Ver­an­stal­tung von „Bunt statt Braun Forch­heim“: „Anker­zen­tren in Bay­ern – ver­steck­tes Elend“

Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat

Alex­an­der Thal vom Baye­ri­schen Flüchtlingsrat

„Zehn Mona­te Anker­zen­tren in Bay­ern – alles gut?“ war der Titel einer Ver­an­stal­tung von Bunt statt Braun Forch­heim mit Alex­an­der Thal vom Baye­ri­schen Flücht­lings­rat. Im gut gefüll­ten Ver­an­stal­tungs­raum von St. Johan­nis wur­de aller­dings schnell klar, daß kaum etwas gut ist in den Anker­zen­tren, wo bay­ern­weit immer­hin fast 16.000 Men­schen unter­ge­bracht sind und von denen außer in Bay­ern nur noch in Sach­sen und im Saar­land je eines exi­stie­ren. Schon die wesent­li­chen Vor­ga­ben, näm­lich schnel­le Asyl­ver­fah­ren und die an zen­tra­len Stel­len, was im Übri­gen nir­gends gesetz­lich gere­gelt sind, son­dern nur im Koali­ti­ons­ver­trag der Gro­Ko ste­hen, wür­den weit ver­fehlt, so Thal in sei­nem kom­pe­ten­ten, sach­li­chen Vor­trag. Allein die 7 Bezirks­zen­tren sind teils auf meh­re­re Stand­or­te ver­teilt, im Ober­bay­ern z.B. auf 5 Lager von Ingol­stadt bis Gar­misch mit der Ver­wal­tung in Man­ching. In Ober­fran­ken aller­dings gibt es nur das Lager in Bam­berg mit knapp 1.500 Geflüchteten.

Auch die Ver­weil­dau­er ist laut Thal wesent­lich län­ger als vor­ge­se­hen und in der Öffent­lich­keit ver­mu­tet. Ursa­che sind immer neue Rege­lun­gen, die den Maxi­mal-Auf­ent­halt von zunächst 6 Mona­ten auf 2 Jah­re zulie­ßen und inzwi­schen sogar zeit­lich unbe­schränk­te Unter­brin­gung ermög­li­chen. Hin­ter­grund: die Anker­zen­tren wur­den auch zu Abschie­be­zen­tren und so kön­nen dort auch alle nicht aner­kann­ten, aus­rei­se­pflich­ti­gen Asyl­be­wer­ber unter­ge­bracht wer­den, die teil­wei­se seit Jah­ren, man­che über 20 Jah­re in Bay­ern leben.

Die Lebens­si­tua­ti­on der Men­schen in den Lagern, auch in Bam­berg, schil­der­te Thal als teil­wei­se men­schen­ver­ach­tend. Teil­neh­mer der Ver­an­stal­tung, die selbst mit Asyl­be­wer­bern zu tun haben, spra­chen sogar von syste­ma­ti­scher Drang­sa­lie­rung und ver­mu­ten, daß die Leu­te so zur Aus­rei­se bewegt wer­den sol­len. Beson­ders schlimm, so berich­te­ten Thal und Teil­neh­mer über­ein­stim­mend, sei­en die völ­lig feh­len­de Pri­vat­sphä­re und die beeng­ten Platz­ver­hält­nis­se. In den grö­ße­ren Woh­nun­gen sind 16, in den klei­nen in der Regel 8 bis 9 Per­so­nen unter­ge­bracht, ohne Koch­ge­le­gen­heit, mit einer Toilette/​Bad – über­wie­gend in Stock­bet­ten, Fami­li­en genau­so wie Ein­zel­per­so­nen mit einem Anteil Min­der­jäh­ri­ger von 48%. Es gibt, angeb­lich wegen Brand­schutz, kei­ne Vor­hän­ge, kei­ne Schlüs­sel, kei­ne Rück­zugs­mög­lich­kei­ten. Auch sei fast täg­lich, d.h. in den ganz frü­hen Mor­gen­stun­den, Poli­zei vor Ort, um Per­so­nen abzu­schie­ben. Das füh­re zu Alarm­stim­mung, so daß eigent­lich immer Unru­he herr­sche. Die Leu­te wür­den, so eine Teil­neh­me­rin, mit der Zeit irre, krank und teil­wei­se aggres­siv, was lau­fend zu Kon­flik­ten im Lager führe.

Thal griff noch ein weit ver­brei­te­tes Gerücht auf, näm­lich Asyl­be­wer­ber bekä­men viel Geld. Tat­säch­lich ist von Ver­pfle­gung bis Klei­dung weit­ge­hend auf Sach­lei­stung umge­stellt, so daß nur noch 135,00 Euro Bar­geld aus­ge­ge­ben wer­den. Die­ses wird in Bam­berg noch­mal um 25 Euro für den ein­ge­rich­te­ten Shut­tle-Bus-Ver­kehr zur Innen­stadt gekürzt und um einen fik­ti­ven Betrag für das „kosten­lo­se“ W‑Lan. Zur Kan­ti­nen­ver­pfle­gung hat­te Thal ein auf­schluß­rei­ches Foto einer Wochen-Spei­se­fol­ge mit­ge­bracht und ins­be­son­de­re auf das Abend­essen ver­wie­sen: 7 x unge­toa­ste­tes Toast­brot mit Käse­schei­ben, 4 x mit, 3 x ohne Apfel.

Emme­rich Huber, Mit­or­ga­ni­sa­tor der Ver­an­stal­tung, ver­wies abschlie­ßend auf Arti­kel I unse­res Grund­ge­setz­tes, wonach die Wür­de des Men­schen unan­tast­bar und vom Staat zu schüt­zen sei und stell­te die Fra­ge in den Raum, wie die­ser fun­da­men­ta­le Kern­satz unse­res Gemein­we­sens mit der Behand­lung Schutz­be­dürf­ti­ger spe­zi­ell in den Baye­ri­schen Anker­zen­tren ver­ein­bar sei. Ein Teil­neh­mer nann­te es beschämend.