Begif­tung gegen Schwamm­spin­ner: Mas­si­ve BN-Kri­tik am flä­chi­gen Gifteinsatz

„Staats­re­gie­rung för­dert Insek­ten­ster­ben in Eichenwäldern“

Der BUND Natur­schutz in Bay­ern (BN) kri­ti­siert mas­siv, dass die Forst­ver­wal­tung Eichen­wäl­der mit dem Pesti­zid Mimic (Wirk­stoff Teb­ufen­o­zid) wegen einer Mas­sen­ver­meh­rung des Schwamm­spin­ners ver­gif­tet. Davon sind Eichen­wäl­der auf einer Flä­che von ca. 1.600 Hekt­ar in etli­chen Land­krei­sen in Ober‑, Mit­tel- und Unter­fran­ken betrof­fen. „Der­ar­ti­ge flä­chi­ge Ver­gif­tun­gen der Eichen­wäl­der vom Hub­schrau­ber aus sind vor dem Hin­ter­grund des sehr erfolg­rei­chen Volks­be­geh­rens „Arten­viel­falt“ über­haupt nicht mehr zeit­ge­mäß und ein ver­hee­ren­des Signal zum Abschluss des Run­des Tisches Arten- und Natur­schutz“, kri­ti­siert Mar­tin Geil­hu­fe, Lan­des­be­auf­trag­ter des BN. „Wir kri­ti­sie­ren die­se flä­chi­gen Ver­gif­tun­gen der arten­rei­chen Eichen­wäl­der mas­siv, weil dadurch das Arten­ster­ben geför­dert wird, sogar in Schutz­ge­bie­ten, in denen Arten eigent­lich geschützt wer­den müss­ten.“ Dies steht in kla­rem Wider­spruch zum erklär­ten Wil­len der Staats­re­gie­rung die Arten­viel­falt zu för­dern, deren Glaub­wür­dig­keit in Sachen Arten­schutz damit auf dem Spiel steht. „Wir hal­ten die Ver­gif­tun­gen der Eichen­wäl­der für unver­ant­wort­bar, weil das Risi­ko mini­mal ist, dass Eichen­wäl­der durch den Schwamm­spin­ner­fraß flä­chig abster­ben“, so Ralf Strauß­ber­ger, Wald­re­fe­rent des BN. „Wir kri­ti­sie­ren zudem, dass die Eichen­wäl­der ver­gif­tet wur­den, ohne dass für die betrof­fe­nen Flä­chen hin­rei­chend erfasst wur­de, ob schüt­zens­wer­te und gefähr­de­te Arten vor­kom­men.“ Das Pesti­zid wirkt nicht selek­tiv nur auf Schwamm­spin­ner­rau­pen, son­dern kann alle an Blät­tern frei­f­res­sen­den Insek­ten, wie z.B. Schmet­ter­lings­rau­pen töten. Mit die­sem Insek­ten­ster­ben ver­lie­ren auch vie­le Fle­der­maus- und Vogel­ar­ten sowie Insek­ten­ar­ten wie der Lauf­kä­fer Gro­ßer Pup­pen­räu­ber wesent­li­che Tei­le ihre Nah­rungs­grund­la­ge, weil sie sich auch von Schmet­ter­lings­rau­pen ernähren.

Staat­lich orga­ni­sier­tes Insek­ten­ster­ben im Wald mit vie­len Verfahrensmängeln

