Bio­top­kar­tie­rung im Land­kreis Forch­heim: Schrei­ben des BBV an Mini­ster­prä­si­dent Dr. Mar­kus Söder

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Sehr geehr­ter Herr Mini­ster­prä­si­dent Dr. Mar­kus Söder,

der Land­kreis Forch­heim ist geprägt vom Obst­an­bau. Wir haben das größ­te Süß­kir­schen­an­bau­ge­biet in Euro­pa. Grund­sätz­lich spielt neben dem Kirsch­an­bau Stein- und Kern­obst eine gro­ße Rol­le. Die Ver­mark­tung und Ver­wer­tung erfolgt über drei gut funk­tio­nie­ren­de Obst­ge­nos­sen­schaf­ten. Die­se sind in Igens­dorf, Pretz­feld und Mit­te­leh­ren­bach ange­sie­delt und tre­ten gemein­sam in der Ver­mark­tung unter dem „Fran­ken­obst-Logo“ auf.

Das Land­schafts­bild wird geprägt durch eine gesun­de Mischung aus inten­siv und exten­siv genutz­ten Kul­tu­ren. Die Erhal­tung, Pfle­ge und Nut­zung die­ser Obst­an­la­gen erfolgt durch eine sehr gro­ße Anzahl von Voll- und Neben­er­werbs­land­wir­ten. Pro­du­ziert wird Tafel­obst, aber auch die Saf­ther­stel­lung ist von Bedeu­tung. Bei­na­he in jeder Ort­schaft befin­den sich zahl­rei­che Obst­bren­ne­rei­en. Weit über unse­ren Land­kreis hin­aus sind wir durch unse­re Obst­spe­zia­li­tä­ten bekannt. Eine beson­de­re Bot­schaf­te­rin unse­res Land­krei­ses ist unse­re Kirschkönigin.

Gepflegt und unter­hal­ten wird die­se Kul­tur­land­schaft in beson­de­rem Maße auch durch vie­le Neben­er­werbs­land­wir­te, die neben ihrer Arbeits­zeit auch im Obst­bau eine wirt­schaft­lich sinn­vol­le Ergän­zung ihrer Lebens­grund­la­ge sehen. Die Obst­be­trie­be arbei­ten seit vie­len Jahr­hun­der­ten, auch aus Lie­be zur ihrer Hei­mat in der Frän­ki­schen Schweiz, ger­ne in der Tra­di­ti­on ihrer Vorfahren.

Die durch den Obst­an­bau gepräg­te Kul­tur­land­schaft im Land­kreis hat sich über Jahr­hun­der­te erhal­ten, auch ohne gesetz­li­che Schutzanordnung.

Aktu­ell wur­de durch das Lan­des­amt für Umwelt im Jahr 2019 eine Bio­top­kar­tie­rung im Land­kreis Forch­heim mit der Unter­schutz­stel­lung von rund 3.600 Flä­chen im Inter­net veröffentlicht.

Für uns alle über­ra­schend hat die­se Kar­tie­rung ohne Ein­bin­dung und Benach­rich­ti­gung der betrof­fe­nen Grund­stücks­be­sit­zer bereits 2014 – 2016 stattgefunden.

Am Mi., 10.04.19 wur­de in einer gro­ßen Ver­an­stal­tung des Baye­ri­schen Bau­ern­ver­ban­des in Wein­garts mit rund 400 Obst­bau­ern und dem Lan­des­amt für Umwelt die aktu­el­le Situa­ti­on erör­tert. Unse­re Obst­bau­ern fühl­ten sich dort völ­lig über­rum­pelt, vie­le offen­sicht­li­che Män­gel wur­den mit gro­ßer Emo­ti­on von den Betrof­fe­nen vor­ge­tra­gen und kri­ti­siert. Kurz vor der Ver­an­stal­tung wur­de die Kar­tie­rung aus dem Netz genommen.

Vom Lan­des­amt für Umwelt, Herrn Regie­rungs­di­rek­tor Tausch und Herrn Stell­mach, wur­de eine Über­ar­bei­tung der Bio­top­kar­tie­rung nach Inkraft­tre­ten des neu­en Baye­ri­schen Natur­schutz­ge­setz bzw. des Ergän­zungs­ge­set­zes angekündigt.

Uns drängt sich dabei aber der Ver­dacht auf, dass unse­re Obst­bau­ern dem­nächst dann wie­der­um ohne Betei­li­gung vor voll­ende­te Tat­sa­chen gestellt wer­den. Auch Kar­tie­run­gen außer­halb von Obst­an­la­gen wur­den scharf kri­ti­siert und müs­sen eben­falls über­prüft werden.

