„Miche­lin Hall­stadt muss eine neue Keim­zel­le für Mobi­li­täts­tech­no­lo­gien werden“

Land­rat Johann Kalb stimmt erste Unter­stüt­zungs­maß­nah­men für Miche­lin mit Kabi­netts­mit­glie­dern, Unter­neh­mens­lei­tung, Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung sowie Behör­den und Kam­mern ab

Staatsminister Hubert Aiwanger, Gesundheitsministerin Melanie Huml und Landrat Johann Kalb diskutieren mit Beschäftigten des Michelin-Werkes. Foto: Daniel Löb für die Pressestelle des Landratsamtes Bamberg

Staats­mi­ni­ster Hubert Aiwan­ger, Gesund­heits­mi­ni­ste­rin Mela­nie Huml und Land­rat Johann Kalb dis­ku­tie­ren mit Beschäf­tig­ten des Miche­lin-Wer­kes. Foto: Dani­el Löb für die Pres­se­stel­le des Land­rats­am­tes Bamberg

Auf der Liste der Unter­stüt­zer der Beschäf­tig­ten des Miche­lin-Wer­kes Hall­stadt ste­hen seit Mon­tag­abend auch fünf Kabi­netts­mit­glie­der. Die Staats­mi­ni­ster Hubert Aiwan­ger, Ker­stin Schrey­er, Mela­nie Huml, Thor­sten Glau­ber und Staats­se­kre­tär Tho­mas Sil­ber­horn infor­mier­ten sich auf Ein­la­dung von Land­rat Johann Kalb vor Ort über die Situa­ti­on der Beschäf­tig­ten und des Wer­kes. Sie sicher­ten zu, den anste­hen­den Trans­for­ma­ti­ons­pro­zess aktiv mitzugestalten.

Kabi­netts­mit­glie­der, Kom­mu­nal­po­li­tik, Unter­neh­mens­lei­tung, Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung und die Spit­zen von Kam­mern und Arbeits­ver­wal­tung stimm­ten erste Unter­stüt­zungs­maß­nah­men ab. Sie waren sich dar­über einig, dass zunächst alles getan wird, um die Beschäf­ti­gung der Miche­lin-Mit­ar­bei­ter zu sichern. „Hier ist zuvor­derst Miche­lin in der Ver­ant­wor­tung. Wir wol­len, dass jeder Mit­ar­bei­ter eine Beschäf­ti­gung fin­det“, so Land­rat Kalb. Par­al­lel dazu wird an einer Wie­der­be­le­bung, an einer Revi­ta­li­sie­rung des Stand­or­tes gear­bei­tet. „Wir wol­len, dass hier eine Keim­zel­le für Mobi­li­täts­tech­no­lo­gien der Zukunft wie zum Bei­spiel Was­ser­stoff entsteht.“

„Wir ste­hen zur Ver­fü­gung, für die Beschäf­tig­ten und für die Regi­on gute Lösun­gen zu erar­bei­ten“, so Wirt­schafts­mi­ni­ster Hubert Aiwan­ger. Er emp­fahl aller­dings den Beschäf­tig­ten, „einen alter­na­ti­ven Arbeits­platz anzu­neh­men, wenn er adäquat bezahlt wird. Auf der ande­ren Sei­te geht es dar­um, hier auf die­sem Grund neue Betrie­be anzu­sie­deln, neue Geschäfts­ideen zu ent­wickeln. Das kann mit Miche­lin-Mit­ar­bei­tern gesche­hen. Aber nach mei­ner Ein­schät­zung wird es für den einen oder ande­ren eine Zwi­schen­lö­sung brau­chen, bei der er oder sie zunächst woan­ders unter­ge­bracht wer­den muss.“

