wenig an wirk­li­chem Wis­sen exi­stiert. Mey hat sich in mona­te­lan­gen Recher­chen ein eige­nes Bild gemacht, er hat Dut­zen­de Dark­net-Stu­di­en durch­for­stet und über abhör­si­che­re Kanä­le das Gespräch mit Leu­ten „da drau­ßen“ gesucht.

Eine Koope­ra­ti­on von VHS Bam­berg-Land, EEB Bam­berg, KEB Stadt Bam­berg und VHS Bam­berg Stadt.

Mon­tag, 23. März 2020, 19:30 Uhr

Ste­phans­hof, Ste­phans­platz 5, Bamberg

Ein­tritt frei

Im Vor­feld sei­nes Vor­tra­ges in Bam­berg haben wir vom Wie­sent­bo­ten ein Inter­view mit Ste­fan Mey geführt:

1.) Was erwar­tet die Besu­cher des Vortrages? 
Ich bin frei­er Tech­no­lo­gie-Jour­na­list und habe mich viel mit dem soge­nann­ten Dark­net beschäf­tigt. Unter ande­rem hab ich ein Sach­buch geschrie­ben, für das ich lan­ge recher­chiert habe. Der Vor­trag ist qua­si ein Best-of des Buchs. Es geht all­ge­mein ver­ständ­lich dar­um, wie das anony­me Dark­net funk­tio­niert. Dann stel­le ich die drei Berei­che des Dark­nets vor: die ethi­schen Abgrün­de im Dark­net, das Dark­net als hoch pro­fes­sio­nel­le Ein­kaufs­mei­le für Dro­gen und das poli­ti­sche Dark­net. Am Ende stel­le ich die Fra­ge, ob das Dark­net trotz sei­ner Wider­sprüch­lich­keit nicht auch ein wich­ti­ges Gegen­mo­dell zum nor­ma­len Inter­net ist. Das nor­ma­le Inter­net ist fast per­fekt über­wach­bar und zen­sier­bar und das ist poli­tisch sehr gefähr­lich. Des­we­gen macht mir der Zustand des nor­ma­len Inter­nets mehr Angst als das Darknet.

2.) Wie kommt man auf das The­ma „Dark­net“?
In den letz­ten Jah­ren habe ich mich mit allen mög­li­chen The­men der digi­ta­len Welt beschäf­tigt. Beson­ders span­nend fin­de ich digi­ta­le Gegen­ent­wür­fe, bei denen das Inter­net anders funk­tio­niert und nicht mit Goog­le, Face­book, Ama­zon, Kom­merz und Über­wa­chung gleich­zu­set­zen ist. Das Dark­net ist ein sol­cher Gegen­ent­wurf, wenn auch ein selt­sa­mer. Des­we­gen war es eigent­lich klar, dass ich mich irgend­wann ein­mal inten­siv mit dem Dark­net beschäf­ti­gen werde.

3.) Hat man als Jour­na­list Respekt, oder gar Angst vor sol­chen Recherchen?
Vor etwa vier Jah­ren habe ich das erste Mal groß im Dark­net recher­chiert und habe mich danach gefragt, wie­so ich die das Dark­net nicht schon eher besucht habe. Ich glau­be, ich hat­te die glei­chen Beden­ken und die glei­chen Äng­ste wie die mei­sten Leu­te. Ich dach­te, es wäre wahn­sin­nig kom­pli­ziert ins Dark­net zu gelan­gen und ich dach­te, das ist ein so durch­ge­hend schreck­li­cher Ort, dass ich meh­re­re Tage nach mei­nem Besuch nicht schla­fen kann. Bei­des war in der Form nicht der Fall. Man kommt ziem­lich leicht ins Dark­net, über den Anony­mi­sie­rungs­brow­ser Tor, den man sich bequem her­un­ter­la­den kann. Und das Dark­net ent­hält neben span­nen­den Inhal­ten auch selt­sa­me und auch sehr üble Berei­che, aber das ist im nor­ma­len Inter­net auch der Fall.

