„Pati­en­ten­ver­fü­gung und Vor­sor­ge­voll­macht – Macht das Sinn?“ in Forchheim

Symbolbild Bildung
Der Vortrag von Notar Martin Reiß stieß auf großes Interesse. Foto: Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz

Der Vor­trag von Notar Mar­tin Reiß stieß auf gro­ßes Inter­es­se. Foto: Kli­ni­kum Forch­heim-Frän­ki­sche Schweiz

Bei einem Unfall, einer Krank­heit oder alters­be­dingt ist es manch­mal nicht mehr mög­lich, sei­ne Ange­le­gen­hei­ten selbst zu regeln. Enge Ange­hö­ri­ge oder Ehe­part­ner haben nach der­zei­ti­gem Geset­zes­stand nicht auto­ma­tisch die gesetz­li­che Voll­macht und das Amts­ge­richt muss einen Betreu­er, also eine Art amt­li­chen Vor­mund, bestel­len. Notar Mar­tin Reiß erläu­ter­te im Rah­men der Vor­trags­rei­he der Freun­de und För­de­rer des Kli­ni­kums Forch­heim e.V. drei Ver­fü­gun­gen, die Vor­sor­ge tref­fen sol­len gegen eine Fremd­be­stim­mung im Krank­heits­fall. Die Bestuh­lung im Kon­fe­renz­saal des Kli­ni­kums reich­te nicht aus, um den mehr als 100 Inter­es­sier­ten einen Platz bie­ten zu können.

Betreu­ungs­recht

Ist ein Erwach­se­ner nicht mehr geschäfts­fä­hig und kann daher sei­ne Ange­le­gen­hei­ten nicht mehr selbst besor­gen, wird für ihn auf Antrag oder von Amts wegen vom zustän­di­gen Amts­ge­richt (Betreu­ungs­ge­richt) ein Betreu­er bestellt (§ 1896 BGB), der dann unter Auf­sicht des Gerichts den Betreu­ten recht­lich ver­tritt. Betreu­er kann eine natür­li­che Per­son (z.B. Ange­hö­ri­ger oder Berufs­be­treu­er), eine Behör­de oder ein Betreu­ungs­ver­ein sein. Eine gesetz­li­che Voll­macht des Ehe­gat­ten besteht nicht.

Dabei soll der Betreu­er nach den Wün­schen des Betreu­ten aus­ge­wählt wer­den und han­deln. Es ist mög­lich, die­se „Wün­sche“ in einer Betreu­ungs­ver­fü­gung (§ 1901 a BGB) bereits in gesun­den Tagen fest­zu­schrei­ben – typi­scher Inhalt: Wer soll Betreu­er wer­den, wer nicht? Wel­ches Heim (wel­ches nicht)? Die Betreu­ung ändert nichts an der Geschäfts­fä­hig­keit des Betreu­ten in lich­ten Momen­ten. Mit Aus­nah­me bei ange­ord­ne­tem Ein­wil­li­gungs­vor­be­halt liegt also kei­ne Ent­mün­di­gung vor.

Mar­tin Reiß zähl­te die Nach­tei­le einer gesetz­li­chen Betreu­ung auf, ins­be­son­de­re die Schwer­fäl­lig­keit bei der Ent­schei­dung über Unter­neh­mens­füh­rung und über Grund­stücke, die der erfor­der­li­chen Über­wa­chung des Betreu­ers und der Geneh­mi­gung durch das Betreu­ungs­ge­richt geschul­det sei. Für den Betreu­ten sei­en Schen­kun­gen und Über­ga­ben – bei­spiels­wei­se die Hof­über­ga­be – prak­tisch unmög­lich, so der Notar.

Vor­sor­ge­voll­macht

Will man eine Betreu­ung ver­mei­den, kann man über eine Vor­sor­ge­voll­macht einen Bevoll­mäch­tig­ten bestel­len. Die­ser ent­schei­det dann auf­grund die­ser Voll­macht für den Geschäfts­un­fä­hi­gen, so dass kein Betreu­er benö­tigt wird. In der Voll­macht kann man über die Gren­zen des Betreu­ungs­rech­tes hin­aus fest­le­gen, was der Bevoll­mäch­tig­te darf. Typi­scher­wei­se ent­hal­ten ist eine Gene­ral­voll­macht, aber auch die Befug­nis zur Ent­schei­dung über per­sön­li­che Ange­le­gen­hei­ten des Voll­macht­ge­bers, etwa ob an ihm eine Ope­ra­ti­on durch­ge­führt wer­den oder er in ein Heim oder eine Anstalt ein­ge­lie­fert wer­den darf. Die Voll­macht kann an eine oder meh­re­re Per­so­nen erteilt wer­den. Eine Voll­macht soll­te aber nur erteilt wer­den, wenn man dem Bevoll­mäch­tig­ten unein­ge­schränkt ver­traut. Soll der Bevoll­mäch­tig­te auch Grund­stücks­ge­schäf­te täti­gen kön­nen, oder hat der Voll­macht­ge­ber eine Fir­ma, muss die Voll­macht min­de­stens nota­ri­ell beglau­bigt wer­den. Eine Bank­voll­macht muss ent­we­der beglau­bigt oder bei der Bank direkt erteilt werden.

Pati­en­ten­ver­fü­gung

Auf ein Ster­ben in Wür­de kon­zen­triert sich eine Pati­en­ten­ver­fü­gung. Der Pati­ent kann Anord­nun­gen tref­fen, ob er/​sie am Lebens­en­de unter Aus­schöp­fung aller Mit­tel der moder­nen Medi­zin am Leben erhal­ten wer­den will, oder ob eine „Lebens­ver­län­ge­rung um jeden Preis“ abge­lehnt wird. Gera­de wenn die Situa­ti­on nicht ein­deu­tig ist, kann so Sicher­heit für alle Betei­lig­ten – Ärz­te und Ange­hö­ri­ge – geschaf­fen wer­den. Wenn das Gesetz auch kei­ne beson­de­re Form for­dert, för­dert eine schrift­li­che Nie­der­le­gung unter fach­li­cher Bera­tung doch die Rechts­klar­heit. Damit die Pati­en­ten­ver­fü­gung umge­setzt wer­den kann, soll­te eine Ver­trau­ens­per­son gleich­zei­tig als Bevoll­mäch­tig­ter oder Betreu­er bestellt wer­den. Von eige­nen For­mu­lie­run­gen, wie „Ich möch­te nicht an Maschi­nen ange­schlos­sen wer­den“ rät der Notar ab, da sie oft uner­war­te­te Risi­ken und Neben­wir­kun­gen haben können.

Er gab Rat­schlä­ge, wie man im Inter­net Infor­ma­tio­nen zu die­sen drei Arten der Ver­fü­gung erhält und emp­fahl die Bera­tung durch einen Anwalt oder Notar, ins­be­son­de­re dann, wenn Immo­bi­li­en im Spiel sei­en, ein gro­ßes Ver­mö­gen oder eine Unternehmensnachfolge.

Im Anschluss an den Vor­trag hat­ten die Zuhö­rer vie­le Fra­gen: Wo soll eine Ver­fü­gung auf­be­wahrt wer­den, damit die­se bei einem Unfall gefun­den wer­den kann? Wel­che Pflich­ten ent­ste­hen den Bevollmächtigten/​Betreuern aus der Wil­lens­er­klä­rung des Vollmachtgebers?