Bay­erns Arbeits­mi­ni­ste­rin Ker­stin Schrey­er beton­te: „Die ange­kün­dig­te Werks­schlie­ßung bedeu­tet für die Betrof­fe­nen und ihre Fami­li­en einen ganz erheb­li­chen Ein­schnitt. Als Arbeits- und Fami­li­en­mi­ni­ste­rin ist es mei­ne Auf­ga­be und mein per­sön­li­ches Anlie­gen, mich für die Beschäf­tig­ten ein­zu­set­zen. Des­halb ist es wich­tig, gemein­sam alle Mög­lich­kei­ten aus­zu­lo­ten, damit die Betrof­fe­nen wis­sen, wor­an sie sind. Sie und ihre Fami­li­en brau­chen so schnell wie mög­lich eine beruf­li­che Per­spek­ti­ve. Dabei muss jeder Ein­zel­ne in den Blick genom­men wer­den, ins­be­son­de­re auch Beschäf­ti­ge mit Behin­de­rung, älte­re Beschäf­tig­te und natür­lich die Auszubildenden.“

„Als gebür­ti­ge Hall­stadterin hat mich die Ent­schei­dung von Miche­lin sehr getrof­fen“, so Staats­mi­ni­ste­rin Mela­nie Huml. „Ich bin froh, dass wir heu­te bespre­chen konn­ten, wie es für die Mit­ar­bei­ter wei­ter­ge­hen kann. Zwei­tens ist es dann auch wich­tig zu klä­ren, was mit dem Gelän­de geschieht, so dass wir hier wie­der Beschäf­ti­gung schaf­fen können.“

Hall­stadts Bür­ger­mei­ster Tho­mas Söder sag­te: „Die Werks­schlie­ßung ist für uns eine emo­tio­na­le Geschich­te. Hall­stadt ist mit Miche­lin groß gewor­den. Wir haben in der Ver­gan­gen­heit immer sehr gut mit Miche­lin zusam­men­ge­ar­bei­tet, wer­den dies auch wei­ter­hin tun und Miche­lin bei der Ent­wick­lung von nach­hal­ti­gen Anschluss­kon­zep­ten für die Mit­ar­bei­ter und das Fir­men­ge­län­de unter­stüt­zen. Da unse­re Stadt von der Auto­mo­bil­in­du­strie abhän­gig ist, befürch­ten wir nun einen Domi­no­ef­fekt ande­rer – der Auto­mo­bil­in­du­strie nahe ste­hen­der – Betriebe.“

Der Erfolg der Revi­ta­li­sie­rung wird nach den Wor­ten von Staats­se­kre­tär Tho­mas Sil­ber­horn stark davon geprägt sein, wie fle­xi­bel Miche­lin bei der Bereit­stel­lung des Gelän­des ist. „Das Wich­tig­ste ist aber zunächst, gemein­sam Lösun­gen für alle Beschäf­ti­gen zu fin­den“, sag­te Sil­ber­horn. Umwelt­mi­ni­ster Thor­sten Glau­ber setzt auf eine gute Lösung für die betrof­fe­nen Mit­ar­bei­ter und ihre Fami­li­en. „Wir ste­hen an der Sei­te der Men­schen in Ober­fran­ken. Wir wol­len, dass die Mit­ar­bei­ter wei­ter­hin eine gute Zukunft in der Regi­on haben können.“

Bam­bergs Ober­bür­ger­mei­ster Andre­as Star­ke for­der­te, dass die Beschäf­tig­ten ihren Abfin­dungs­an­spruch auch dann behal­ten, wenn sie selbst kün­di­gen, weil ein Ersatz­ar­beits­platz gefun­den wer­den konn­te. Der Spre­cher der Miche­lin-Grup­pe, Cyril­le Beau, sag­te dies dar­auf­hin grund­sätz­lich zu.

„Miche­lin fühlt sich dem Umfeld sei­nes Stand­orts und dem wirt­schaft­li­chen Wohl­erge­hen der Regi­on um Hall­stadt bei Bam­berg ver­bun­den. Unse­re ober­ste Prio­ri­tät ist es, für jeden unse­rer Mit­ar­bei­ter zufrie­den­stel­len­de Zukunfts­per­spek­ti­ven zu fin­den. Miche­lin wird in enger Part­ner­schaft mit den zustän­di­gen Behör­den die Mit­ar­bei­ter für neue Arbeits­plät­ze qua­li­fi­zie­ren sowie Abfin­dun­gen beim sofor­ti­gen Aus­schei­den anbie­ten“, ver­si­cher­te Cyril­le Beau, Gene­ral­se­kre­tär Nord­eu­ro­pa von Miche­lin. „Dar­über hin­aus beab­sich­tigt Miche­lin in enger Zusam­men­ar­beit mit den poli­ti­schen und wirt­schaft­li­chen Akteu­ren der Regi­on ein Revi­ta­li­sie­rungs­pro­gramm zu lan­cie­ren, um neue zukunfts­fä­hi­ge Arbeits­plät­ze hier am Stand­ort zu schaffen.“

