Vor­trag in Grä­fen­berg: „Wie Wirnts Roman in jüdi­schen Krei­sen des Mit­tel­al­ters Freun­de fand“

Seit 200 Jah­ren beschäf­tigt sich die Wis­sen­schaft in aller Welt mit dem Rit­ter-Dich­ter Wirnt von Grä­fen­berg und sei­nem Artus­ro­man „Wiga­lo­is, der Rit­ter mit dem Rade“: Im Jahr 1819 ver­öf­fent­lich­te der Göt­tin­ger Hof­rat Georg Frie­de­rich Benecke die erste wis­sen­schaft­lich-kri­ti­sche Her­aus­ga­be von Wirnts Werk und wid­me­te sie „Sei­nem Freun­de Jacob Grimm, dem Grün­der der Deut­schen Gram­ma­tik“. Aus die­sem Anlass hat der Kul­tur­ver­ein Wirnt von Grä­fen­berg zum 7. Bür­ger­fest im Jubi­lä­ums­jahr 2019 ein kul­tu­rel­les Rah­men­pro­gramm orga­ni­siert, das eine Woche vor dem Fest mit die­sem Vor­trag beginnt.

Die lite­ra­ri­sche Qua­li­tät und die Bekannt­heit des „Wiga­lo­is“ begrün­de­ten ein viel­ge­stal­ti­ges Inter­es­se an Nach­er­zäh­lun­gen und Bear­bei­tun­gen sei­nes Stof­fes. Eine Beson­der­heit ist dabei, dass Wirnts Epos auch in jüdi­schen Krei­sen Beach­tung und Bear­bei­tun­gen („Rit­ter Widu­wilt“) fand. Wel­chen Stel­len­wert hat­te lite­ra­ri­sche Bil­dung für die gesell­schaft­li­che Teil­ha­be einer jüdi­schen Ober­schicht, die Kon­takt zur nicht­jü­di­schen Bevöl­ke­rung pfleg­te? Der bild­ge­stütz­te Vor­trag setzt sich mit dem ein­zi­gen erhal­te­nen Artus­ro­man in jüdisch-deut­scher (west­jid­di­scher) Spra­che und sei­nem Ver­hält­nis zum „Wiga­lo­is“ des Wirnt von Gra­fen­berg auseinander.

Wolf­gang Junga steu­ert dazu eini­ge mit­tel­al­ter­li­che Lie­der bei, u.a. von dem jüdi­schen Min­ne­sän­ger Süß­kind von Trimberg.

Die jüdisch-deut­sche Erzähl­tra­di­ti­on fand seit dem 17. Jahr­hun­dert auch von deut­scher Sei­te Beach­tung. Dar­an betei­ligt waren Gelehr­te aus dem Nürn­ber­ger Raum, die im Vor­trag beson­ders berück­sich­tigt wer­den: Der Rechts­ge­lehr­te und Ori­en­ta­list Johann Chri­stof Wagen­seil (1633–1705), der an der Uni­ver­si­tät in Alt­dorf lehr­te, sowie der Nürn­ber­ger Pfar­rer, Auf­klä­rer und Histo­ri­ker Johann Fer­di­nand Roth (1748–1814).

Die par­al­lel zur „Wigalois“-Rezeption exi­stie­ren­de „Widu­wilt“ / “Artushof“-Rezeption ver­deut­licht, dass es sich bei der Wir­kungs­ge­schich­te der Tex­te um ein Phä­no­men von lan­ger Dau­er han­delt. Fest­zu­stel­len ist dabei, dass sich Fort­schrei­bung und Bear­bei­tung des mit­tel­al­ter­li­chen Rit­ter­ro­mans bis zur ein­set­zen­den lite­ra­tur­wis­sen­schaft­li­chen Erfor­schung des „Wiga­lo­is“ vor 200 Jah­ren erstrecken (Georg Frie­de­rich Beneckes Edi­ti­on erschien 1819) und dar­über hin­aus in unter­schied­li­chen For­men bis in unse­re Tage andauern.

Dr. phil. Achim Jae­ger, gebo­ren 1963, ist Stu­di­en­di­rek­tor am Stif­ti­schen Gym­na­si­um Düren, wo er Deutsch und Geschich­te unter­rich­tet. Stu­di­um in Aachen. Pro­mo­ti­on 1998: „Ein jüdi­scher Artus­rit­ter. Stu­di­en zum jüdisch-deut­schen „Widu­wilt“ („Artus­hof“) und zum „Wiga­lo­is“ des Wirnt von Gra­ven­berc“ (Nie­mey­er Ver­lag, Tübin­gen 2000). Zahl­rei­che Ver­öf­fent­li­chun­gen zur Lite­ra­tur des Mit­tel­al­ters und der Gegenwart.

www.artushof: Wirnt, Wiga­lo­is, Widuwilt

  • Vor­trag von Dr. Achim Jae­ger (Düren) am 5. Juli 2019, 19 Uhr,
  • im Histo­ri­schen Rat­haus­saal Grä­fen­berg. / Mit­tel­al­ter-Lie­der: Wolf­gang Junga
  • (Rah­men­pro­gramm zum 7. Grä­fen­ber­ger Bür­ger­fest: 200 Jah­re welt­wei­te wis­sen­schaft­li­che Beschäf­ti­gung mit Wirnt und sei­nem Werk).