4.) Warst Du bei den Recher­chen in Gefahr?
Nee, ich hat­te nie pro­ble­ma­ti­sche Erfah­run­gen. Ich habe per Com­pu­ter Inter­views mit Betrei­bern von Dro­gen­markt­plät­zen geführt und Leu­te inter­viewt, die im Dark­net Dro­gen und ver­schrei­bungs­pflich­ti­ge Medi­ka­men­te han­deln. Die waren anfangs miss­trau­isch, dann aber erstaun­li­cher­wei­se sehr höf­lich. Die hat­ten ein fast pro­fes­sio­nel­les Ver­ständ­nis von Pres­se­ar­beit. Es kann sein, dass ich durch mei­ne Recher­chen in den Fokus von Über­wa­chungs­be­hör­den gelangt bin, aber als Jour­na­list bin ich in Deutsch­land ziem­lich gut geschützt und habe kaum Repres­sa­li­en zu befürch­ten. Ich weiß, dass Jour­na­li­stin­nen und Jour­na­li­sten in ande­ren Län­dern Pro­ble­me bei ihrer Arbeit haben, wie wir sie uns in Deutsch­land kaum vor­stel­len kön­nen. Und auch in Deutsch­land kann jour­na­li­sti­sche Arbeit manch­mal gefähr­lich sein, etwa wenn man im Nazi-Milieu recher­chiert. Inso­fern kann ich zum Glück klar sagen: mei­ne Recher­che­ar­beit zum Dark­net war inhalt­lich her­aus­for­dernd, aber ins­ge­samt doch eher entspannt.

5.) Was für Zie­le ver­folgst Du mit Dei­nen Vorträgen?
In Deutsch­land genießt ein Buch ein sehr hohes Anse­hen. Wenn man als Jour­na­list ein Sach­buch schreibt, gilt man als Exper­te und wird inter­viewt und zu Vor­trä­gen ein­ge­la­den. Die Anfra­gen für Vor­trä­ge kamen am Anfang direkt zu mir oder zum Ver­lag. Ich hab dann gemerkt, dass es mir zum einen rie­si­gen Spaß macht, in Vor­trä­gen das Dark­net zu erklä­ren und mit dem Publi­kum dar­über zu dis­ku­tie­ren. Und zum ande­ren bie­tet es eine Mög­lich­keit, über die Vor­trä­ge auf beschei­de­nem Niveau mit mei­nem Wis­sen etwas Geld zu ver­die­nen. Frei­er Jour­na­lis­mus ist wirt­schaft­lich ziem­lich müh­se­lig. Ich hal­te öfters Vor­trä­ge und bin jedes Mal über­rascht über die Neu­gier bei den Zuhö­re­rin­nen und Zuhö­ren und über die span­nen­den Publi­kums­fra­gen nach dem Vortrag.

6.) Was ste­hen für neue Pro­jek­te an?
Irgend­wann wer­de ich bestimmt ein neu­es Buch schrei­ben. Das Buch hat mir viel Spaß gemacht und ich habe auch schon Ideen. Aber ein Buch ist ein sehr auf­wen­di­ges Pro­jekt und des­we­gen ist das erst ein­mal noch in unbe­kann­ter Fer­ne. Zur Zeit genie­ße ich es wie­der, ganz klas­sisch als frei­er Jour­na­list Tex­te zu schrei­ben. Ich sit­ze bei­spiels­wei­se gera­de an einem län­ge­ren Text über die kom­pli­zier­ten Eigen­tums- und Macht­ver­hält­nis­se bei den gro­ßen Fünf im Inter­net, bei Goog­le, Apple, Face­book, Ama­zon und Micro­soft. Über das Dark­net schrei­be ich wei­ter­hin, und in letz­ter Zeit beschäf­ti­ge ich mich ver­stärkt mit digi­ta­ler Selbst­ver­tei­di­gung, das heißt mit Tech­no­lo­gien zum Schutz der eige­nen Daten im Internet.