So kön­nen ober­frän­ki­sche Unter­neh­men Top-Talen­te gewin­nen – Stu­die der Uni­ver­si­tät Bayreuth

Symbolbild Bildung

Fast 3.000 jun­ge Frau­en und Män­ner ver­las­sen die ober­frän­ki­schen Hoch­schu­len pro Jahr mit einem Master*, aber nur weni­ge blei­ben in der Regi­on, um hier Kar­rie­re zu machen. Wenn sie geziel­ter von ober­frän­ki­schen Unter­neh­men ange­spro­chen wür­den und mehr über die hie­si­ge Fir­men­land­schaft wüss­ten, dann blie­ben vie­le von ihnen hier – die­sen Schluss legt eine Stu­die nahe, die heu­te prä­sen­tiert wur­de. Sie wur­de am Lehr­stuhl für Mar­ke­ting & Kon­su­men­ten­ver­hal­ten der Uni­ver­si­tät Bay­reuth im Auf­trag der Wis­sen­schafts­stif­tung Ober­fran­ken (WSO) erstellt.

„Der Wett­be­werb um die Top-Talen­te hält Ober­fran­ken fest im Griff. Unter­neh­men inve­stie­ren immens in Employer Bran­ding Kam­pa­gnen, Head­hun­ter und neue Kar­rie­re-Web­sei­ten. Aber: Um nach­hal­tig erfolg­reich zu sein, braucht es empi­risch gesi­cher­te Erkennt­nis­se über die Ziel­grup­pen“, sagt Dr. Ekke­hard Beck, Vor­sit­zen­der des Stif­tungs­vor­stands und erklärt damit den Auf­trag an die Stu­di­en­ma­cher. Prof. Dr. Claas Chri­sti­an Ger­mel­mann, Inha­ber des Lehr­stuhls für Mar­ke­ting und Kon­su­men­ten­ver­hal­ten der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, erklärt die Vor­ge­hens­wei­se: „Wir haben eine Fül­le von Moti­va­tio­nen erfragt, Typo­lo­gien erstellt und schließ­lich Hand­lungs­emp­feh­lun­gen erar­bei­tet, mit denen die ober­frän­ki­sche Wirt­schaft gezielt die Tal­ent­bin­dung gestal­ten kann.“

54 Absol­ven­ten, vor­nehm­lich Master­stu­die­ren­de der Wirt­schafts- und Inge­nieur­wis­sen­schaf­ten wur­den befragt, 50 Stun­den Inter­view­ma­te­ri­al kamen dabei zusam­men. Dr. Pablo Neder, der die Stu­die lei­te­te, erläu­tert: „Wir haben die Absol­ven­ten in Ziel­grup­pen ein­ge­teilt, die jeweils unter­schied­lich ange­spro­chen wer­den soll­ten. Jede der ins­ge­samt sie­ben Ziel­grup­pen hat eine ande­re Bin­dung an die Regi­on, ande­re Anfor­de­run­gen an den Arbeit­ge­ber und den Bewer­bungs­pro­zess, eine höhe­re oder nied­ri­ge­re Wahr­schein­lich­keit, sich in der Regi­on zu bewer­ben, und unter­schied­lich­ste Kennt­nis­se der ober­frän­ki­schen Unternehmen.“