Auf­grund der vie­len Dis­kus­si­ons­bei­trä­ge und Nach­fra­gen der Obst­bau­ern wur­de für den 18.04.19 eine wei­te­re Groß­ver­an­stal­tung im Land­kreis Forch­heim durch den BBV organisiert.

Sehr geehr­ter Herr Mini­ster­prä­si­dent, im Eigen­tums­pakt hat sich die Baye­ri­sche Staats­re­gie­rung dazu bekannt, dass das Eigen­tum ein höchst schüt­zens­wer­tes Gut dar­stellt und Frei­wil­lig­keit vor Ord­nungs­recht gel­ten soll. Dar­über hin­aus hat man ein Bekennt­nis zu einem ver­trau­ens­vol­len Umgang mit Grund­ei­gen­tü­mern und Land­wir­ten abgelegt.

Unter Punkt 10 heißt es, dass die Baye­ri­sche Staats­re­gie­rung gewähr­lei­stet, dass Grund­ei­gen­tü­mer bei natur­schutz­fach­li­chen Kar­tie­run­gen recht­zei­tig vor­her infor­miert wer­den. Die­se Kern­aus­sa­gen for­dern wir hier vehe­ment ein.

Wir for­dern deshalb:

  • dass die­se Bio­top­kar­tie­rung voll­um­fäng­lich zurück­ge­nom­men wird.
  • dass bei der vor­zu­neh­men­den Über­ar­bei­tung der Bio­top­kar­tie­rung die Grund­stücks­ei­gen­tü­mer immer mit ein­zu­be­zie­hen sind.
  • dass im Begleit­ge­setz zum Volks­be­geh­ren „Arten­schutz“ ein Son­der­sta­tus für die Obst­bau­re­gi­on „Frän­ki­sche Schweiz“ geschaf­fen wird.
  • dass bewirt­schaf­te­te und regel­mä­ßig gepfleg­te Obst­an­la­gen auch nach der Novel­lie­rung des Baye­ri­schen Natur­schutz­ge­set­zes in kei­ner Kar­tie­rung als gesetz­lich geschütz­te Bio­to­pe fest­ge­legt werden.

Gestat­ten Sie uns eine wei­te­re Anmer­kung: Im Arti­kel 23 Bay­NatG sol­len die Absät­ze 6 und 7 ergänzt werden.

Es ist geplant, ab 2.500 m² Obst­flä­che eine Unter­schutz­stel­lung als gesetz­lich geschütz­tes Bio­top vorzunehmen.

Zusätz­li­che Schwie­rig­kei­ten sehen wir auch in der Unter­schutz­stel­lung von Baumreihen.

Bei­de Rege­lun­gen müs­sen im Begleit­ge­setz kor­ri­giert werden.

Der Schlüs­sel zum Erhalt unse­rer Obst­flä­chen liegt nicht in der Bio­top­kar­tie­rung, son­dern in der wirt­schaft­lich sinn­vol­len Nut­zung und Pfle­ge der Obst­be­stän­de. Die­se gewähr­lei­stet in Ver­bin­dung mit frei­wil­li­gen Staat­li­chen Pro­gram­men wie Kulap und Ver­trags­na­tur­schutz das seit vie­len Jahr­hun­der­ten vor­han­de­ne Land­schafts­bild unse­res Land­krei­ses Forch­heim. Nach Aus­sa­ge vom Lan­des­amt für Umwelt gibt es in ganz Bay­ern kei­nen Land­kreis, der ähn­lich struk­tu­riert ist wie unser Obst­land­kreis Forch­heim. Wir bit­ten Sie, die­se durch frei­wil­li­ge Lei­stun­gen und wirt­schaft­li­che Tätig­kei­ten der Land­wir­te ent­stan­de­nen Struk­tu­ren nicht durch Ord­nungs­recht zu gefähr­den oder in Fra­ge zu stel­len. Wir befürch­ten, dass durch das aktu­el­le Vor­ge­hen eben gera­de ein Ent­fer­nen wert­vol­ler Streu­obst­wie­sen pro­vo­ziert wird, aus Furcht vor künf­ti­gen Einschränkungen.

Wir hof­fen auf Ihre beson­de­re Unter­stüt­zung und sichern Ihnen auf die­sen Weg die tat­kräf­ti­ge Mit­ar­beit unse­re Land­wir­te zu.

Einen Abdruck die­ses Schrei­bens erhält auch unser Umwelt­mi­ni­ster Thor­sten Glau­ber, sowie die Land­kreis­ab­ge­ord­ne­ten Herr MdL Micha­el Hof­mann und MdL Seba­sti­an Körber.

Mit freund­li­chen Grüßen
Her­mann Greif Kreis­ob­mann / Bezirkspräsident
Dr. Her­mann Ulm Land­rat Land­kreis Forchheim