Fin­ger weg von schein­bar hilf­lo­sen Vogeljungen

Fal­sche Tier­lie­be scha­det: Jung­vö­gel sind kei­ne Haus­tie­re – Kat­zen jetzt zeit­wei­se im Haus lassen

Es tschilpt und tschirpt in Nist­kä­sten, Hecken und Gebü­schen. Die ersten Küken sind schon seit Tagen unter­wegs, bald wer­den sich vie­le wei­te­re Jung­vö­gel aus den schüt­zen­den Nestern wagen. So errei­chen den LBV der­zeit zahl­rei­che Anfra­gen von rat­su­chen­den Tier­freun­den, die ver­meint­lich in Not gera­te­nen oder ver­las­se­nen jun­gen Vögeln hel­fen wol­len. Der LBV rät hier erst­mal: Fin­ger weg! „Die uner­fah­re­nen und im Flie­gen noch etwas unge­üb­ten Vogel­jun­gen wir­ken zwar hilf­los, sie auf­zu­neh­men, ist jedoch falsch ver­stan­de­ne Tier­lie­be“, so der stell­ver­tre­ten­de LBV-Arten­schutz­re­fe­rent Ulrich Lanz. Der LBV bit­tet alle Vogel­freun­de, die halb­flüg­gen, so genann­ten Äst­lin­ge ein­fach sit­zen zu las­sen. Kat­zen­be­sit­zer soll­ten in den näch­sten Wochen ihre Stu­ben­ti­ger für eini­ge Tage im Haus behal­ten. Wei­te­re hilf­rei­che Tipps und ein kosten­lo­ses Falt­blatt gibt es unter www​.lbv​.de/​v​o​g​e​l​-​g​e​f​u​n​den.

Schein­bar ver­las­sen sit­zen der­zeit in Wie­sen oder auf Wegen noch nicht ganz flug­fä­hi­ge Jung­vö­gel, die herz­zer­rei­ßend rufen. Dies sind jedoch kei­ne Hil­fe­schreie, son­dern Bet­tel­ru­fe mit denen die jun­gen Vögel Kon­takt zu ihren Eltern hal­ten. Die halb­flüg­gen Vogel­jun­gen hal­ten sich in der nähe­ren Umge­bung des ver­las­se­nen Nestes auf und wer­den von den Eltern ver­sorgt. „Die Jung­vö­gel soll­ten unbe­dingt an Ort und Stel­le gelas­sen wer­den, denn greift der Mensch in die­se sen­si­ble Pha­se ein, unter­bricht er die Bin­dung zwi­schen Alt- und Jung­vo­gel“, erklärt Lanz. Tat­säch­li­che Hil­fe benö­ti­gen befie­der­te Jung­vö­gel nur, wenn nach zwei bis drei Stun­den immer noch kein Alt­vo­gel in sei­ner Nähe zu sehen ist.

Droht den flau­schi­gen Feder­bäl­len Gefahr durch Kat­zen oder Stra­ßen­ver­kehr, kön­nen sie ohne Pro­ble­me kurz auf­ge­nom­men und zurück in eine schüt­zen­de Ast­ga­bel oder einen Busch am Fund­ort gesetzt wer­den. „Anders als bei zum Bei­spiel Reh­kit­zen neh­men Vogel­el­tern ihre Jun­gen wie­der an, wenn die­se von einem Men­schen berührt wur­den“, sagt Ulrich Lanz. Die ein­fa­che Gra­fik unter www​.lbv​.de/​v​o​g​e​l​-​g​e​f​u​n​den hilft schnell bei der Ent­schei­dung, ob ein Jung­vo­gel Hil­fe braucht. Der LBV stellt klar: Jung­vö­gel sind Wild­tie­re, ihnen darf nur im ech­ten Not­fall gehol­fen wer­den. Anson­sten ist dies ein Ver­stoß gegen das Natur­schutz­ge­setz. Als Haus­tie­re sind sie kei­nes­falls geeig­net und die Chan­ce für eine erfolg­rei­che Auf­zucht in mensch­li­cher Obhut ist sehr gering.

Wer Kat­zen besitzt, soll­te sei­nen Stu­ben­ti­ger für ein paar Tage zumin­dest mor­gens und abends im Haus hal­ten. Die halb­flüg­gen Jung­vö­gel sind leich­te Beu­te. „Die beste Vogel­hil­fe ist jedoch ein natur­na­her Gar­ten mit abwechs­lungs­rei­chen, ein­hei­mi­schen Pflan­zen, wo sich die Vögel sicher ver­stecken kön­nen“, so der Tierarzt.

Wenn die jun­gen Vögel ihren Nist­platz ver­las­sen haben und ihr Aben­teu­er in der wei­ten Welt begin­nen, machen sich die Vogel­el­tern vie­ler Vogel­ar­ten an eine zwei­te und drit­te Brut. „Vie­le Leu­te glau­ben, die Brut­sai­son sei der Früh­ling, aber Gar­ten­vö­gel wie die Kohl- und Blau­mei­se brü­ten bis zu drei­mal in einem Jahr bis in den August hin­ein“, sagt Lanz. Wer einen Nist­ka­sten besitzt, muss die­sen nach der ersten Brut nicht säu­bern. Nur wenn mit abso­lu­ter Sicher­heit über etwa fünf Tage hin­weg kein Vogel ein– und aus­fliegt, kann man die Nist­hil­fe reinigen.