Bei­spiel „Wahr­schein­lich­keit, in Ober­fran­ken zu blei­ben“: Die sie­ben Ziel­grup­pen las­sen sich von „Low-Han­ging-Fruits“ (möch­ten ger­ne in Ober­fran­ken blei­ben und suchen des­halb hier sehr aktiv nach Arbeit­ge­bern) bis zu „Lost Souls“ (Kei­ne Chan­ce, die­se in Ober­fran­ken zu hal­ten) kate­go­ri­sie­ren. „Wenn man um die „Lost Souls“ wirbt, die schon zu Stu­di­en­be­ginn klar wis­sen, dass sie unbe­dingt in einer Groß­stadt leben oder in die Hei­mat zurück­keh­ren wol­len, dann ist die Erfolgs­wahr­schein­lich­keit mit Sicher­heit gerin­ger, als bei den „Low Han­ging Fruits“, die bereits in der Regi­on ver­netzt sind und das Zusam­men­spiel von Leben und Arbei­ten in Ober­fran­ken beson­ders schät­zen“, so Neder. Ver­net­zung in der Regi­on muss dabei nicht unbe­dingt Fami­lie sein: Auch ein Enga­ge­ment in einem Sport­ver­ein oder ein Ehren­amt kann eine Bin­dung schaf­fen. „Für Unter­neh­men gilt es, die für sie und ihre Kul­tur pas­sen­de Ziel­grup­pe zu fin­den und anzu­spre­chen. Dabei müs­sen die durch Unter­neh­mens-kom­mu­ni­ka­ti­on geschaf­fe­nen Erwar­tun­gen beim Arbeit­ge­ber schon früh­zei­tig in der per­sön­li­chen Erfah­rung erleb­bar wer­den“, fasst Neder die Schluss­fol­ge­rung aus der Stu­die zusam­men. Wenn also – weil es gera­de ange­sagt ist – in den sozia­len Medi­en jung und hipp um Absol­ven­ten gewor­ben wird, intern aber star­ke Hier­ar­chien wir­ken, dann ent­steht ein Wider­spruch, den Bewer­ber sehr schnell bemerken.

Prof. Dr. Claas Chri­sti­an Ger­mel­mann betont: „Eini­gen ober­frän­ki­schen Unter­neh­men gelingt es schon, von Top-Talen­ten als rele­van­ter Arbeit­ge­ber für den Berufs­ein­stieg wahr­ge­nom­men zu wer­den. Dies gilt aber noch sehr wenig für die klei­ne­ren Mit­tel­ständ­ler, die eben­falls attrak­ti­ve Jobs anzu­bie­ten haben.“ Denn auch das ist ein Ergeb­nis der Stu­die: Eine „gerin­ge Aus­wahl an Arbeit­ge­bern“ war in den Inter­views ein häu­fig genann­ter Grund für die Absicht, die Regi­on zu ver­las­sen. „Unter­neh­men, Ver­wal­tun­gen, Orga­ni­sa­tio­nen und Hoch­schu­len müs­sen koor­di­niert zusam­men­ar­bei­ten, um deut­lich zu machen, dass es in Ober­fran­ken sehr vie­le attrak­ti­ve Arbeit­ge­ber gibt und, um die Attrak­ti­vi­tät der Regi­on als Lebens­mit­tel­punkt für jun­ge Men­schen wei­ter zu erhö­hen“, fol­gert Germelmann.

Weil Wis­sen über attrak­ti­ve Arbeit­ge­ber schon früh erwor­ben wer­den kann – zum Bei­spiel durch Werk­stu­den­ten­tä­tig­keit und Prak­ti­ka, raten die Stu­di­en­ma­cher der Unter­neh­mer­schaft in Ober­fran­ken, die­se Ange­bo­te aus­zu­bau­en und früh­zei­tig aktiv zu wer­den. Außer­dem soll­ten aus­rei­chend Stel­len auf Juni­or-Niveau, zum Bei­spiel Trai­nee­pro­gram­me geschaf­fen wer­den. Denn auch das hat die Stu­die erge­ben, sagt Neder: „Es ist leich­ter und gün­sti­ger, Absol­ven­ten jetzt zu hal­ten, als spä­ter in die Regi­on zurück­zu­ho­len.“ Dr. Ekke­hard Beck von der WSO weist außer­dem dar­auf hin: „Der Wis­sen­schafts­stand­ort Ober­fran­ken ist der Magnet für jun­ge Talen­te, nach Ober­fran­ken zu kommen.“

Link zur Stu­die: https://​www​.mar​ke​ting​.uni​-bay​reuth​.de/​d​e​/​n​e​w​s​/​2​0​1​9​/​0​5​2​1​_​T​o​p​-​T​a​l​e​n​t​e​-​f​u​e​r​-​O​b​e​r​f​r​a​n​ken