GEW Bay­ern: „Mit­ar­bei­ter in der Behin­der­ten­hil­fe im Raum Coburg bekla­gen kata­stro­pha­le Arbeitsbedingungen“

Neue Eigen­tums­ver­hält­nis­se bei den Gesell­schaf­ten des Ver­eins Hil­fe für das behin­der­te Kind Coburg e.V. brin­gen kei­ne Ver­bes­se­run­gen der Arbeits­be­din­gun­gen. Die Gewerk­schaf­ten ver.di und GEW sehen drin­gen­den Handlungsbedarf.

Wie im ver­gan­ge­nen Jahr berich­tet, befand sich der Ver­ein in einer finan­zi­el­len Schief­la­ge. Die Wefa GmbH erwarb daher zum Sep­tem­ber 2018 Mehr­heits­an­tei­le der drei Gesell­schaf­ten des Ver­eins. Nach­dem der neue Geschäfts­füh­rer Dia­kon Franz Schön vie­le Pro­ble­me erkannt und benannt hat­te und zunächst einem Tarif­ver­trag mit den Gewerk­schaf­ten zuge­neigt war, schöpf­ten die Mit­ar­bei­ter zunächst Hoff­nung. „Mitt­ler­wei­le ver­mu­ten wir, dass die deut­lich schlech­te­ren Arbeits­ver­trags­be­din­gun­gen des Dia­ko­ni­schen Wer­kes in den Betrie­ben ein­ge­führt wer­den sol­len. So deu­ten wir jeden­falls eine Sat­zungs­än­de­rung, über die die Mit­glie­der des Ver­eins abstim­men soll­ten. Nach unse­ren Berech­nun­gen ist die AVR der Dia­ko­nie deut­lich hin­ter dem Tarif­ver­trag des öffent­li­chen Diensts – kurz TVöD genannt – zurück. Auch zeich­net sich ab, dass eine Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung nach kirch­li­chem Recht mit deut­lich schwä­che­ren Rech­ten die gewach­se­ne und bewähr­te Betriebs­rä­te­struk­tur erset­zen soll“, führt Mario Schwandt, Gewerk­schafts­se­kre­tär der GEW aus.

„Betrieb­lich chao­ti­sche Lage“

„Nach wie vor berich­ten die Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen von unkla­ren Zustän­dig­kei­ten und Struk­tu­ren, zu wenig Per­so­nal, um gute Arbeit lei­sten zu kön­nen, Arbeits­ver­dich­tung und Stress. Es bestehen auch Pro­ble­me bei der Mit­ar­bei­ter­ge­win­nung – zah­len die Betrie­be ja unter dem bran­chen­üb­li­chen TVöD. Geän­dert hat sich nichts“, gibt Mag­da­le­ne Majeed, ver.di-Gewerkschaftssekretärin zu beden­ken. Noch immer fin­det die Arbeit in Teil­zeit, teil­wei­se bei zwei Gesell­schaf­ten gleich­zei­tig statt – einem nor­ma­len Arbeits­ver­hält­nis und einem Mini­job – mit allen Nach­tei­len für die Arbeit und das Ent­gelt. Die Mini­jobs wer­den frei aus­ge­han­delt ver­gü­tet und lie­gen dabei knapp über dem Min­dest­lohn. „Mit­ar­bei­ter berich­ten von tage­wei­sen Schlie­ßun­gen, weil der Kran­ken­stand hoch ist und kei­ner mehr ein­sprin­gen kann. Die Betriebs­rä­te berich­ten, dass sie kein Gegen­über haben, mit dem sie ver­han­deln kön­nen, nie­mand zeigt sich für den Arbeit­ge­ber ver­ant­wort­lich“, pran­gert Majeed an.

Beleg­schaft will Tarifvertrag

Die akti­ve, gewerk­schaft­lich orga­ni­sier­te Beleg­schaft strebt Haus­ta­rif­ver­hand­lun­gen an. Ziel ist ein Haus­ta­rif­ver­trag auf Niveau des bran­chen­üb­li­chen TVöD. Susan­ne Schmeh­le vom Betriebs­rat der Heil­päd­ago­gi­schen Ein­rich­tun­gen spricht klar aus: „Der Regie­rungs­be­zirk Ober­fran­ken über­nimmt die Per­so­nal­ko­sten grund­sätz­lich auch auf TVöD-Niveau in den Ent­gelt­ver­ein­ba­run­gen, wie er uns Betriebs­rä­ten schrift­lich zusi­cher­te. Das Pro­blem scheint eher zu sein, dass die Ent­gel­te in den letz­ten Jah­ren nie auf­grund kon­kre­ter Kal­ku­la­tio­nen ent­lang unse­rer Kon­zep­ti­on ver­han­delt wur­den, das ist ein Skan­dal! Daher müs­sen wir mit zu wenig Per­so­nal arbei­ten. Das geht auch auf Kosten der Qua­li­tät! Uns ist unklar, war­um Herr Schön dabei hel­fen möch­te, dass wir weni­ger ver­die­nen und der Bezirk Geld spart.“

1. Mai-Pre­digt

„Wie Herr Schön in einem Kom­men­tar in der Tages­pres­se zum ersten Mai aus­führ­te, sind vie­le Arbeits­be­din­gun­gen im sozia­len Bereich ein Skan­dal. Recht hat er auch, wenn er schreibt, dass Men­schen von Voll­zeit­ar­beit gut leben kön­nen müs­sen. Die Fra­ge ist, wann er gemein­sam mit uns anfängt, dies in sei­nen Betrie­ben anzu­ge­hen“, nimmt Anton Salz­brunn aus dem GEW-Lan­des­vor­stand Stellung.

Für das Tarif­vor­ha­ben wur­de eine Inter­net­prä­senz – www.einfachnö.de – erstellt und dient den Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen als Sprachrohr.