„Wir kri­ti­sie­ren, dass die Forst­ver­wal­tung das Insek­ten­ster­ben im Wald for­ciert, ohne dass sie bis­her bele­gen kann, dass die flä­chi­gen Gift­ein­sät­ze not­wen­dig sind, um die Eichen­wäl­der in ihrer Sub­stanz zu erhal­ten“, so Strauß­ber­ger. Der Fraß durch die Schwamm­spin­ner­rau­pen kann zwar auch zum Kahl­fraß füh­ren. Da die Eichen aber im Som­mer i.d.R. einen Johan­ni­s­trieb aus­bil­den, kommt es bei einem rei­nen Schwamm­spin­ner­fraß regel­mä­ßig nur zum Aus­fall ein­zel­ner Bäu­me. Dies schätzt selbst die Baye­ri­sche Lan­des­an­stalt für Wald und Forst­wirt­schaft so ein, dass sich die Aus­fäl­le im Rah­men der übli­chen Durch­for­stun­gen bewe­gen dürf­ten. „Auch wenn wir nach­voll­zie­hen kön­nen, dass sich Wald­be­sit­zer um ihren Wald sor­gen, bedau­ern wir deren Ent­schei­dun­gen ihre Wäl­der ver­gif­ten zu las­sen“, so Geil­hu­fe. Als beson­ders kri­tisch sieht der BN, dass die nach euro­päi­schen und natio­na­len Natur­schutz­ge­set­zen und –vor­ga­ben erfor­der­li­chen Erfas­sun­gen von Schmet­ter­lin­gen, Fle­der­mäu­sen und Vögeln nicht wie vor­ge­schrie­ben für die Ein­zel­flä­chen durch­ge­führt wur­den. „Wenn die Forst­ver­wal­tung es ernst meint mit ihrer Ant­wort auf eine Anfra­ge aus dem Landtag[1], dass grund­sätz­lich Gebie­te mit bekann­tem Vor­kom­men gefähr­de­ter Schmet­ter­lin­ge vom Insek­ti­zid­ein­satz aus­ge­nom­men wer­den sol­len, dann muss sie die betrof­fe­nen Gebie­te auch auf ent­spre­chen­de Vor­kom­men unter­su­chen und darf nicht wie bis­her „bei­de Augen“ zudrücken“, so Strauß­ber­ger. Der BN kri­ti­siert auch metho­di­sche Män­gel, die es unmög­lich machen zu beur­tei­len, ob die Schwamm­spin­ner­ma­ssen­ver­meh­rung bereits am Zusam­men­bre­chen ist, was einen Gift­ein­satz über­flüs­sig machen wür­de. „Wir hal­ten es für völ­lig inak­zep­ta­bel, dass wir als BN bis zum Beginn der Ver­gif­tun­gen trotz mehr­fa­cher Nach­fra­ge von den Forst­äm­tern und vom Forst­mi­ni­ste­ri­um kei­ne aktu­el­len Infor­ma­tio­nen erhal­ten, wel­che Flä­chen von dem Gift­ein­satz kon­kret betrof­fen sind“, kri­ti­sie­ren Geil­hu­fe und Straußberger.

Dro­hen­des Insek­ten­ster­ben in arten­rei­chen Eichenwäldern

Die Ver­gif­tungs­ak­tio­nen in Eichen­wäl­dern sind beson­ders gra­vie­rend, weil die Eiche von allem Baum­ar­ten den mit Abstand höch­sten natür­li­chen Insek­ten­reich­tum auf­weist. Auf kei­ner ande­ren hei­mi­schen Baum- oder Pflan­zen­art leben mehr Insek­ten­ar­ten als auf der Eiche. Vor allem bei pflan­zen­fres­sen­de Glie­der­füß­ler-Arten ist die Viel­falt enorm: 305 Schmet­ter­lings­ar­ten, 208 Käfer­ar­ten, 45 Gall­wes­pen, 39 Wan­zen, u.a.m.. Ins­ge­samt sind es in Deutsch­land 699 Arten[2], die durch ein Fraß­gift wie Mimic beson­ders bedroht sein kön­nen. Die Ver­gif­tungs­ak­tio­nen der Eichen­wäl­der tref­fen alle frei fres­sen­den Insek­ten­ar­ten, die sich von Blät­tern der vor­han­de­nen Bäu­me, Sträu­cher, Grä­ser und Kräu­ter in die­sen Wäl­dern ernäh­ren, die mit dem Fraß­gift benetzt wer­den. Wegen der Viel­falt an Insek­ten, Fle­der­maus- und Vogel­ar­ten ste­hen vie­le Eichen­wäl­der unter Schutz.