Für das Unter­neh­men mach­ten außer­dem Remi de Ver­dil­hac, Gene­ral­se­kre­tär der Miche­lin Grup­pe, Jero­me Mon­sain­ge­on (Cor­po­ra­te Public Affairs und Jens Schlem­mer, Direk­tor des Wer­kes Bam­berg deut­lich, dass man froh dar­über ist, mit Part­nern aus der Poli­tik an einem Strang zu zie­hen. Man wer­de so schnell wie mög­lich an nach­hal­ti­gen Lösun­gen für die Mit­ar­bei­ter arbei­ten und den Wan­del aktiv mit­ge­stal­ten. Man habe hier bereits Erfah­run­gen sam­meln kön­nen. Remi de Ver­dil­hac zeig­te sich beson­ders beein­druckt von der Pro­fes­sio­na­li­tät, der Wür­de und dem Pflicht­be­wusst­sein der Beschäf­tig­ten. „Alle sind nach der Bekannt­ga­be der Schlie­ßung wie­der zur Arbeit erschienen.“

„Es herrscht Ent­täu­schung und Wut gegen­über der Kon­zern­zen­tra­le.“ So beschrieb Betriebs­rats­vor­sit­zen­der Josef Mor­gen­roth die Stim­mung in der Beleg­schaft. Man habe mit dem Schlimm­sten gerech­net – aber erst mit Ablauf der für ganz Deutsch­land gel­ten­den Stand­ort­si­che­rungs­ver­ein­ba­rung zum Ende 2022. Mor­gen­roth war zuver­sicht­lich, dass aus dem Revi­ta­li­sie­rungs­kon­zept ein Erfolgs­mo­dell wer­den kön­ne. „Dafür brau­chen wir jedoch sicher mehr Zeit.“

Land­rat Johann Kalb infor­mier­te über den Fahr­plan der näch­sten Tage. Schon am Diens­tag, 1. Okto­ber, wer­den sich die Wirt­schafts­för­de­rung des Land­krei­ses, die Per­so­nal­ver­wal­tung von Miche­lin, die IHK und die Agen­tur für Arbeit abstim­men, wel­che Lösun­gen es für die neun Aus­zu­bil­den­den gibt, die erst vor weni­gen Wochen bei Miche­lin gestar­tet sind. Deren Aus­bil­dungs­zeit­raum reicht über den Janu­ar 2021 und damit über das nun ver­kün­de­te Ende des Miche­lin-Stand­or­tes Hall­stadt hinaus.

Am 7. Okto­ber wird der Run­de Tisch zur Revi­ta­li­sie­rung des Stand­or­tes erst­mals tagen. Dort soll bespro­chen wer­den, wel­che Zukunfts­the­men auf dem Are­al umge­setzt und neue Beschäf­ti­gung gebo­ten wer­den kann.

Für den 9. Okto­ber hat Land­rat Johann Kalb zu einem Wirt­schafts­bünd­nis ein­ge­la­den. „„Jeder muss prü­fen, wie er in die­ser schwie­ri­gen Situa­ti­on hel­fen kann. Das beginnt mit der Nen­nung offe­ner Stel­len und reicht bis zum Schaf­fung neu­er Arbeitsplätze.“

Am 14. Okto­ber tagt die Task Force. Dort geht es im Wesent­li­chen dar­um, Arbeits­plät­ze für die 860 Miche­lin-Mit­ar­bei­ter zu finden.

Miche­lin hat­te am Mitt­woch, 25. Sep­tem­ber, die 858 Beschäf­tig­ten des Hall­stadter Wer­kes infor­miert, dass die Pro­duk­ti­on Anfang 2021 ein­ge­stellt wer­den soll. Das Unter­neh­men hat­te eine sin­ken­de Nach­fra­ge nach 16-Zoll-Rei­fen sowie eine star­ke Kon­kur­renz aus Asi­en für die­se Wei­chen­stel­lung ver­ant­wort­lich gemacht.